Gailtal Journal: Sie beraten sehr viele in- und ausländische Unternehmen?
Hans Lercher: Ich bin Experte für Innovationsmanagement. Unter Innovation verstehen wir die systematische Erneuerung von Firmen sowie deren Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und so weiter. Ziel ist es damit Firmen nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu ermöglichen. Mit dem Thema kam ich schon während meiner Doktorarbeit in Verbindung. Seit nunmehr zwanzig Jahren mache ich das schon und arbeite nun fast nur mehr direkt mit den Top-Führungskräften zusammen. Es werden neue Strategien, Geschäftsmodelle und Strukturen erarbeitet und das ist ein sehr spannender sowie abwechslungsreicher Job. Ich komme viel herum und arbeite mit vielen Firmen in Mitteleuropa.
Außerdem unterrichten Sie an der Fachhochschule Campus02 in Graz?
Ich kam während meiner Tätigkeit als Assistent an der TU Graz mit dem Thema Hochschullehre in „Berührung“. Seit 2005 bin ich auch Studiengangsleiter und Professor am berufsbegleitenden Studiengang für Innovationsmanagement in Graz. Ich habe den Studiengang gegründet und aufgebaut. Mittlerweile habe ich dort 15 Mitarbeiter, 80 nebenberufliche Lektoren und zweihundert Studierende.
Welche Firmen beraten Sie konkret und auf welche Ergebnisse können Sie zurückblicken?
Typischerweise Firmen in der Größenordnung von einhundert bis 5000 Mitarbeiter, quer durch alle Branchen von Medizintechnik, Lebensmittelherstellung, Automobilzulieferung, Software, Automatisierungstechnik bis hin zur Baustoffindustrie. In den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit waren meine Projekte sehr technisch und ich war bei vielen später weltweit erfolgreichen Innovationen von Anfang an dabei. Mittlerweile arbeite ich mehr im strategischen Bereich und dank dem Hochschulhintergrund bin ich auch in der Führungskräfteentwicklung aktiv.
Es gibt auch einige Publikationen von Ihnen und Sie sind gern gesehener Gast bei Vorträgen?
Ich halte sehr viele Vorträge sowie „Keynotes“ und als Hochschulprofessor schreibt man natürlich auch Bücher und Artikel. Meine bekannteste Veröffentlichung dreht sich um das von mir entwickelte Grazer Innovationsmodell BIG Picture, welches weltweit erfolgreich ist und sogar an amerikanischen Top-Unis unterrichtet wird. Es beschreibt wie Firmen das Innovationsmanagement aufsetzen und organisieren können. Im Internet findet man ein kleines Praktikerbuch dazu gratis und kann man es gerne herunterladen (t1p.de/eiwa).
Wohin entwickeln wir uns, unsere Gesellschaft und wie schaut die Arbeitswelt von Morgen aus?
Das können Leute wie Hr. Horx (Anmerkung: Trend- und Zukunftsforscher) wahrscheinlich besser beantworten. Ich betrachte die Zukunft immer sehr branchenspezifisch für meine jeweiligen Kunden. Gefragt sind zunehmend „sinnstiftende“ Arbeiten mit hoher Ausgeglichenheit zwischen Arbeit und Freizeit. Wir müssen nur aufpassen, dass wir im globalen Wettbewerb nicht noch weiter zurückfallen. Ich habe oft den Eindruck bei uns lebt mancher in einer gemütlich eingerichteten „Blase“, bei welcher der Wohlstand aus dem Bankomaten kommt. Ein sehr erfolgreicher steirischer Industrieller hat einmal gemeint, dass wir im Westen aufpassen müssen, bei all der „Work-Life-Balance“ zukünftig auch noch „work“ zu haben!
Was bedeutet für Sie Unternehmertum?
Es ist der Schlüssel zu Wohlstand und Fortschritt und ist mir ein ganz wichtiges Anliegen. Daher fördern wir „Start-up“-Unternehmen auch ganz stark in unserem Studiengang. Unternehmertum ist eine Lebenseinstellung: statt zu jammern und andere machen zu lassen, muss man Chancen erkennen und versuchen diese zu nutzen. Dazu gehört Mut, Ausdauer und oft auch Glück. Leider ist für manche Leute Unternehmertum dasselbe wie globaler Turbokapitalismus. Für mich ist aber das Ideal des „ehrbaren Kaufmanns“ etwas, das ich selbst hochhalte und das wieder viel mehr geschätzt werden sollte.
Wie oft kommen Sie noch in Ihre Heimat ins obere Gailtal?
Derzeit wieder öfter, aber die letzten Jahre meistens nur alle zwei Monate. Aber im Sommer war ich immer zwei bis drei Wochen mit meiner Familie in Mauthen, um meine Mutter Christl zu besuchen. Dort lebt auch mein Bruder Michael, welcher im Management einer großen Fassadenbaufirma in Klagenfurt tätig ist. Zusammen mit ihm habe ich auch eine Hütte auf der Mauthner Alm gebaut, die ich zukünftig wieder mehr nützen möchte.
Verraten Sie uns zum Abschluss auch noch etwas Privates?
Meine Familie lebt in Fernitz bei Graz, das liegt etwas südlich im Grazer „Speckgürtel“. Mich interessieren unglaublich viele Dinge, da ich sehr neugierig bin, ich betreibe gerne Sport und bin gerne in der Natur. Ich denke, ich bin auch handwerklich ganz begabt und nehme das gerne als Ausgleich zu meiner Berater- und Hochschultätigkeit. Eines meiner Hobbies ist das Restaurieren von Möbel und Oldtimern. Während des Studiums war ich viele Jahre über während der Ferien beim Bundesheer in Lienz als Ausbildner tätig und auch als Rafting-Guide im damaligen Hotel Post in Kötschach.