Gerechte Verteilung statt weiterer Belastung für Beschäftigte
ÖGB-Landesvorsitzender René Willegger betonte in seiner Begrüßungsrede mit Blick auf Diskussionen rund um das Budgetdefizit und die Teuerung: „Statt der Schlagworte solidarisch, gemeinsam, fair, Verteilungsgerechtigkeit oder Kaufkraft stärken sind mir in den vergangenen Tagen nur Worte wie Lohnzurückhaltung, Verzicht, Nulllohnrunden, Pensionsantrittsalter erhöhen, AMS-Gelder streichen oder Teilzeit-Hängematte untergekommen.“ Was er auch nicht sehe, seien „die berühmten breiten Schultern, die mehr tragen können und sollen.“ Er forderte daher eine „gerechte Verteilung statt denjenigen, die ohnehin schon einen Riesen-Rucksack mit sich tragen, jetzt auch noch eine Bauchtasche umzubinden. Die Vertretung der Beschäftigten wird jetzt mehr denn je gebraucht.“

Kaiser: Trotz schwieriger Lage mehr Optimismus und Zusammenhalt
Landeshauptmann Peter Kaiser nahm Bezug auf die gestern präsentierte Konjunkturumfrage der Arbeiterkammer Kärnten und des Joanneum Research, die seiner Ansicht nach eine exakte Bestandaufnahme ist. Er forderte – trotz schwieriger Lage – mehr Optimismus: „Wir haben in der Vergangenheit viele Krisensituationen gemeinsam bewältigt, mussten da und dort den Gürtel enger schnallen, aber nicht, um damit Gewinne zu erhöhen, sondern um Raum zu schaffen für Innovation, Weiterentwicklung sowie bessere und sichere Arbeitsplätze.“

Goach: Teuerung trifft Grundbedürfnisse am härtesten
„Mit einer Inflationsrate von vier Prozent liegt Österreich deutlich über dem Eurozonenschnitt von 2,2 Prozent. In den vergangenen vier Jahren sind die Konsumentenpreise durchschnittlich um 25 Prozent gestiegen, wobei vor allem Grundbedürfnisse wie Energie, Lebensmittel und Wohnen die Hauptpreistreiber sind“, betonte AK-Präsident Günther Goach. Besonders problematisch seien – neben den ungerecht verteilten Energiekosten – die Praktiken der Hersteller:innen, die bei gleichbleibenden Preisen heimlich Füllmengen verringern oder hochwertige Zutaten durch billigere Alternativen ersetzen. „Mangels gesetzlicher Regelungen und Kennzeichnungspflicht können sich Konsumentinnen und Konsumenten derzeit nur schwer orientieren“, kritisierte der AK-Präsident.
Auch bei den Wohnkosten gibt es erhebliche Probleme
Die Mieten sind zwischen 2020 und 2024 um 18 Prozent gestiegen, wobei freie Mieten sogar um über 21 Prozent zulegten. Goach forderte umfassende Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene: „Dazu gehören ein eigener Verbraucherpreisindex für Kärnten, ein Preismonitoring für Lebensmittel sowie die Novellierung des Preisgesetzes mit Einrichtung einer Anti-Teuerungskommission.“ Gefordert werden außerdem klare Kennzeichnungspflichten für „Shrinkflation“ und „Skimpflation“, strengere Regelungen zu Mogelpackungen und eine Reform des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes mit fairer Aufteilung der Netzkosten sowie die Einführung eines günstigen Tarifs für alle schutzbedürftigen Haushalte. Im Mietrecht soll ein einheitlicher Betriebskostenkatalog für alle Mietverhältnisse gelten.

Konjunktur und Fachkräftemangel
Ein gezieltes politisches Handeln – mehr leistbarer Wohnraum, bessere Kinderbetreuung und Bildungsförderung – ist notwendig, um den vom WIFO prognostizierten wirtschaftlichen Aufschwung auch sozial nachhaltig zu gestalten. Goach verwies auf ein zentrales Ergebnis der aktuellen AK-Konjunkturumfrage: „Der Fachkräftemangel ist weiterhin ein vorherrschendes Thema in den Betrieben, gleichzeitig steigen die Arbeitslosenzahlen. Kärnten hat einen enormen Strukturwandel vom Tourismus- zum Industrieland durchgemacht. Mittlerweile beläuft sich der Anteil der Bruttowertschöpfung im industriellen Umfeld inklusive industrienaher Dienstleistungen auf 59 Prozent, die des Tourismus auf weniger als zehn Prozent. Daher ist eine umfassende Qualifizierungsoffensive umzusetzen, um Arbeitsuchende fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu machen. Dabei darf die Eröffnung der Koralmbahn nicht außer Acht gelassen werden. Dieses Jahrhundertprojekt schafft neue Wirtschaftsräume und macht damit den Zugang zu einem größeren Fachkräftepool möglich, weil dank der schnelleren Verbindungen ein Wortortwechsel für den Job künftig nicht mehr notwendig sein wird. Um diesen optimal nutzen zu können, sind regionsübergreifende Arbeitsmarktprojekte sowie auf die neuen Branchen zugeschnittene Aus- und Weiterbildungsinitiativen zwingend notwendig.“
Angelobung und Budget
Im Rahmen der Vollversammlung wurde Ralph Sternjak als Nachfolger von Jutta Brandhuber in den Vorstand der Arbeiterkammer Kärnten gewählt und angelobt. Als Kammerrätin rückt Birgit Strasser nach. Weiters legte AK-Direktorin Susanne Kißlinger dem Plenum den Rechnungsvoranschlag für das Haushaltsjahr 2026 vor, welcher einstimmig beschlossen wurde.

