Kinaesthetics ist eine Erfahrungswissenschaft, die sich mit der Stärkung der Bewegungskompetenz beschäftigt. Pflegemitarbeiter lernen ihre Bewegung in der Arbeit so einzusetzen, dass ihre Gesundheit nicht gefährdet wird. Den Patienten lernen sie, ihre eigenen Fähigkeiten zu entdecken und so ihre Selbstständigkeit weitgehend zu erhalten bzw. wieder zu erlangen. Ältere Menschen weisen oft eine Verarmung der Bewegungsmuster auf, die nicht altersbedingt, sondern auf (Ver-)Lernprozessen beruhen. Menschen schränken, z.B. im Alter ihre Tätigkeit ein, weil sie Angst davor haben zu stürzen. Durch den entspannten Umgang zwischen Pflegenden und Patienten verlieren sie diese Angst.
Kinaesthetics – was ist das?
Eine Pflegekraft „rollt“ ihre Patientin in eine neue Position. Mit wenigen Handgriffen gelingt es ihr, die Patientin im Bett nach oben zu positionieren. Fast wie durch Zauberhand. Das klingt auf den ersten Blick sehr einfach, allerdings braucht es dafür eine hohe Interaktionskompetenz von Seiten der Pflegeperson. Sie muss ihr Bewegungsangebot in jedem Moment auf den Patienten anpassen. Dies kann nur mit einer sehr hohen Achtsamkeit, sich selbst, als auch der unterstützenden Person gelingen.
Früher brauchte es dazu manchmal zwei Pflegekräfte und oft noch ein Hebetuch als Hilfsmittel. Das kostete Kraft, bescherte dem Pflegepersonal nicht selten Rückenbeschwerden und war auch für den Patienten wenig angenehm“, erklären die Pflegedirektoren der Gailtal-Klinik, Doris Kazianka-Diensthuber, und dem LKH Laas, Markus Grollitsch. „Es hat viel mit Selbsterfahrung zu tun“, betont eine Pflegekraft. „Erst wenn man es an sich selbst spürt, wird man für die Bewegung sensibilisiert und achtet so auch beim Patienten darauf.“
„Leuchttürme in Österreich“
Im LKH Laas und der Gailtal-Klinik wird seit 2006 nach dem Konzept der Kinaesthetics gearbeitet. 2014 wurde den beiden KABEG-Häusern eine Auszeichnung der European Kinaesthetics Association verliehen – als erste Spitäler in Österreich. Nun erfolgte die dritte Rezertifizierung. „Ihre Häuser sind Leuchttürme in Österreich – bisher hat das noch keine Rehaklinik und kein anderes Krankenhaus geschafft“, loben die Assessoren, die „hohe Lernbereitschaft“ und das sichtbare „Feuer für die Pflege“.
Nächste Schritte
Dass diese Lernbereitschaft tägliche Praxis ist, zeigt auch schon der Plan für die nächsten Jahre. So sollen im LKH Laas die Konzeptblickwinkel weiter vertieft werden. Zudem ist ein Ausbau des Lernangebots und Unterstützung für pflegende Angehörige geplant. In der Gailtal-Klinik steht unter anderem die Weiterentwicklung der Bewegungskompetenzen und die dazugehörige Pflegeplanung im Mittelpunkt.
Offizielle Überreichung im März 2022
Die offizielle Übergabe des Zertifikats an die Gailtal-Klinik und das LKH Laas ist für März 2022 geplant.