Wie so oft im Leben führt der Zufall Regie. Als Karin Schmid 1989 aus dem steirischen Mürzzuschlag nach Kärnten ins Gailtal aufbrach, hatte sie feste Pläne mit im Gepäck. Mit einer Koch/Kellner-Lehre ausgestattet, trat sie in Kötschach-Mauthen eine Saisonstelle in einem Gastronomiebetrieb an. Alsbald verliebte sie sich in einen Ortsansässigen, trat mit ihm vor den Altar und ließ sich in der Marktgemeinde nieder. Zwei Kinder gingen aus der Ehe hervor. Mit dem Nachwuchs ließ sich der Kellner-Job mit dem Zeitmanagement als Mutter nicht mehr vereinbaren. Als Schmid im Foyer der Gemeinde an der Anschlagtafel die Stellenausschreibung als Kassiererin für das Museum entdeckte, zögerte sie keine Sekunde. Sie schickte ihre Bewerbung ab und bekam prompt den Job. „Es war ursprünglich nur zur Überbrückung gedacht, bis die Kinder im Kindergartenalter sind. Jetzt bin ich noch immer da“, sagt sie und auf ihrem Gesicht breitet sich ein zufriedenes Lächeln aus.
Tausendsassa
Heute ist Schmid Geschäftsführerin vom Verein Dolomitenfreunde, der sich für die Gründung des Museums verantwortlich zeichnet. Als Kustodin managt sie den „Laden“. Schmid macht Führungen, organisiert, koordiniert, netzwerkt, recherchiert, macht Public Relations, ist für die Vereinszeitung zuständig und ist gleichermaßen Geschichtslehrerin und Auskunftsperson für wissbegierige Besucher. Nebenbei hat sie stets ein Auge auf die Außendependance: das Freilichtmuseum am Kleinen Pal. „Der Karnische Höhenweg – der ´Friedensweg` zwischen Plöckenpass und Pontebba – ist der einzige in Österreich, wo man heute noch Stellungsreste aus dem Ersten Weltkrieg sieht. Das ist historisch bedeutend“, betont Schmid. Hier oben im Basislager am Plöckenpass befindet sich auch der Nachbau einer historischen Materialseilbahn nach dem Muster von 1917. Sie muss jedes Jahr gewartet werden. Schmid, die bis zum Jahre 2004 als Seilbahnmaschinistin tätig war, ist heute Betriebsleiterin dieser. Mit der Seilbahn werden die freiwilligen Helfer im Freilichtmuseum, die im Höhenlager über den Sommer ihr Quartier beziehen, versorgt.
Hüterin über Schaumanns Erbe
Dass Schmid über ein enormes Wissen und eine große Expertise als Kustodin verfügt, verdankt sie nicht zuletzt Oberst Walther Schaumann. Er war Initiator der Aktion „Friedenswege“. Im Zuge des Projektes wurden das Museum im Rathaus sowie das Freilichtmuseum errichtet. Führungen sind der 53-Jährigen eine besondere Herzensangelegenheit. „Man kommt mit verschiedensten Menschentypen und Charakteren zusammen, das ist spannend“, erklärt sie und fährt fort: „Das Thema Krieg ist immer negativ besetzt. Deshalb beharre ich darauf, dass wir uns als Anti-Kriegsmuseum verstehen. Was damals passiert ist, ist real. Es ist Tatsache, es ist Geschichte. Mir ist es wichtig, dass ich vermittle, wie wichtig es ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um den Frieden zu erhalten. Es geht schneller als man denkt, dass plötzlich alles anders ist. Das möchte ich auch der Jugend weitergeben.“ Die schönsten Momente sind die, wo ich jemandem helfen kann. Die Kustodin spielte schon des Öfteren „Glücks-
engerl“ – u.a. für eine Tiroler Familie. Schmid konnte ausfindig machen, wo ein im Krieg gefallener Ahne begraben liegt. „Eineinhalb Monate später kam die ganze Familie zu mir. Auch die Oma war mit dabei und sagte: ´Schön dass wir jetzt wissen, wo der Papa liegt`“.
Fulltime-Job
Dass ihre Arbeit gleichsam ein 24 Stunden-Job ist, trägt die Kustodin mit Fassung: „Das hier ist mein Lebensinhalt.“ Selbst wenn das Museum mit Mitte Oktober für die Besucher seine Türen schließt, lässt die Geschichte die Wahlgailtalerin nicht los. Dann schaut sie sich Stellungen am Freilichtmuseum an, die man nicht revitalisieren kann oder begibt sich in andere Museen auf Besichtigungstour bzw. „Werksspionage“, wie sie ironisch sagt. „Man hat einen ganz anderen Blick auf Museen, wenn man selbst in einem arbeitet“, so Schmid. Treu geblieben ist die zugereiste Steirerin dem Ursprungsgedanken Schaumanns. Bei der Errichtung des Museums war sein Credo: Der Gast soll sich in aller Ruhe auf das konzentrieren, was er sieht – auf die Exponate. „Wir verzichten auf jegliche technische Raffinessen oder medialen Schnickschnack. Dass das Museum durchbeschallt wird, ist nicht Sinn der Sache“, verteidigt Schmid sein Erbe. Auf unsere Frage, welches Exponat sie besonders imponiert, sagt sie: „Da gibt es ein Bild von einem Soldaten. Egal von wo aus man das Foto anschaut, sein Blick verfolgt den Betrachter.“ Ohne freiwillige Helfer könnte das Lebenswerk Schaumanns nicht weiter existieren. Der Verein lebt vom Ehrenamt. Schmids Wunsch: „Ich würde mich freuen, wenn wir junge Leute ansprechen könnten, die Interesse an Geschichte haben und sich ehrenamtlich einbinden möchten.“ Ab und zu zieht es Schmid in ihre Heimat Steiermark. Dann besucht sie Familie und Freunde. „Ich habe mir im Gailtal eine Existenz aufgebaut und geschaffen. Es ist eine wahnsinnig schöne Umgebung. Da ist meine zweite Heimat. Aber in meinem Herzen bin ich nach wie vor Steirerin.“