Alarmierende Unfallzahlen: Fast die Hälfte der Verkehrstoten in Kärnten über 65 Jahre!

Kärnten -

Fast die Hälfte der Verkehrstoten in Kärnten war im Vorjahr 65 Jahre oder älter. Bei den tödlich verunglückten Fußgängerinnen und Fußgängern lag der Anteil der Seniorinnen und Senioren sogar bei 80 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Analyse des VCÖ auf Basis der Daten der Statistik Austria.

Ein Drittel der tödlich verunglückten Senioren waren Pkw-Insassen.

Verkehrssystem wird auf die Probe gestellt

Die demographische Entwicklung zeigt eine klare Tendenz: In den kommenden 20 Jahren wird sich die Zahl der über 85-Jährigen in Kärnten auf 38.000 verdoppeln, die Generation 65 plus steigt um 44.000 auf insgesamt 183.000 Menschen an. „In der Verkehrsplanung wird auf ältere Menschen zu wenig Rücksicht genommen. Das spiegelt sich leider auch in der Unfallstatistik wider“, erklärt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Ältere Menschen seien besonders gefährdet, tödlich verletzt zu werden. Deshalb seien gezielte unfallvermeidende Maßnahmen von zentraler Bedeutung.

Tempo 30, Gehwege und Radwege

Während Seniorinnen und Senioren nur 15 Prozent der verletzten Verkehrsteilnehmer ausmachten, lag ihr Anteil an den Verkehrstoten bei 47 Prozent – also mehr als dreimal so hoch. Besonders gefährdet sind ältere Pkw-Insassen, gefolgt von zu Fuß Gehenden und E-Bike-Fahrenden. Auffällig: Bei herkömmlichen Fahrrädern gab es im Vorjahr keinen tödlichen Unfall unter älteren Menschen.„80 Prozent der tödlich verunglückten Fußgängerinnen und Fußgänger waren über 65 Jahre alt“, so Jaschinsky. Verkehrsberuhigung, Tempo 30-Zonen in Ortsgebieten, übersichtliche Straßenübergänge und ein dichtes Netz breiter Gehwege könnten die Sicherheit deutlich erhöhen. Für Radfahrende seien baulich getrennte Radwege besonders wirksam.

Bewegung hält älter werdende Menschen gesund

Die Bedeutung bewegungsaktiver Mobilität für die Gesundheit von Seniorinnen und Senioren betonte Sylvia Titze von der Universität Graz. Die Anzahl gesunder Lebensjahre in Österreich ist in den letzten Jahren gesunken – bei Männern von 66 Jahren (2014) auf 63 Jahre (2019), bei Frauen von 67 auf 65 Jahre. Zudem leiden über 60-Jährige zu 85 Prozent an zwei bis drei chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Arthrose oder chronischen Rückenschmerzen. Titze: „Regelmäßige Bewegung, etwa zu Fuß oder mit dem Fahrrad, stärkt die Fitness, erhält die Selbständigkeit und hält ältere Menschen im Kontakt mit Natur und Mitmenschen.“

Raumordnung als Schlüssel zur Mobilität

Brigitte Wotha von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Kiel wies auf die zentrale Rolle der Raumordnung hin: Starke Ortskerne statt Zersiedelung ermöglichen es älteren Menschen, viele Erledigungen zu Fuß oder mit dem Rad zu machen. „Mobilitätsplanung muss besonders die Bedürfnisse älterer Menschen und insbesondere älterer Frauen berücksichtigen, damit sie selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können“, so Wotha.

Autofahren im hohen Alter erhöht das Unfallrisiko

Mit zunehmendem Alter steigt beim Autolenken das Unfallrisiko deutlich. Über 85-jährige Pkw-Lenkende verursachten im Vorjahr 83 Prozent der Unfälle, an denen sie beteiligt waren; die 80- bis 84-Jährigen 77 Prozent, die 75- bis 79-Jährigen 67 Prozent. Zum Vergleich: 40- bis 59-Jährige waren nur an rund der Hälfte der Unfälle, an denen sie beteiligt waren, selbst Verursacher. Ein Blick nach Deutschland zeigt mögliche Lösungen: In Hannover tauschten Seniorinnen und Senioren ihren Führerschein für ein Jahresticket des öffentlichen Verkehrs. 92 Prozent der Teilnehmer waren über 70 Jahre alt. „Ein solches Modell könnte Österreich mit dem Klimaticket umsetzen – das würde Sicherheit erhöhen und den Straßenverkehr entlasten“, erläutert Jaschinsky.