Vor drei Jahren begann der Krieg in der Ukraine, der Hunderttausende Menschen zur Flucht zwang. Hauptsächlich Frauen und Kinder suchten Zuflucht, einige fanden im Gailtal ein neues Zuhause, begannen hier ein neues Leben.

Soziales Engagement
Martina Ranner (50) aus Mauthen ist Psychologin beim Diakoniewerk und erinnert sich an ihre erste Zufalls-Begegnung mit ukrainischen Flüchtlingen: „Ich war auf der Zug-Heimfahrt von meiner Dienststelle und lernte dort eine aus der Ukraine geflüchtete Frau mit ihren zwei Kindern kennen. Die kleine Familie trat eine Flucht ohne Ziel ins Ungewisse an. Ich überlegte nicht lange und nahm die drei Flüchtlinge in meinem Zuhause auf, ohne vorher meine Familie informiert zu haben. Das Zusammenleben war für uns eine sensationelle Erfahrung, bestand aus gegenseitigem Geben und Nehmen. Doch Oksana und ihre beiden Kinder blieben nicht lange alleine im Gailtal, bald folgten weitere Vertriebene, die im Gailtal Zuflucht suchten. Mit Hilfe des Pfarrers Sergius Duru, dem Soroptimist-Club, dem Kiwanis-Club und der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung fand ein Großteil im leerstehenden Pfarrhaus eine Bleibe“. Die menschlichen Schicksale haben Martina Ranner sehr berührt. Die 50-jährige Mauthnerin ist Ansprechperson für alle Anliegen der Geflüchteten, organisiert Sprachkurse, hilft bei bürokratischen Hürden und ist Anlaufstelle für alle Ängste und Nöte. „Ich helfe, wo ich helfen kann, bedanke mich auch für die Hilfsbereitschaft der Einheimischen, aber ich wünsche mir für die Zukunft weniger Bürokratie und mehr Unterstützung durch die offiziellen Stellen“. Das private Hilfsprojekt wurde vom Land Kärnten mit dem Integrationspreis ausgezeichnet.

Nichts wie weg
Nadiia Prodan lebte als alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter Liuba und ihrem Sohn Miroslav im Großraum Odessa, unweit des großen Atomkraftwerkes Saporischschja. Als der Krieg ausbrach, Raketen und Bomben einschlugen, floh sie mit ihren Kindern in den Keller. „Wir wussten nicht, ob wir am nächsten Tag noch am Leben sind“, erzählt die 40-jährige Ukrainerin, welche ausgebildete Heizungs-Ingenieurin ist und zuletzt als Buchhalterin arbeitete. „Ich wusste, dass wir in unserer Heimat keine sichere Zukunft mehr haben, wir mussten flüchten. Vorerst fanden wir von März bis April 2022 Unterschlupf bei meinen Eltern in Moldawien. Danach stiegen wir ins Flugzeug, welches uns nach Wien brachte. Von dort verschlug es uns in das Erstaufnahmezentrum in Klagenfurt. Arbeit fand ich anfangs in der Villacher „Schnitzelwelt“, doch ohne Deutschkenntnisse war die Integration sehr schwierig. Im August 2022 zogen wir nach St. Daniel in das Selbstversorgerquartier von Peter Warmuth. Ingrid und Peter Lederer verdanke ich meine Deutschkenntnisse, die ich in ihrem Privatkurs erlernte“. Im Biohotel Daberer konnte Nadiia anfangs als Zimmermädchen Arbeit finden, inzwischen ist sie dort eine wertvolle Hilfe in der Hotelküche. Im September 2023 bezogen die drei Ukrainer mit ihrer Katze eine Wohnung in Kötschach. Die Kinder sind dank Deutsch-Kursen echte Sprachgenies. Sohn Miroslav (10) besucht in Kötschach die Volksschule und Tochter Liuba (15) absolviert die einjährige HLW in Hermagor, wo sie kürzlich für ihren Vortrag in deutscher Sprache besonders geehrt wurde. Ihr Berufswunsch wäre in der IT-Branche, wo sie derzeit auf der Suche nach einem Lehrplatz ist. An eine Rückkehr in die Ukraine denkt Nadiia nicht: „Obwohl wir alles verloren haben, fühlen wir uns in Kötschach wohl und geborgen und sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Menschen. Ich will meinen Kindern eine gute Lebensqualität und eine sichere Zukunft bieten und das finde ich hier in unserer neuen Heimat“.