Große Ausnahmesituationen:

Bezirkshauptmann Heinz Pansi: „Man braucht schon einen breiten Rücken“

Hermagor -

Fast jedes Jahr wurde der Bezirk Hermagor von einer Katastrophe gebeutelt: Jahrhundert-Hochwasser, Schneemengen und Lawinen oder gar abgeschnittene Täler wie das Lesachtal standen an der Tagesordnung. Die letzten Monate aber prägte die Corona-Pandemie. Hermagor mutierte von einer Vorzeigeregion hin zur Sperrzone. Bei allen Maßnahmen an vorderster Stelle: Behördenleiter Bezirkshauptmann Heinz Pansi. Ein nicht leichter Job, für sein Team und ihn.

Pansi: „Für uns als Behörde ist es wichtig zu sehen, dass man Entwicklungen weiter bringt und weiter gebracht hat.“

Gailtal Journal: Unser Bezirk wurde österreichweit bekannt – vom Vorzeigebezirk zum Schlusslicht. Mittlerweile gab uns die niedrige Inzidenz wieder einen österreichweiten Spitzenplatz. Ein Auf und Ab, auch für Sie?

Heinz Pansi: Ja, man braucht schon einen breiten Rücken. Am Anfang der Pandemie hatten wir niedrige Zahlen und eine gute Ausgangslage. Im Herbst 2020, der Phase wo die Ansteckungszahlen dramatisch nach oben gingen, hatte es dann den Anschein, als ob die Bezirkshauptmannschaft den Virus erfunden hätte. Alle Maßnahmen und Verordnungen in Bezug auf Corona sind nicht auf einen Bezirk beschränkt, sondern sind Vorgaben eines Ministeriums. Diese müssen von den Staatsorganen, wie der Bezirkshauptmannschaft, umgesetzt werden, um die Virusverbreitung in den Griff zu bekommen und um wieder rasch ein normales Leben zustande zu bringen. Ich verstehe aber auch die Bürgerinnen und Bürger. Wem gegenüber konnte man sonst seinen Unmut über die Situation äußern? Das Ministerium ist weit weg. Die Personen, die den Kontakt zur Bevölkerung haben, sind die in der örtlichen Bezirkshauptmannschaft.

Sie sprechen über den Unmut in Bezug auf Verordnungen und Gesetze …

Die Bundesregierung, die bei einer Pandemie die Gesundheit der Bevölkerung sicherstellen muss, ist zum Entschluss gekommen, dass wir als Bevölkerung mit Einschränkungen leben müssen. Diese Vorgaben der Regierung haben die Behörden umzusetzen. Hier gibt es keinen Spielraum. Die Pandemie ist schlussendlich eine Ausnahmesituation, die auch einen Lernprozess für die Regierung mit sich bringt. Ich bin überzeugt davon, dass man daraus für die Zukunft lernt. Vor allem dabei, wie man die Zielsetzungen präziser definieren kann. Unsere Entscheidung, wie etwa die Quarantänefrist von 10 auf 14 Tage zu verlängern, ist wahrlich keine populäre – hat aber einen Erfolg gezeigt. Diese Vier-Tages-Verlängerung ist dann auch österreichweit umgesetzt worden. Deshalb, weil man erkannt hat, dass die Ansteckung bei den Mutationen länger anhält.

Im Krisenfall das wohl Wichtigste: Enger Kontakt zu Land Kärnten, den Gemeinden und zu den Einsatzorganisationen

Wie fühlt man sich dann als Prellbock zwischen Bürger und Verordnungsdschungel?

In der Natur des Menschen werden Fehler immer namhaft gemacht und das sind im Regelfall zuerst die Behörden. Konstruktive Kritik nehmen wir gerne an, aber wenn unsere Mitarbeiter permanent für alles verantwortlich gemacht werden, wofür sie nichts können, dann zehrt es an der Einstellung und Energie der Kolleginnen und Kollegen.

Gehen wir weg von Corona und hin zu Ihren Kernaufgaben …

Das schöne und spannende bei unserer Arbeit ist die intensive Zusammenarbeit mit den Menschen. Der Job eines Bezirkshauptmannes ist die abwechslungsreichste Tätigkeit, die es in der Verwaltung gibt, denn alle Facetten des menschlichen Lebens spielen dort hinein. Man hat Entscheidungen zu fällen, die sich hoffentlich letztendlich als richtig erweisen. Für uns als Behörde ist es wichtig zu sehen, dass man Entwicklungen weiter bringt und weiter gebracht hat.

Was waren rückblickend Ihre prägendsten Erlebnisse?

Es gibt kaum einen anderen Bezirk in Österreich, wo es so viele Naturkatastrophen gegeben hat. Rückblickend gab es fast jedes Jahr eine Katastrophe in unserer Region. Innerhalb von Minuten müssen dann Entscheidungen getroffen werden, die über Leben und Tod entscheiden können. Jede kann richtig oder auch falsch sein. Denken wir zurück, als die Gail an mehreren Stellen über die Ufer trat, den Zivilschutzalarm, das Hochwasser und den Militäreinsatz …

Die Bezirkshauptmannschaft ist aber nicht nur im Krisenfall da, oder?

Nein, denn unser Aufgabenbereich ist sehr vielfältig und erstreckt sich über alle Bereiche des täglichen Lebens und Miteinanders. Als Behörde für Verkehr, Gewerbe, Volksgesundheit, Bauverfahren, Naturschutz, Forst und Jagd – um nur einige zu nennen – engagieren sich unsere über 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Ich denke hier aber auch an den Tierschutz und das Veterinärwesen, wo wir mit unserem Amtstierarzt eng mit den Landwirten zusammenarbeiten. Die Koordination zwischen den Gemeinden im Bezirk oder auch unser Engagement im Sozialhilfe- oder Schulgemeindeverband spielen auch eine Rolle. Wir liefern ein Behörden-Service bis hin zur Dokumentenausstellung wie für Pässe oder Personalausweise. Es geht hin bis zu Themen wie der Kinder- und Jugendwohlfahrt oder leider auch rund um Gewalt in der Familie und der Sicherheitspolizei.

Bedeutet dies, die Gemeinden arbeiten eng mit der BH zusammen?

Ja, in etlichen Bereichen. Im Schulgemeindeverband, wo wir den Kindern die möglichst beste Ausbildung gewährleisten wollen. Hier gilt es, dass die Schulstandorte optimal ausgestattet sind. Wir haben aber auch einen Gemeindeverband geschaffen, den es in ganz Österreich nirgends in dieser Form gibt. Über diesen werden viele Projekte abgewickelt. Ein „Energie Projekt“ wurde sogar österreichweit mit einer Mio. Euro ausgezeichnet. Die BH erledigt aber auch Bau- und Gewerbeverfahren in einem. Die Antragsteller wenden sich an uns. Das Ergebnis für die Beteiligten: Wir ermöglichen rasche Entscheidungen. Wichtig dabei ist aber auch die intensive Kommunikation mit der Wirtschaftskammer und vielen anderen Einrichtungen.

Ihr persönlicher Wunsch für den Verwaltungsbezirk?

… dass der Bezirk Hermagor weniger von Katastrophen und sonstigen Ausnahmesituationen heimgesucht wird. Und, dass wir es wieder schaffen, nach Zeiten der Corona-Distanz, den Kontakt zu den Bürgern – wie gewohnt – persönlicher herzustellen und zu intensivieren, um mit persönlichen, direkten Gesprächen auf Sorgen und Ängste der Bevölkerung optimalst reagieren zu können.