311 offene Kassenstellen in Österreich
Anfang Juli waren österreichweit 311 Kassenstellen unbesetzt, davon 175 in der Allgemeinmedizin. Ein alarmierendes Signal, meint Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Der niederschwellige, wohnortnahe Zugang zur medizinischen Versorgung wird immer schwieriger“, betont Wutscher im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. Besonders Gemeinden auf dem Land spüren die Auswirkungen: „Das Problem der Besetzung von Kassenstellen ist allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern schmerzlich bewusst.“ Eine Umfrage des Kommunalverlages unter fast 800 Gemeindevertretern bestätigt das Bild. 70 Prozent sehen in besseren Arbeitsbedingungen für Kassenärzte eine Chance für die Zukunft ihrer Region. Mehr als die Hälfte fordert Erleichterungen bei Hausapotheken und Medikamentenabgabe. „Wenn es keinen Arzt im Ort gibt, verliert die Gemeinde an Lebensqualität – und irgendwann auch ihre Bevölkerung“, warnt Wutscher. Er fordert flexiblere Kassenverträge, den Schutz ärztlicher Hausapotheken und ein Recht auf Medikamentenabgabe für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte.
Gesetze aus der Zeit gefallen
Für Silvester Hutgrabner, Leiter des ÖÄK-Referates für Hausapotheken, liegt eines der größten Probleme im veralteten Apothekengesetz. Dieses untersagt ärztliche Hausapotheken im Umkreis von vier Kilometern zu einer öffentlichen Apotheke – eine Regelung, die längst nicht mehr zeitgemäß ist.
„Bis 1998 gab es fast ebenso viele ärztliche Hausapotheken wie öffentliche Apotheken – heute sind es nur mehr rund 800“, erklärt Hutgrabner. Zeitgleich sei die Zahl der öffentlichen Apotheken auf über 1.450 gestiegen. Studien würden jedoch belegen, dass mehr ärztliche Hausapotheken helfen könnten, hunderte offene Kassenstellen zu besetzen. Gerade in dünn besiedelten Regionen sei die Hausapotheke oft entscheidend für den Erhalt einer Ordination. „In vielen Gegenden sichert sie überhaupt erst, dass es noch einen Hausarzt gibt“, betont Hutgrabner.