Detailergebnis Mobilitätsstudie: Bezirk Hermagor

„Mobilität in Kärnten“

Kärnten -

AK – Mobil zu sein bedeutet, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können – sei es zur Erreichbarkeit der Daseinsvorsorge, von Bildungsstandorten, der Arbeit oder der Freizeitgestaltung. „Ein gut ausgebautes, leistbares, öffentliches Verkehrssystem schafft Entlastung und fördert Arbeitsmarkt-Chancen! Als große Chance sehen wir die Koralmbahn. Kärnten und Steiermark werden zusammenwachsen und es entsteht ein neuer Wirtschaftsraum.“, so AK-Präsident Günther Goach.

Am Bild v.l.: Irene Hochstetter-Lackner, Hans Pucker, Eric Kirschner und Günther Goach

Umfrage

„Die AK hat es sich anhand einer Umfrage – mit wissenschaftlicher Begleitung des Joanneum Research – zum Ziel gesetzt, die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in Kärnten umfassend zu erheben und daraus einen Leitfaden für Politik und Verkehrsträger zu erstellen.

Über 2.300 Online-Fragebögen bilden hochgradig signifikante Ergebnisse!“, zeigt sich Goach erfreut. Die Studie wurde heuer im zweiten und dritten Quartal durchgeführt. Außerdem wurden detaillierte Bezirkserhebungen erstellt.

Teurer Pkw – fehlende Alternativen

Ein großer Teil der täglich zurückgelegten Wege entfällt auf das Pendeln. Hierfür wird vorrangig das Auto verwendet. Neben der Zeitersparnis und der Möglichkeit Wege einfacher kombinieren zu können, ist es auch das Fehlen von Alternativen, dass die Kärntner:innen auf den Pkw zurückgreifen lässt. „Die Belastung steigt mit zunehmender Dauer und sinkendem Einkommen. Während Wege, die nicht länger als 30 Minuten in eine Richtung dauern eher akzeptiert werden, steigt die empfundene Belastung ab einer Dauer von mehr als einer halben Stunde deutlich.

Frauen und Haushalte mit schulpflichtigen Kinder am meisten betroffen

Davon betroffen sind auch Haushalte mit schulpflichtigen Kindern und hier vor allem Frauen, welche vermehrt die Betreuungspflichten übernehmen“, hebt Goach ein Studienergebnis hervor und betont: „Ein attraktiveres Angebot des öffentlichen Verkehrs und gezielte finanzielle Unterstützung tragen hier zur Entlastung bei.“

Kombination unterschiedlicher Wege

Das Mobilitätsverhalten wird entscheidend von der Lebenssituation und den familiären Umständen beeinflusst. In Mehrpersonenhaushalten mit schulpflichtigen Kindern ist das Auto das vorrangig benutzte Verkehrsmittel. Das liegt vor allem daran, dass unterschiedliche Wege einfacher kombiniert werden können – sei es das Einkaufen, die Fahrt zur Arbeit, in die Schule oder zum Sport. Das Auto wird oft als alternativlos und unverzichtbar gesehen.

Mehr Notwendigkeit als Wunsch

„Die Verwendung des eigenen Autos ist oftmals mehr Notwendigkeit als eigener Wunsch,
denn nur vier Prozent der Befragten gaben an, nicht auf das Auto verzichten zu wollen. Daher ist statt dem Rückbau, die Infrastruktur weiter auszubauen und vor allem sind vorhandene Strecken bestmöglich zu nutzen!“, betont der AK-Präsident.

Beispiel:

Die Spritkosten für das Pendeln mit dem privaten Pkw – für eine Distanz von 40 Kilometern (das wäre z. B. Villach-Klagenfurt) – betragen pro Jahr rund 2.500 Euro. Das Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmitteln hingegen ist durch das Klimaticket mit 399 Euro pro Jahr gedeckelt. Allerdings steht diese Möglichkeit durch zeitliche oder räumliche Faktoren vielen Beschäftigten nicht zur Verfügung. Sie sind auf den privaten Pkw angewiesen.