Vollversammlung für Solidarität statt Sparpolitik: Gesundheit, Arbeit und Pension für alle sichern!
Vier Resolutionen und 19 Anträge wurden in der gestern, 5. November 2025, stattgefundenen Vollversammlung der Arbeiterkammer Kärnten beschlossen und an Land und Bund verabschiedet. Zentrale Themen sind die Verbesserung des Gesundheitssystems, die dringend notwendige Regulierung der weiterhin steigenden Lebenserhaltungskosten, die Vereinheitlichung der Strom-Netzgebühren sowie die Stärkung des Arbeitsmarktservices.
Lange Wartezeiten, weniger Leistungen – Patient:innen zahlen die Zeche
Drei Monate Wartezeit auf den Termin beim Facharzt. Frau K. kann nicht mehr. Die chronischen Rückenschmerzen werden schlimmer, doch der nächste freie Termin bei einem Kassenorthopäden liegt in weiter Ferne. „Geh doch privat”, rät ihr eine Bekannte. Für die alleinerziehende Mutter ist das jedoch keine Option. 150 Euro für eine Erstuntersuchung beim Wahlarzt sind schlicht nicht drinnen. Was Frau K. erlebt, ist kein Einzelfall. Statt der versprochenen Patient:innenmilliarde, brachte die Strukturreform der Sozialversicherungen nur Mehrkosten. Der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) mit 7,6 Millionen Versicherten fehlt rund eine Milliarde Euro. Wartezeiten explodieren, Leistungen stehen zur Diskussion oder werden gekürzt, die Verunsicherung wächst.
Goach: Gesundheit darf kein Luxus sein
Bereits 38 Prozent der Bevölkerung haben eine private Zusatzversicherung abgeschlossen, um sich Wahlarztbehandlungen leisten zu können. Die Botschaft dahinter ist bitter: Wer zahlen kann, kommt schneller dran. Wer sich das nicht leisten kann, wartet. Und hofft, dass sich die Beschwerden nicht verschlimmern. „Diese Entwicklung spaltet unser Gesundheitssystem. Die gesundheitlichen Konsequenzen treffen vor allem jene, die ohnehin weniger haben“, verweist AK-Präsident Günther Goach auf die Resolution „Sicherstellung sozialversicherungsrechtlicher Leistungen“ der FSG Kärnten. Dabei war das solidarische Gesundheitssystem einst ein Versprechen: Jede:r bekommt die beste verfügbare Behandlung, unabhängig vom Einkommen oder Wohnort. „Dieses Versprechen darf nicht zum leeren Wort verkommen. Es braucht eine ausreichende Finanzierung der ÖGK und den politischen Willen, öffentliche Gesundheitsversorgung wieder zu stärken. Nur so bleibt Gesundheit ein Grundrecht für alle. Der tragische Todesfall in Oberösterreich muss ein Weckruf sein, endlich gegen die Missstände im österreichischen Gesundheitswesen vorzugehen”, so Goach.
Stärkung des Arbeitsmarktservices
Die Arbeitslosigkeit steigt seit 2024 kontinuierlich an, quer durch alle Branchen. Die Rezession und zahlreiche Insolvenzen großer Firmen verschärfen die Lage weiter. Die Folgen sind dramatisch: 54 Prozent der Arbeitsuchenden kommen mit dem Einkommen während der Arbeitslosigkeit nicht aus, für weitere 38 Prozent reicht es gerade noch. Verschärfend wirken die aktuellen Zumutbarkeitsregeln, die Arbeitslose unter enormen Druck setzen, deutliche Abstriche bei Entgelt und Arbeitsbedingungen hinzunehmen.
FSG-Resolution verlangt Erhöhung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe
In der einstimmig beschlossenen Resolution der FSG Kärnten wird gefordert: „Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe müssen erhöht und jährlich valorisiert werden, Familienzuschläge gehören angehoben. Die ab 2026 geplanten Einschränkungen beim Zuverdienst durch geringfügige Beschäftigung müssen zurückgenommen werden. Zudem braucht es besseren Einkommens- und Berufsschutz sowie verstärkte Qualitätskriterien bei der Vermittlung, um Menschen vor schlechten Arbeitsverhältnissen zu schützen.“ Statt existenzbedrohender Leistungssperren sollen abgestufte Kürzungen treten. Qualifizierung muss als gleichrangiges Ziel neben der Vermittlung gesetzlich verankert werden – mit ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln für das AMS.
Pensionssystem in Gefahr
Rund 100.000 Personen in Österreich arbeiten über das Regelpensionsalter hinaus mit einem Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze. Doch nur ein Drittel schiebt dabei die Pension tatsächlich auf – zwei Drittel verdienen zur Alterspension dazu. Aktuelle politische Maßnahmen wie die Übernahme von Pensionsversicherungsbeiträgen bis zur doppelten Geringfügigkeitsgrenze (Kosten: knapp 80 Mio. Euro jährlich) oder steuerliche Begünstigungen für zuverdienende Pensionist:innen widersprechen der Grundidee des solidarischen Pensionssystems.
Goach: Ältere brauchen Arbeit statt Abschiebung in die Pension
Goach dazu: „Die Zukunft des Pensionssystems entscheidet sich am Arbeitsmarkt. Zentral ist die Schaffung alternsgerechter Arbeitsplätze, damit Menschen gesund bis zum Regelpensionsalter arbeiten können. Derzeit beschäftigt ein Viertel aller Betriebe niemanden über 60 Jahre. Ein Bonus-Malus-System sollte Unternehmen verpflichten, branchenübliche Älterenbeschäftigungsquoten zu erreichen und Arbeitsbedingungen für Ältere zu verbessern. Gleichzeitig muss eine Qualifizierungsoffensive arbeitslosen älteren Menschen den Weg zurück in Beschäftigung ebnen.“
Frauen stärken, Pensionen fair gestalten
Gefordert wird weiters, dass besonders Frauen durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärker am Arbeitsmarkt gehalten werden müssen; die Änderungen bei der Korridorpension sollen zurückgenommen und Arbeitnehmer:innen umfassend über die Vorteile eines Pensionsaufschubs informiert werden. Zudem müssen die angekündigten Reformen zu Invalidität, Berufsunfähigkeit und Schwerarbeit endlich umgesetzt werden.

