Kahr machte eine Lehre zum Seilbahntechniker am Nassfeld und war Betriebsleiter von 2020 bis zu seinem tragischen Unfall. Sein Vater Joachim wohnt nach wie vor in der Gemeinde Kötschach-Mauthen, genauer gesagt in Laas und arbeitet bei der Firma Holzbautechnik. Schwester Nadine wohnt im Burgenland und hat engen Kontakt mit ihm. Mutter Barbara wohnt ebenfalls im Burgenland. Seine Freundin Daniela (28) kommt eigentlich aus Oberösterreich und blieb nach dem Ergotherapiestudium in Bad Gleichenberg in der Steiermark. Zuerst beruflich in einer Reha im Norden von Graz und dann ab September 2021 als Ergotherapeutin in der Rehab Klinik Tobelbad. Patrick war einer ihrer ersten Patienten und bald darauf hat es zwischen den beiden „gefunkt“. Nachdem sein vierter Halswirbel verletzt wurde ist er inkomplett gelähmt. In seinem Fall Arme, Hände, Oberkörper, Beine, Blase und Darm. Patricks Diagnose lautet inkompletter Querschnitt. Er spürt beispielsweise die linke Körperhälfte fast normal, dafür kann er den rechten Arm gar nicht wahrnehmen. Eine Heilung gibt es nicht.
Gailtal Journal: Aufgrund eines tragischen Unfalles sind Sie querschnittgelähmt, wie kommen Sie damit zurecht?
Patrick Kahr: Ich komme gut damit zurecht und kann auf viel Unterstützung durch meine Familie und Freundin Daniela zählen. Ich bin auf ständige Hilfe angewiesen, aber durch das gute Netzwerk, welches wir mittlerweile aufgebaut haben, funktioniert alles recht gut. Natürlich gibt es Tage, welche sehr schwierig sind und ich am liebsten alles „hinschmeißen“ würde, die sind aber relativ selten. Ich habe mich schnell mit meiner neuen Situation abgefunden und mache jetzt das Beste daraus.
Können Sie sich noch an Details bezüglich des Unfalls erinnern?
An den Unfallhergang selbst kann ich mich an fast nichts mehr erinnern. Ich weiß noch, dass ich in das Auto eingestiegen bin und kann mich erst wieder an das Aufwachen im Krankenhaus erinnern. In diesem Moment weiß man gar nicht was los ist. Man liegt im Krankenhausbett, hört Monitore piepen, kann sich absolut gar nicht bewegen. Man kann nicht einmal selbst atmen oder reden. Im Krankenhaus erhielten meine Familie und ich auch wenig Aufklärung, was wirklich los gewesen ist. Das erste Mal realisiert man erst auf der Reha und wird einem alles genau erklärt. Man lernt dort, mit seinem neuen Körper umzugehen und startet eigentlich in eine ganz neue bzw. andere Welt.
Wie ging es dann weiter?
Ich kam im Oktober 2021 auf Reha nach Tobelbad und Daniela starte im September 2021 als Ergotherapeutin dort. Das Schicksal wollte es, dass wir uns kennenlernen. Es ist eine intensive Therapeuten- und Patientenbeziehung notwendig, um die noch vorhandenen Funktionen intensiv zu beüben und zu verbessern. Dadurch haben wir uns schnell recht gut kennen gelernt. Ab April des nächsten Jahres waren wir dann fix zusammen. Ich bin dann nach der Reha nach Wernberg in das Schädel-Hirn Traumazentrum gezogen, weil ich anfangs viel Betreuung benötigte. Seit Dezember 2022 haben wir eine gemeinsame Eigentumswohnung in der Nähe von Graz und sind dort sehr glücklich.
In den sozialen Medien gibt es Einblicke in euren privaten Lebensraum?
Ja, das stimmt. Gestartet haben wir unsere Plattform, um das leider in der Bevölkerung noch immer vorherrschende TABU “Behinderung” etwas aus dem Weg zu schaffen. Der Account „newlifestart_with_ot“ (heißt übersetzt: Start in ein neues Leben mit Ergotherapeutin) ist entstanden, weil wir die Menschen auf unserer gemeinsamen Reise ein Stück mitnehmen möchten. Wir möchten Einblicke in unser gemeinsames Leben ermöglichen, zeigen Hilfsmittel und Techniken. Wir versuchen das vorherrschende Thema „Behinderung“ etwas aus dem Weg zu schaffen und erzählen über uns. Wir führen ein normales Leben, nur eben mit Rollstuhl und den täglichen Herausforderungen.
Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Unsere gemeinsamen Pläne unterscheiden sich absolut nicht von jenen, die ohne Behinderung leben. Im September 2024 steht unsere Hochzeit bevor und freuen uns schon sehr darauf. Auch möchten wir gerne ein Haus bauen oder kaufen und Kinder bekommen. Beruflich kann ich noch nicht viel machen, da manche Tage „geplagt“ sind von Spastiken und Nervenschmerzen. Zurzeit beschäftige ich mich intensiv mit 3D Druck und zeichne Hilfsmittel, welche ich dann anschließend mit meinem 3D Drucker ausdrucke. Was ich später einmal machen werde, kann ich heute leider noch nicht sagen, aber es wird in die Richtung computergestütztes Zeichnen gehen.
Wie oft kommen Sie noch ins Gailtal?
Leider viel zu wenig. Das Hauptproblem ist, dass es viel zu wenig barrierefreie Wohnungen im Bezirk Hermagor gibt. Mein Vater hat eine Wohnung im ersten Stock und das hoch- und runterbringen ist immer sehr herausfordernd. Wir sind hier auf fremde Hilfe angewiesen. Auch die Kälte machte mir zu schaffen, aufgrund der Querschnittlähmung vertrage ich dies nicht mehr, das Klima in Graz ist etwas milder.
Was ist Ihnen sonst noch wichtig?
Wir möchten uns für die zahlreichen Unterstützungen im Zuge meines Unfalles bei allen herzlich bedanken! Außerdem findet am 5. Mai 2024 der “Wings for Life World Run” statt, wo alle Einnahmen für Forschungen im Bereich Querschnittlähmung verwendet werden. Dort werden auch wir wieder mitlaufen, um dem Traum, wieder auf einer Seilbahnstütze zu stehen, irgendwann näher zu kommen.