Gailtal Journal: Im Alter von 33 Jahren sind Sie zum Bürgermeister gewählt worden. Wie haben Sie Ihre ersten Jahre im Amt erlebt?
Walter Hartlieb: Ich habe mich 1997 entschieden zu kandidieren, war somit ein politischer Quereinsteiger, der sodann zum Bürgermeister gewählt wurde. Einerseits war damit für mich sehr viel Neuland verbunden, da es viele neue und vielfältige Themenbereiche für mich gab. Ich hatte aber vollste Unterstützung der Mitarbeiter der Gemeinde und habe mich relativ rasch eingearbeitet. Andererseits war es aber auch ein Vorteil, da ich unbelastet an die Sache herangehen konnte und damit einem neuen politischen Stil auf Basis einer sachlichen Diskussion und ehrlichen Zusammenarbeit zum Durchbruch verhelfen konnte.
Ihre Reaktion auf das Wahlergebnis damals?
Man hat als Quereinsteiger und Kandidat doch ein mulmiges Gefühl im Bauch. Dass ich Bürgermeister geworden bin, war für mich in der ersten Phase eine Überraschung. Damit habe ich ursprünglich gar nicht gerechnet. Plötzlich war ich in der Kommunalpolitik an vorderster Stelle. Zu diesem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, was auf mich zukommt. Das kann man erst hinterher beurteilen. Es ist im Prinzip ein 24 Stunden Job und es hat sich meine persönliche Lebenssituation wesentlich verändert. Neben den vielen Themen, die in einer Gemeinde gegeben sind, nimmt man diese sowie auch die Sorgen und Probleme, die einen die Bürger anvertrauen, gedanklich mit nach Hause.
Was waren die größten Herausforderungen in Ihrer Position als Gemeindeoberhaupt?
In dieser verantwortungsvollen politischen Funktion ist man ständig mit Herausforderungen konfrontiert, den Anliegen der Bürger, von der Vorbereitung und Umsetzung großer und kleiner Projekte, von den allgemeinen gesellschaftlichen Änderungen, den verschiedenen Katastropheneinsätzen, um nur einige zu nennen.
Was hat Sie all die Jahre bestärkt, für die Gemeinde, für die Bürger, politisch etwas bewegen zu können und gestalten zu dürfen?
Wenn man über Gemeindearbeit nachdenkt, dann steckt das Wesen von Gemeindearbeit schon im Wort: Gemeinde und Arbeit. Es geht meiner Meinung nach um zwei Dinge: nämlich die Bereitschaft zu haben, sich für die Gemeinde einzusetzen und für die Bürger konsequent und fest zu arbeiten. Das habe ich versucht zu tun.
Worauf sind Sie rückblickend besonders stolz?
Darauf, dass ich damals als junger, politischer Quereinsteiger das Vertrauen erhalten habe und zum Bürgermeister gewählt wurde, sowie in weiterer Folge dreimal in diesem Amt mit breiter Zustimmung bestätigt wurde. Dies war auch die Bestätigung der Bürger für meine politische Arbeit. Für mich stand und stehen an erster Stelle die Menschen und nicht Parteipolitik. Deshalb hat es mich auch mit Freude erfüllt, dass mich nach dem Rücktritt so viele Leute kontaktiert und sich bei mir bedankt haben. Oft waren es Kleinigkeiten, die ich für die Bürger irgendwann einmal in die Wege geleitet habe und umsetzen konnte. An einige konnte ich mich gar nicht mehr erinnern. Ich habe unzählige Briefe, E-Mails oder SMS mit Dankesworten erhalten.
Was waren die schwersten Entscheidungen, die Sie in Ihrer Amtszeit treffen mussten und gab es welche, die Sie – rückblickend – anders gemacht hätten?
In dieser verantwortungsvollen Funktion muss man ständig Entscheidungen treffen. Ich habe es mir dabei nicht leicht gemacht, sondern jede gut durchdacht und überlegt. Bei einigen Entscheidungen weiß man natürlich erst im Nachhinein oder nach einigen Jahren, ob sie richtig waren oder nicht. Die Entscheidung, als Bürgermeister zurückzutreten gehört sicher auch dazu und war zugegebenerweise auch mit sehr viel Emotionen und Gefühlen verbunden.
Welche Momente, Situationen und Erlebnisse sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Wir hatten sehr viele tolle Projekte, teilweise Generationsprojekte, die wir gemeinsam in diesen Jahren umsetzen konnten und die heute schon selbstverständlich sind, wie beispielsweise die Ortskerngestaltungen in allen Ortschaften, die Fertigstellung des neuen Festsaales und die energetische Sanierung des Rathauses, der Ausbau des Hallen-Freibades zur Aquarena oder die Errichtung der FF-Rüst- und Gemeinschaftshäuser. Die Erfolge im Rahmen des Projektes „Mustergemeinde der erneuerbaren Energien“ mit zahlreichen Auszeichnungen und Einladungen Referate auf nationaler und internationaler Bühne waren besondere Momente. Besonders gerne erinnere ich mich auch an das Fest 50 Jahre Kötschach-Mauthen als Fest der Gemeinde. Weil wir uns als großartige Gemeinde präsentiert haben, alle Generationen mitgefeiert haben und damit gemeinsam zum Ausdruck gebracht haben, dass wir stolz auf unsere schöne, lebens- und liebenswerte Heimat sind. Die Schneekatastrophen 2008 und 2014 sowie die Sturmtiefs der letzten Jahre, weil hier enormer Einsatz gemeinsam mit den Einsatzorganisationen erforderlich war, unsere Bevölkerung und deren Hab und Gut soweit als möglich zu schützen. Und viele Eröffnungen nach den Umsetzungen von erfolgreichen Vorhaben und Projekten. Auch der positive Abschluss der Wiederbelebung des ehemaligen Modine-Areals als ersten Schritt für die gewerbliche Entwicklung in unserer Region. Und vor allem, wenn ich Bürgern bei ihren Anliegen, Problemen und Sorgen helfen konnte. Dies war besonders wichtig für mich.
Was haben Sie aus Ihrer politischen Laufbahn für sich persönlich mitgenommen – welche Erfahrungen und Weisheiten daraus gewonnen?
Ich habe für mich mitgenommen, dass das wichtigste in der Gemeindepolitik eine sachliche Diskussion und ehrliche Zusammenarbeit ist. Dass die Anliegen der Bürger – ob große oder kleine – wichtig sind, dass man diese ernst nehmen und ehrlich sein muss.
Wird Politik weiterhin eine Rolle für Sie spielen?
Nach fast einem Vierteljahrhundert als Bürgermeister ist es natürlich klar, dass ich mich weiter für die regionale und kommunale Politik interessieren werde. Es besteht aber keine Absicht, zukünftig ein anderes politisches Amt zu bekleiden.
Als Vorstandsdirektor der Raiffeisenbank Kötschach-Mauthen sind Sie nach wie vor beruflich sehr eingespannt. Mit dem Rücktritt aus der Politik steht Ihnen nun doch etwas mehr Zeit zur Verfügung. Wie wollen Sie diese nützen?
Mein Beruf als Vorstand der Bank ist eine sehr arbeitsintensive und verantwortungsvolle Aufgabe, die einen entsprechenden Einsatz erfordert. Natürlich habe ich zukünftig etwas mehr Freizeit zur Verfügung, die ich in erster Linie mit jenen Menschen verbringen möchte, die in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen sind.