Anträge und Resolutionen im Überblick
Folgende Resolutionen und Anträge wurden von der AK-Vollversammlung mehrheitlich bzw. einstimmig Richtung Bund und Land verabschiedet:
Günther Goach – Sozialdemokratische Gewerkschafter:innen in der AK
Resolution 1: Sicherstellung sozialrechtlicher Leistungen
Resolution 2: Das Leben muss wieder leistbar sein
Antrag 1: Kreditbearbeitungsgebühren refundieren
Antrag 2: Gute Schule statt teurer Nachhilfe
Antrag 3: Öffentliche Fördermittel müssen dem Bildungsauftrag dienen, nicht privaten Gewinninteressen
FA-FPÖ – Fraktion Freiheitlicher Arbeitnehmer in der Kammer für Arbeiter und Angestellte
Antrag 2: Therapie und Rehabilitation ohne Hürden – Vorsorgen statt ausfallen
Antrag 4: Schluss mit Preisabzocke bei Lebensmitteln und Drogerie-Artikeln
FCG-ÖAAB Kärntner Arbeitnehmer:innen
Resolution: Mehr Urlaub für begünstigt Behinderte
Antrag 1: Abschaffung des Stückelungsverbots durch die ÖBB
Antrag 2: Einheitliche Strom-Netzgebühren in Österreich
Antrag 3: Faire Bemessung des Sachbezuges bei Fahrzeugen
AUGE/UG – Alternative Unabhängige Gewerkschafter*innen Kärnten
Antrag 1: Einführung einer Wertschöpfungsabgabe („Maschinensteuer“) zur Anpassung des Sozialsystems an den technologischen Wandel
Antrag 3: Verbesserung der Begutachtungs- und Bewilligungspraxis der Pensionsversicherungsanstalt (PVA)
Antrag 5: Kalte Progression
ALG – Allgemeine Liste Gesundheitspersonal
Resolution 1: Schaffung eines Zukunftsfonds 60+









































