Wo Vergangenheit lebendig bleibt
Unter dem Titel „Noch atmet’s das Tal – šeǝ diha dǝlina“ fand am Vorabend des Landesfeiertages, der an die Volksabstimmung erinnert, bei der sich vor 105 Jahren beide Volksgruppen zur historischen Einheit Kärntens bekannt haben, ein besonderer Abend der kulturellen Begegnung und des Austauschs statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Förderungsverein GailtalMuseum im Rahmen der Reihe zur Wahrnehmung von Minderheitensprachen im öffentlichen Raum.

Geschichten in zwei Sprachen
Nach der feierlichen Eröffnung des bis auf den letzten Platz gefüllten Raumes begann die Lesung, gestaltet von Volker Pawliska, Gertraud Kleewein und Gerlinde Kreiger. In ihren Gedichten erzählten sie von Häusern und Dörfern, vom Gailtaler Kirchtag mit dem Kranzlreiten und von der bewegten Geschichte des Kalvarienberges. Es waren Erzählungen voller Leben und Heiterkeit – zuerst von Volker Pawiliska in deutscher Sprache, anschließend im windischen Dialekt von Getraud Kleewein und Gerlinde Kreiger vorgetragen. Musikalisch Umrandet wurde die Lesung vom Quintett Karnitzen mit windischem Gesang.

Ein Filmprojekt bewahrt das sprachliche Erbe des Gailtals
Im Unteren Gailtal entsteht derzeit ein außergewöhnliches Filmprojekt, das tief in die sprachliche und kulturelle Seele der Region eintaucht. Unter der Leitung der Slawistin und Ethnologin Dr. Herta Maurer-Lausegger dokumentiert das Filmprojekt „Šeǝ diha dǝlina – Noch atmet das Tal“ den vom Aussterben bedrohten slowenischen Subdialekt der sogenannten „Panagorci“, die auf der sonnigen Seite der Gemeinde St. Stefan im Gailtal beheimatet sind. Dieser autochthone Dialekt, von den Einheimischen oft als „windisch“ bezeichnet, ist bisher wissenschaftlich unerforscht und steht kurz vor dem Verschwinden. Jahrzehntelanger Sprachwandel, Assimilationsdruck und historische Umstände führten dazu, dass heute nur noch wenige ältere Menschen diese Mundart aktiv sprechen. In Zusammenarbeit mit der ARTIS Filmproduktions-GmbH Klagenfurt wurden am 9. Oktober 2025 im Gailtal-Museum Möderndorf die ersten Szenen gedreht. Dabei wurden zweisprachige Texte aus Werken von Volker Pawliska vorgetragen, die von Hermann Fritz (1948–2024) in den Dialekt der „Panagorci“ übersetzt und von Gerlinde Kreiger vollendet wurden. Neben ihr lasen auch Gertraud Kleewein und Volker Pawliska aus den Mundarttexten.

Bewahrung eines verschwindenden Schatzes
Das Filmprojekt ist Teil des langjährigen Forschungsprogramms „Audiovisuelle Dialektologie: Dokumentation alter Volkskultur“ und soll die sprachlichen, kulturellen und emotionalen Spuren dieser Region für kommende Generationen festhalten. In St. Stefan im Gailtal hat sich eine kleine Gruppe älterer Einheimischer zusammengefunden, die ihre Sprache aktiv pflegt und im Rahmen kleiner Lesungen und Treffen versucht, das „Windische“ lebendig zu halten. Neben Aufnahmen der Lesung im Schloss Möderndorf werden für den Film auch alte Bauernregeln, Kinderreime, Gebete und Erinnerungen dokumentiert. Die Nachdrehs – darunter Tonaufnahmen in St. Stefan und Drohnenaufnahmen über die Untergailtaler Landschaft – sind für Herbst 2025 geplant, die vollständige Fertigstellung des Films ist für 2027 vorgesehen. Vorrang hat derzeit das parallel entstehende Filmprojekt „Die Untergailtaler Tracht – Ziljska noša“, das bis Mai 2026 abgeschlossen werden soll.














































