Zuhause ist, wo die Geschichte beginnt

Ein Zuhause, das mit Kunst und Kultur beseelt ist

Nötsch -

In unserer Serie „Zuhause ist, wo die Geschichte beginnt“ hat diesmal Claudia Rosenwirth-Fendre Redakteurin Iris Zirknitzer einen Einblick in ihr Daheim gewährt.

Kaffeeduft, frisches Gebäck vom Bäck' ums Eck, Ziegenkäse, selbst gemachte Marmeladen, Tomaten und Beeren aus dem eigenen Garten, Topfen und und und. In ihrem neuen Zweit-Domizil in der Nötscher Schrebergartensiedlung verwöhnen Claudia und Franz schon am Morgen ihren Gaumen

Ankunft in Nötsch, Buwog Siedlung. Ich steige von meinem Auto um, in den schwarzen Mitsubishi OutlanderSUV von Franz Fendre, Claudias Gatten. Im Kofferraum verharrt sittsam-brav deren Sennenhündin Ronja. Mit der „Entführung“ 2017 wurde sie kurzfristig ungewollt zum Medienstar. Gemeinsam geht es Richtung Nötscher Bach zur Schrebergartensiedlung. Hier erwartet mich ein Lieblingsplatzerl von Claudia und Franz. Eine 400 Quadratmeter große Oase. Auf dem Grundstück steht eine schnuckelige Hütte aus Holz, möbliert mit Küche, geräumiger Sitzecke und vielen liebevollen Details. Wintertauglich ist sie dank Heizung obendrein. Eine apart gekleidete Claudia empfängt mich mit ihrer warmen, herzlichen Art. Der massive Gartentisch ist reichlich fürs Frühstück gedeckt – ein Potpourri erlesener kulinarischer Köstlichkeiten. Den Luxus, im Grünen zu speisen, gönnt sich das Paar so oft wie nur möglich. Der Ort ist für Claudia ein Kraftplatz: „Das Fließen des Wassers ist für mich eine Geschichte des Loslassen-Könnens, aber auch ein sich Abfinden mit Dingen, die man nicht ändern kann.“

Bildgewaltig. Im Wohnzimmer geben sich die Künstler Rudolf Traby, Jakob Hochenwarter, Anita Kirchbaumer und Michaela Christiane Wiegele ein Stelldichein

Kunst allgegenwärtig

Zurück im Dorf. In dem in heiterem Gelb gestrichenen Buwog-Gebäude in Nötsch Nummer 275, im zweiten Stock angekommen, öffnet Claudia die Tür. In die 82 Quadratmeter große Wohnung ist das Paar im Jahr 2000 eingezogen. Schon im Flur wird Claudias Affinität und Liebe zur Kunst offensichtlich. Ein Eck ziert eine auffällige Skulptur der Vorderberger Künstlerin Linda Schaller mit dem Titel „Wenn Gott eine Frau wär‘ “. Drunter hängt „Kerzenlicht“. Es stammt von der in Wien arbeitenden Malerin Michaela Christiane Wiegele, mit Elternhaus in Nötsch. „Mein kontemplatives Eck“, wie Claudia es nennt, „ist ein Plätzchen der Stille, des Nachdenkens, des Sekundengebets – wenn ich es jeden Morgen streife“, meint die 52-Jährige halblaut.

Turrinis persönliche Worte an die Gailtalerin. Diesen Schatz hütet die 52-Jährige wie ihren eigenen Augapfel

Aposteltisch ist Geselligkeitszentrum

Vom Vorzimmer, wo mein Blick auf Schuhe, Jacken, bunte Hüte und Schmuck-Ketten fällt, geht es direkt ins geräumige Wohnzimmer. Ich stelle fest: eine Couch gibt es nicht. Dafür thront hier ein großer Aposteltisch mit Eckbank und Sesseln, an dem locker bis zu zwölf Personen Platz finden. „Uns ist wichtig, dass jeder Gast einen Sitzplatz und ein Gedeck hat“, sagt Claudia und ergänzt: „Das Wohn-Esszimmer ist ein Ort des Rückzugs, der Regeneration, der Geselligkeit.“ Ein paar Weinkühler, die noch herumstehen sind das Corpus Delicti des Vorabends. Das Paar hatte Besuch von Freunden aus der Steiermark. Gastlichkeit hat hier höchsten Stellenwert. Franz (74) ist ein begnadeter Koch und steht noch immer gerne am Herd.
Kunst und Kunstobjekte sind auch im Wohn-Esszimmer allgegenwärtig. Mein Blick schweift vom Trauerflor-Foto von Claudias Mutter zu einer Prägetechnik von Rudolf Traby, weiter zu einer Holzskulptur von Jakob Hochenwarter, über eine großformatige Arbeit von Michaela Christiane Wiegele. „Ja“, unterbricht Claudia mein Staunen, „was wäre, wenn das Meer an den Tschekelnock heranreichte?“ Elisabeth Unterkoflers „Lebendige Wasser“, sowie ein Frauenporträt von Anita Kirchbaumer und das Triptychon „Frühlingsgedicht“ von Maria Sinzig hängen noch im Raum. Auf der gegenüberliegenden Wand entdecke ich ein Sennenhund-Porträt von Helga Druml. Auch ein Foto von Ronjas Vorgängerin „Weibi 1“ findet hier Platz. Dass hier eine Dichterin und bibliophile Dame wohnt, wird durch die unzähligen Bücher offenbar. Darunter befindet sich viel von und über Ingeborg Bachmann. Besonders stolz ist Claudia auch auf einen Brief von Peter Turrini, in welchem er sehr persönliche Worte an seinen „kollegialen Gailtaler Kindskopf“ richtet. Sofort zückt sie das wertvolle Papier und liest mir daraus eine Passage vor.

In der Speisekammer trifft man auf ein buntes Sammelsurium an Marmeladen, die Franz mit viel Liebe selbst hergestellt hat

Terrasse mit Wohlfühlfaktor

Weiter geht‘s auf die kleine aber feine Terrasse mit fünf Sitzplätzen, Kräuterecke, Margeritenbäumchen inklusive Ausblick über die Dächer der Nachbarschaft Richtung Oisternig. Danach spähe ich diskret ins Schlafzimmer auf eine große Mondskulptur von Linda Schaller. Abschließend folgt die Küche – bevorzugte Werkstatt von Franz Fendre. „Aufgeräumt wird später. Bei uns ist Kairos. Es wird der Augenblick gelebt.“ Worte einer Dankbaren und Geheilten. Fazit meines Rundgangs: Hochwertige Kunst trifft auf liebevollen Nippes. „Ich nutze jedes kleine Eck, um es zu gestalten“, fährt Claudia fort: „Auch bin ich ein bissl ein „emotionaler Messi“, „i häng‘ halt an Menschen, Geschichten und Dingen, die i geschenkt gekriegt hab.“ Mit einem Präsent in der Hand – farbenfrohen, heurigen, selbst gemachten Marmeladen von Franz – verlasse ich das Domizil der beiden und wünsche der Dichterin für ihre bevorstehende Einladung im Pen Klub Ljubljana viel Glück. Inspiriert von dem Besuch nehme ich mir noch auf der Heimfahrt vor, dass ich mich wieder öfters den schönen Künsten widmen möchte.