In seinen vier Wänden gibt die Musik den Ton an

St. Daniel -

Hubert Waldner ist Vollblutmusiker. Der 67-Jährige gewährte Redakteurin Iris Zirknitzer einen ganz privaten Einblick in sein Zuhause in St. Daniel.

Huberts Vorliebe für das Instrument Flöte wird im Stiegenhaus durch die eindrucksvolle Sammlung diverser Holzblasinstrumente offenkundig

Dem Smartphone-Navigationssystem sei Dank. Es hat mich verlässlich nach St. Daniel zu Huberts neu hergerichtetem Elternhaus geleitet. Man muss wissen: Ich bin leider nicht mit einem guten Orientierungssinn ausgestattet. Hier also wohnt Hubert Waldner. Einmal kurz an der Türglocke geklingelt, vernehme ich seine Schritte. Er eilt herbei und öffnet mir die Türe. Wir nehmen in der modern eingerichteten, lichtdurchfluteten Küche mit Sparherd und cremefarbenen, groß dimensionierten Bodenfliesen Platz. Die massiven, eleganten Möbel in Eiche tragen die Handschrift einer heimischen Tischlerei. Von hier führt eine Terrasse – diese ist ein Zubau – in das reizvolle Gartenareal. In das Haus mit einer Wohnfläche von rund 150 Quadratmetern ist Hubert mit seiner Frau Delia und Töchterchen Mayleen 2018 eingezogen. 1965 erbaut, war es viele Jahre das Zuhause der Familie und zuletzt von Mutter Aloisia Kanzian und Stiefvater Thomas Kanzian.

Mit einer Tasse Kaffee startet Hubert in den Morgen. Und kochen kann der Vater der fünfjährigen Mayleen und zweier erwachsener Kinder auch

Klavier trifft auf Grammophon

Von der Küche geht es durch einen offenen Durchgang ins Wohnzimmer mit gemütlicher Couch und schwedischem Holzofen. Auch in diesem Raum dominieren Möbel aus Holz. In der Mitte des Zimmers thront am Parkettboden das Werk von Tochter Mayleen (5) und Vater Hubert: Eine Eisenbahnlandschaft aus Holzklötzen. Nicht zu übersehen ist der riesige Katzen-Kratzbaum. Auf diesem räkelt sich Findus. Der knapp zweijährige Kater mit rot-weißem seidigem Fell ist ein Adoptivkind, lässt mich Hubert wissen. Daneben steht ein E-Piano, schwarz wie Ebenholz. Ein besonders prunkvolles Stück erspähe ich auf der Kommode im östlichen Eck. Das Grammophon mit dem prächtigen messingfarbenen Trichter hat Waldner auf dem Naschmarkt in Wien entdeckt. Auf dieser Etage befinden sich noch die Toilette und das Bad mit Fliesen in creme/nussfarbenen Tönen.

Flöten-Allerlei

Nächste Station: Der weiß getünchte Flur ist gleichsam eine Hommage an jenes Instrument, das Hubert schon als Kind fasziniert, musikalisch inspiriert und geprägt hat: die Flöte. Zirka 100 Exemplare in diversen Formen, Farben und Ausführungen hängen an der Wand. „Ich habe sie alle auf Flohmärkten ergattert“, erinnert sich Hubert. Flink ergreift er ein Stück und spielt mir eine fröhliche und eine melancholische Weise vor. Fasziniert stehe ich da und wundere mich, welche Töne der pensionierte Musikprofessor diesem simplen Instrument entlockt. Im Kellergeschoss angekommen begibt sich Hubert sogleich an ein altes Harmonium und gibt mir eine musikalische Kostprobe. Das Stück erinnert mich ein wenig an einen Choral. Ich bin hingerissen. Der Proberaum ist ein Ballungszentrum an Instrumenten: ein Schlagzeug, mehrere Gitarren, eine Fußtrommel, eine Mundharmonika, ein Mischpult plus digitalem Aufnahmegerät sowie ein historisches Mikrofon, das silberfarben glänzt. „Das ist mindestens 60 Jahre alt, hat aber eine unglaublich gute Qualität. Solche gibt es heute gar nicht mehr“, bedauert er. Und plötzlich legt das Musiktalent los: Er wechselt wie ein Wiesel vom Schlagzeug zur Gitarre, von der Mundharmonika zur Flöte. Das Ganze wird umrahmt von einer Lichtershow.
An der Wand prangt ein großformatiges Bild. Es zeigt Hubert mit zwei Saxophonen und in typischen 80er Jahre Klamotten. Entstanden ist es 1986, als der Obergailtaler mit seiner Gruppe Hypersax beim Wiener Stadtfest Premiere feierte. Auf der gegenüberliegenden Seite entdecke ich ein Foto von Mick Jagger in einer seiner typischen Posen. Es ist ein Mitbringsel vom Flohmarkt. Ein Schwarz-Weiß Foto zeigt eine hübsche dunkelhaarige Frau. Es ist Huberts Mama Aloisia. „Ich bin ihr sehr dankbar. Sie hat uns Kindern immer alle Freiheiten gelassen“, betont er.

Die Musik bekommt ihren Feinschliff

Wir steigen die Treppen empor zum Obergeschoß. Fünf schöne Gitarrenexemplare zieren die Wände. Vom Balkon im ersten Stock blicke ich Richtung St. Daniel Südost. Kater Findus, der uns auf Schritt und Tritt begleitet, rollt sich im Schlafzimmer auf dem großen Doppelbett ein und macht ein kurzes Nickerchen. Nebenan befindet sich das Kinderzimmer von Töchterchen Mayleen, die sanitären Anlagen sowie ein Zusatzzimmer und Huberts Büro. Hubert nimmt in dem hell möblierten Raum mit Wandschrank und Schreibtisch vor seinem Computer Platz. „Hier editiere ich meine Musik, schneide und bearbeite meine Stücke“, sagt er und ich bekomme Hörproben aus seinem reichhaltigen Filmmusik-Repertoire – eine musikalische Reise durch die Länder und Kontinente dieser Welt. Auch ORF Redakteurin Gundi Berget-Petschnig verwendet gelegentlich gerne Huberts Musik für ihre ORF–Dokumentationen.
Der Musiker zückt eine Okarina, die er für zwölf Euro am Markt in Lienz von einer ungarischen Verkäuferin erstanden hat. Das Stück, das er mir auf diesem ungewöhnlichen Instrument vorspielt ist verträumt und mystisch. Zurück im Erdgeschoß lässt es sich Hubert nicht nehmen, mich mit einem weiteren Instrument bekannt zu machen. Er holt einen fünf-saitigen Dulcimer aus Südtirol hervor. Ich stelle fest: das Saiteninstrument, das der folkloristischen Musikrichtung zugesprochen werden kann, klingt wie eine Mischung aus Zither und Ukulele. Nach meinem Rundgang bin ich musikalisch neu beflügelt. Ich trete in meinem „Uralt“-VW Golf die kurvenreiche Heimfahrt vom oberen Gailtal abwärts an und sinniere darüber nach, warum ich meine beiden Gitarren daheim verstauben lasse. Ab sofort werden wieder öfters die Saiten gezupft, sage ich zu mir selbst. Und Musik, mit so viel Leidenschaft gelebt und vorgetragen, kann auch ganz schön ansteckend sein. Besonders in Zeiten von „Corona“!

Hier rockt der Chef. Im Proberaum im Keller kann Hubert seine Passion für Musik voll entfalten