Rolle der Frauen im Mobilitätsverhalten

„Grundsätzlich weisen Frauen und Männer ähnliche Mobilitätsverhalten auf. Allerdings gibt
es Unterschiede in Bezug auf Teilzeit- und Vollzeit-Arbeit, demnach auch auf das Einkommen und die Kinderbetreuung. Die Wochenarbeitszeit einer unselbstständigen Frau im Alter zwischen 25 und 34 Jahren liegt bei durchschnittlich 33 Stunden. Aber auch danach, in der Gruppe der 35 bis 44-Jährigen, liegt diese bei nur 30 Stunden und steigt auch bei älteren Altersgruppen nicht mehr über 32 Stunden“, erklärt Eric Kirschner, Studienautor vom Joanneum Research.

Frauen gezielt unterstützen

Frauen verharren in Teilzeit – ein wesentlicher Grund dafür sind vor allem Kinderbetreuungspflichten. Darin inkludiert sind auch die Wege, die für und mit den Kindern zurückgelegt werden. „Mit einer Verbesserung der Erreichbarkeit der öffentlichen Infrastruktur, wie Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, sowie des Verkehrsangebotes, würden Frauen in Hinblick auf kombinierte Wege und die Begleitung von Kindern gezielt unterstützt werden!“, so Goach.

Über Gemeindegrenzen denken!

Insbesondere in den peripheren Regionen wird verstärkt gependelt, wobei die Mehrheit der
Fahrten innerhalb einer täglichen Pendelzeit von 45 Minuten je Richtung liegt. In Unterkärnten ist der Anteil jener, die 30 bis 45 Minuten in eine Richtung pendeln am höchsten. „Es muss die Siedlungsstruktur beachtet werden. Denn während es in den Zentren gut möglich ist, auf das eigene Auto zu verzichten, ist der Bus- und Bedarfsverkehr für Regionen abseits des Schienenangebots vonnöten. Zugleich muss über Gemeindegrenzen hinausgedacht werden, denn allein außerhalb des Kärntner Zentralraumes verlassen mehr als dreiviertel der Pendler die Heimatgemeinde. Außerdem ist die Erreichbarkeit zentraler Orte und Orte der Daseinsvorsorge von wesentlicher Bedeutung. Es braucht situationsbedingte und regionsspezifische Lösungen, wie den Mikro-ÖV, um bessere Erreichbarkeitsverhältnisse schaffen zu können!“, unterstreicht Kirschner.

Chancen nutzen!

Mit der Koralmbahn wird sich Mobilität ändern. Goach: „Klagenfurt und Graz werden in Tagespendeldistanz liegen. Vor allem in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg kommt es
zu einer deutlich besseren Erreichbarkeit. Aber es darf nicht auf die restlichen Bezirke vergessen werden. Alle Kärntnerinnen und Kärntner müssen profitieren, eine abgestimmte
Taktung der Zubringersysteme an die Koralmbahn aus allen Regionen ist unabdingbar!“

“Letzte Meile” 

„Auch die sogenannte „Letzte Meile“ stellt oft eine Herausforderung dar, was am fehlenden
Angebot, der fehlenden Taktung oder der Entfernung von Haltestellen zum Wohn- oder Zielort liegen kann. Hier gilt es Parkplätze für Auto und Fahrrad an (Bus)Bahnhöfen zur Verfügung zu stellen, um zumindest eine Teilstrecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen zu können. Der Ausbau des Park&Ride-Angebotes an frequentierten Bushaltestellen und Bahnhöfen ist somit von wesentlicher Bedeutung“, hebt Kirschner hervor.

