Es bleibt weiter ungemütlich für die Kärntner Wirtschaft

AKV Europa: Insolvenzauswertung Halbjahresstatistik Kärnten 2024

Kärnten -

Zu viel Bürokratie, teure Energie und eine hartnäckige Konjunkturflaute – es mangelt nicht an Problemen für die Kärntner Unternehmen. Im Vergleich zum Vorjahr entspannt sich zwar durch die abflauende Inflation die wirtschaftliche Lage, doch bleibt weiterhin die Unsicherheit über alle Branchen hinweg groß. Dies zeigt sich auch in den jüngsten Insolvenzzahlen.


Anstieg der Firmeninsolvenzen in Kärnten im ersten Halbjahr 2024 um 6,36 %

Die Zahl der insgesamten Firmeninsolvenzen in Kärnten sind im ersten Halbjahr 2024
um 6,36 % gestiegen ( von 173: 1. Halbjahr 2023 – auf 184: 1. Halbjahr 2024), somit werden in Kärnten im 1. Halbjahr 2024 wöchentlich 7 Firmen insolvent. Bei den am Landesgericht Klagenfurt eröffneten Firmeninsolvenzen kam es zu einem deutlicheren Anstieg von 33,33% ( von 75: 1. Halbjahr 2023 – auf 100: 1. Halbjahr 2024).

Stärkster Anstieg der Firmeninsolvenzen im Bezirk Spittal/Drau

Vergleicht man die Bezirke in Kärnten untereinander, so gab es im Bezirk Spitta/
Drau den stärksten Anstieg. Hier haben sich die Firmeninsolvenzen mehr als verdreifacht.
Im Raum Villach – Villach- Land kam es zu einer Verdoppelung der Firmeninsolvenzen.

Anzahl gefährdeter Arbeitsplätze in Kärnten steigt

Die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze sind von 191 Dienstnehmern auf 364 Dienstnehmern zum Vergleichszeitraum 2023 ebenfalls gestiegen. Die meisten Dienstnehmer , nämlich 62, waren von der Insolvenz des Modeeinzelhandels Vianello GmbH mit Fimensitz in Ottmanach betroffen.

Einzelhandel und verarbeitendes Gewerbe mit den meisten Insolvenzen in Kärnten

Im Branchenvergleich ergeben sich in Kärnten überraschende Ergebnisse. Einen
markanten Anstieg gab es erneut im Einzelhandel. In dieser Branche haben sich in Kärnten
die Insolvenzen verdoppelt und führt die Branchenstatistik im ersten Halbjahr an. An zweiter Stelle liegt der Gastronomiebereich, gefolgt von der Baubranche. In der Baubranche hat sich die Lage leicht entspannt, es gibt hier 20 % weniger Insolvenzen als im Vergleichszeitraum 2023. Zu einem gravierenden Anstieg kam es auch im verarbeitenden Gewerbe, jene Firmen, die auf die Herstellung von Konsum- und Produktionsgütern spezialisiert sind. In dieser Branche haben sich die Firmeninsolvenzen beinahe verdreifacht.

Erfolgsaussichten bei Kärntner Fimeninsolvenzen im 1. Halbjahr 2024

Erfreulich zu bemerken ist, dass in Kärnten im ersten Halbjahr 2024 32,66 % der Firmeninsolvenzen mit dem Abschluss eines Sanierungsplanes aufgehoben werden und somit als Unternehmen fortgeführt werden können. Dies liegt über den österreichweiten Trend. Österreichweit werden die Insolvenzen mit einem Anteil von 28,79 % mit einem von
Gläubigern angenommenen Sanierungsplan abgeschlossen. Die Durchschnittsquote bei
den angenommenen Sanierungsplänen liegt im ersten Halbjahr in Kärnten bei 28,875%, die meisten Insolvenzen weisen jedoch einen Medianwert von 20,5% bei Abschluss des
Sanierungsplanes auf.

Im Falle einer Liquidation des Unternehmens ergab sich im ersten Halbjahr 2024 in
Kärnten eine durchschnittliche Quote von cirka 10,7 %. Dies liegt unter dem
gesamtösterreichischen Niveau, welches bei einer Verteilungsquote von durchschnittlich rund 14 % liegt. Bei den meisten Firmeninsolvenzen in Kärnten erhalten die Gläubiger im ersten Halbjahr 2024 lediglich eine Verteilungsquote von 4,64%. Österreichweit kann immerhin eine Verteilungsquote von 5,62 % für die Gläubiger lukriert werden.

Rückgang der eröffneten Privatinsolvenzverfahren in Kärnten

Während österreichweit die Zahl der bei den Bezirksgerichten beantragten Privatkonkursverfahren um 1,25 % leicht zugenommen hat, ist in Kärnten ein entgegengestetzter Trend feststellbar. Hier ist die Anzahl der eröffneten Privatinsolvenzverfahren von 360 Schuldenregulierungsverfahren im 1. Halbjahr 2023 auf 347 Verfahren im 1. Halbjahr 2024 um 3,61 % gesunken. Somit wurden in Kärnten im 1. Halbjahr 2024 wöchentlich über das Vermögen von 14 Privatpersonen Insolvenzverfahren eröffnet.

Anstieg der Gesamtverbindlichkeiten und Durchschnittsverschuldung

Trotz Rückgang der Privatinsolvenzen sind die Gesamtverbindlichkeiten bei den Kärntner Bezirksgerichten von EUR 32,7 Mio. (1. Halbjahr 2023) auf EUR 38 Mio. gestiegen. Ebenfalls gestiegen ist die Durchschnittsverschuldung von EUR 91.100,00 im Vergleichszeitraum 2023 auf EUR 109.700,00 im 1. Halbjahr 2024. Diese liegt jedoch unter
dem östereichweiten Niveau, deren durchschnitlliche Verschuldung von Privatpersonen sich
bei EUR 117.300,00 im 1. Halbjahr 2024 einpendelte.

Erfolgsaussichten bei Privatinsolvenzen in Kärnten:

In Kärnten wurden im 1.Halbjahr 2024 81,45% der Privatinsolvenzverfahren mit
einem Zahlungsplan abgeschlossen, österreichweit endeten lediglich 67,10 % mit dem
Abschluss eines Zahlungsplanes. Die Quotenhöhe bei den Zahlungsplänen hat sich aus
dem Grund verbessert, da die Bereitschaft der Gläubiger – Forderungen in Privatkonkursverfahren anzumelden – abnimmt und aufgrund der geringer angemeldeten
Verbindlichkeiten die Quote des Zahlungsplanes angepasst bzw. verbessert werden muss.
Der Durchschnittswert bei den in Kärnten abgeschlossenen Zahlungsplänen im 1. Halbjahr
2024 lag bei 24,02%, die meisten Zahlungspläne weisen für die Gläubiger eine Quote von rund 12% auf.

Ausblick: Zunahme von Insolvenzen erwartet trotz Entspannung bei Inflation und Zinsen

Für den Rest des Jahres wird sich die Situation bei den Unternehmen trotz Entspannung der Inflation und Zinswende nicht wesentlich verbessern. Die Zahl der Zahlungsausfälle steigt weiter und die Zahlungsmoral verschlechtert sich, sodass von einer Zunahme bei den Insolvenzen auszugehen ist. Im Bereich der Privatinsolvenzen wird durch die anhaltende Teuerungswelle, die gestiegenen Zins- und Kreditkosten sowie durch die Zunahme der Arbeitslosigkeit die derzeit „rückläufige“ Lage in Kärnten bis zum Ende des Jahres nicht bewahrt werden können.