Leistbares öffentliches Verkehrssystem

„Die Pkw-Abhängigkeit muss durch ein leistbares öffentliches Verkehrssystem und durch
sichere Rad- und Fußwege reduziert werden. Die schon gesetzten Maßnahmen, wie die
Kostenreduktion des Kärnten Tickets, waren mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird aber in Zukunft eine Vielzahl an gebündelten Maßnahmen brauchen. Gleichzeitig muss jungen Menschen der öffentliche Verkehr kostenlos ermöglicht werden“, fordert Goach.

Am Bild v.l.: Günther Goach, Irene Hochstetter-Lackner, Eric Kirschner © Helge Bauer/AK

Die Arbeiterkammer Kärnten fordert:

Die Erreichbarkeit von Bildungs-, Gesundheits- und Freizeiteinrichtungen, der Verwaltung
und der Versorgung muss durch einen ausreichend ausgebauten, öffentlichen Verkehr gewehrleistet sein.

Zubringersysteme aus den Regionen an die Koralmbahn: Anbindung des öffentlichen Nachverkehrs mit verdichteter und abgestimmter Taktung. Regionen wie St. Veit und Friesach müssen weiterhin mit schnellen Verbindungen an den Zentralraum, aber auch an die Koralmbahn, angebunden sein. Zur Erschließung der letzten Meile ist ein Ausbau des Park&Ride-Angebotes und der Radabstellplätze an frequentierten Haltestellen notwendig.
Ausbau von sicheren Fuß- und Radwegenetzen forcieren.

Beitrag der Unternehmen gefordert:

Erstellung von Mobilitätskonzepten, um das Pendeln leistbarer zu machen.

Fahrtkostenzuschuss:

Anhebung der Einkommensgrenzen um mindestens 30 Prozent beim Fahrkostenzuschuss für den Individualverkehr, inklusive jährlicher Indexierung der Einkommensgrenzen für alle Fahrkostenzuschüsse. Ein gratis Öffi-Ticket für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.

Detaillierte Studienergebnisse:

http://kaernten.arbeiterkammer.at/mobilitaetsstudie

Detailergebnis Mobilitätsstudie: Bezirk Hermagor

Verbindungen in den Zentralraum stärken AK – Wie wichtig die Anbindung an den Zentralraum ist, ist im Bezirk Hermagor klar zu erkennen. Viele Einwohner:innen pendeln täglich, weshalb die Möglichkeit der öffentlichen Erreichbarkeiten von großer Bedeutung ist. „Schon vorhandene Infrastruktur darf nicht ungenutzt bleiben. Die Reaktivierung der Gailtalbahn würde eine Erleichterung für alle Bewohnerinnen und Bewohner, allen voran für Pendlerinnen und Pendler mit sich bringen“, ist AK-Präsident Günther Goach überzeugt.

Pendeln

Ein großer Teil der täglich zurückgelegten Wege entfällt auf das Pendeln, zugleich ist das
Auto nach wie vor das beliebteste Verkehrsmittel. Die Gründe dafür sind unterschiedlich –
sei es die fehlende Alternative in den peripheren Regionen oder das einfache Kombinieren
unterschiedlicher Wege. Trotzdem ist das Auto mehr Notwendigkeit als Wunsch und auch
die Belastung steigt mit zunehmender Dauer der zurückzulegenden Strecke und sinkendem
Einkommen. Mehr als dreiviertel der Kärntner Pendler:innen verlassen auf dem täglichen
Weg auch die Heimatgemeinde.

„Das Ziel muss es sein, situationsbedingte und regionsspezifische Lösungen zu entwickeln, um Erreichbarkeitsverhältnisse verbessern zu können“, so Goach. Allgemein müssen periphere Regionen an den Zentralraum, aber auch an die regionalen Zentren angebunden werden.

Pendlerströme im Bezirk

Von den rund 18.000 Einwohner:innen im Bezirk Hermagor sind rund 31 Prozent Pendler:innen. Davon bleiben mehr als 3.000 im Bezirk, während etwas weniger täglich aus der Region in die Städte Klagenfurt und Villach pendeln, der Rest entfällt auf den Raum Lienz und das restliche Kärnten. Zusätzlich sind noch rund 600 Personen an Wochentagen für den Schul- oder Ausbildungsweg in den Zentralraum unterwegs.

Hinzu kommt die hochmobile Gruppe der Tourist:innen, die den öffentlichen Verkehr mit der Gästekarte gratis nützen kann. Vor allem in der Hochsaison hat das zur Folge, dass Busse an bzw. über ihre Kapazitätsgrenzen gebracht werden.

Erreichbarkeit des Angebotes ermöglichen!

Grundsätzlich verkehren die Busse im Bezirk Hermagor im Stundentakt – auf den Hauptlinien (z.B.: Hermagor-Kötschach) täglich, an den Wochenenden kommt es teilweise zu einer Reduzierung des Angebotes. Allerdings haben rund 23 Prozent der Einwohner:innen des Bezirkes Hermagor gar keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und sind damit wiederum aufs Auto angewiesen. Hier gilt es anzusetzen und die Zahl jener, die vom privaten Pkw abhängig sind, zu reduzieren.

Notwendige Verbesserungen schaffen

Positiv ist, dass im Bezirk im Rahmen des integrierten, regionalen Entwicklungsprozesses
der Region Hermagor unter anderem auch das Mobilitätsangebot unter reger Bürgerbeteiligung weiterentwickelt werden soll. Die Hauptanliegen sind die Wiederbelebung der Gailtalbahn auf dem Streckenabschnitt von Hermagor nach Kötschach-Mauthen, sowohl für den Personenverkehr als auch für den Güterverkehr (vor allem für Schadholz).

Reaktivierung der Gailtalbahn

Mit der Reaktivierung der schon vorhandenen Strecke und einer damit verbundenen abgestimmten Taktung mit den Buslinien, soll das Pendeln aus den Regionen in den Zentralraum erleichtert werden. Weiters würde eine Umsetzung von Schnell-Pendlerbussen vom oberen Gailtal bis in den Zentralraum eine zusätzliche kurzfristige Erleichterung bringen. Damit einhergehend sollen auch (rückgebaute aber sinnvolle) Busbuchten wiederhergestellt und die Haltestellen mit Wartehäuschen aufgewertet werden.

Stunden-Taktverkehr fürs Lesachtal

Das Angebot des Stunden-Taktverkehrs von vielen Buslinien im Gailtal soll auf das Lesachtal ausgeweitet werden. Davon sollen vor allem Schüler:innen profitieren, die derzeit lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Generell braucht es eine Abstimmung des Fahrplanes auch mit den Schulzeiten, um die Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsangebotes möglich zu machen und viele einzelne Fahrten von Eltern vermeiden zu können.

Verbesserungspotenzial Rad- und Fußwegenetzes

Neben dem motorisierten öffentlichen Verkehr gibt es im Bezirk Hermagor auch Verbesserungspotenzial im Bereich des Rad- und Fußwegenetzes. Nicht nur zum Erreichen von Haltestellen und der öffentlichen Infrastruktur braucht es sichere Wege, sondern auch für Freizeitfahrten oder zum Zurücklegen kurzer Alltagswege. Derzeit kommen pro Person in der Region Hermagor 35 Meter Straße, jedoch nur fünf Meter Radweg. Letztere sind derzeit vor allem auf den Tourismus und weniger auf die alltäglichen Wege der Bevölkerung ausgelegt. Was es zu dem braucht, ist die finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand vor allem für Gemeinden und Vereine beim Ausbau des Mikro-ÖVs. Generell werden mehr Mittel und Ressourcen benötigt, um die Attraktivierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), eine Verbesserung der Anbindung an den Zentralraum und eine Aufwertung des Radwegenetzes umzusetzen.