Helmpflicht gefordert: Mehrheit der Getöteten war ungeschützt unterwegs
Unter allen von 2023 bis 2024 mit einem E-Bike tödlich verunglückten Personen haben 59 Prozent keinen Helm getragen. Bei E-Scootern ist die Bilanz noch dramatischer: 90 Prozent der Getöteten waren ohne Helm unterwegs. Für das Fahren mit E-Bikes und E-Scootern sollte endlich eine Helmpflicht eingeführt werden, so das KFV, denn der E-Bike-Verkehr steige rapide weiter.
Rekord-Anteil bei E-Bikes – Unfallzahlen steigen mit
Der E-Bike-Verkauf in Österreich boomt: 2024 waren bereits 57 Prozent aller verkauften Fahrräder E-Bikes, was der höchste E-Bike-Anteil im Europa-Vergleich ist, wie der Branchenverband VSSÖ unlängst bekanntgab. Die hohe E-Bike-Dichte wirkt sich auch stark auf das Unfallgeschehen aus. Bereits im Vorjahr sind deutlich mehr Menschen auf Österreichs Straßen mit E-Bikes (20 Getötete) ums Leben gekommen als mit herkömmlichen Fahrrädern (12). In diesem Jahr (bis inkl. 27. Juli) wurden bei Unfällen mit E-Bikes bereits mindestens zwölf Personen getötet. Hinzu kommt eine stark steigende Zahl an Verletzten.
Fast 80 Prozent der E-Bike-Unfälle sind Alleinunfälle
Die Verkehrspolizei hat im Vorjahr 2.701 Verletzte mit E-Bikes registriert (+10 %). Wie KFV-Erhebungen im Rahmen von IDB-Austria (Injury Database) zeigen, handelt es sich bei E-Bike-Unfällen allerdings zu 79 Prozent um Alleinunfälle, bei denen somit kein Fremdverschulden vorliegt. Alleinunfälle werden daher in der Regel auch dann nicht polizeilich erfasst, wenn die Verunglückten im Spital behandelt werden. Wie Befragungen von Unfallopfern durch das KFV in ausgewählten Spitälern und Hochrechnungen zeigen, mussten im Vorjahr demnach in Summe sogar 9.800 Personen nach E-Bike-Unfällen in österreichischen Spitälern ambulant oder stationär behandelt werden. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von zehn Prozent. Seit Beginn des E-Bike-Booms 2019 hat sich die Anzahl der Verletzten damit bereits verdoppelt
Höheres Gewicht und anderes Bremsverhalten führen häufig zu Problemen
Wer von einem herkömmlichen Fahrrad auf ein E-Bike umsteigt, hat womöglich nur die Bequemlichkeit vor Augen, ohne die sicherheitsrelevanten Faktoren zu bedenken. Tatsächlich sind die Herausforderungen aber vielfältig, wie Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheit im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), mit Verweis auf eine KFV-Erhebung unter 1.676 Personen erläutert: „58 Prozent der Befragten haben beim Umstieg vom Fahrrad auf ein E-Bike Probleme mit dem höheren Gewicht, 27 Prozent mit dem anderen Bremsverhalten und 26 Prozent mit dem höheren Tempo.“ Aber auch die Bedienung des Displays (26 %), das Losfahren (23 %), die geringere Wendigkeit (19 %) und die rasantere Beschleunigung führen beim Umstieg häufig zu Schwierigkeiten. Ältere Personen haben häufiger Probleme beim Umstieg als jüngere, was man auch an den Unfallzahlen ablesen kann: 58 Prozent der mit E-Bikes verunglückten Personen sind 55 Jahre oder älter. Der Verkehrssicherheitsexperte fordert daher Bewusstseinsbildungsmaßnahmen zur freiwilligen Teilnahme an E-Bike-Fahrsicherheitskursen. Zudem sollten die zuständigen Straßenerhalter die RVS „Radverkehr“ rasch umsetzen, damit qualitativ und quantitativ hochwertigere Radfahranlagen zur Verfügung stehen.

Häufige Rotlichtmissachtungen und Vorrangverletzungen
Die Top drei der Unfallursachen bei Alleinunfällen mit E-Bikes sind laut Verkehrsunfallstatistik Unachtsamkeit/Ablenkung (69 %), Alkohol und Drogen (13 %) und nicht angepasste Geschwindigkeit (12 %). Wenn bei E-Bike-Unfällen mit Personenschaden auch andere Verkehrsteilnehmende beteiligt sind, rangieren – unabhängig von der Verschuldensfrage – Vorrangverletzung/Rotlichtmissachtung (40 %), Unachtsamkeit/Ablenkung (22 %) und die Missachtung von Ge-/Verboten (12 %) unter den Top drei der Hauptunfallursachen. Robatsch erklärt dazu: „So wichtig die Verschuldensfrage auch sein mag, viel entscheidender im Moment der Kollision mit einem Pkw oder Lkw ist die Frage: Wer ist der Verletzlichere? Und das ist in der Regel die Person mit dem E-Bike.“ Tatsächlich kollidierten 57 Prozent der verletzten E-Bike-Fahrenden im Vorjahr mit einem Pkw, 25 Prozent mit einem anderen E-Bike bzw. einem herkömmlichen Fahrrad, sechs Prozent mit zu Fuß Gehenden und fünf Prozent mit einem Lkw.
Siebenmal so hohes Risiko für Schädel-/Hirnverletzungen ohne Helm
Besonders lebensbedrohlich sind E-Bike-Unfälle, wenn man keinen Helm trägt. Tatsächlich haben 59 Prozent der Getöteten keinen Helm getragen, wie KFV-Auswertungen der tödlichen E-Bike-Unfälle im Straßenverkehr von 2023 bis 2024 zeigen. Noch alarmierender ist die Situation bei E-Scootern, wo sogar 90 Prozent der Getöteten keinen Helm getragen haben. Der Experte appelliert daher an den Gesetzgeber, die vom KFV seit Längerem geforderte Helmpflicht für E-Bikes und E-Scooter endlich umzusetzen. „Selbst die von uns befragten E-Bike-Fahrenden befürworten zu 65 Prozent die Einführung einer Helmpflicht. Und wie wir aus einer anderen KFV-Erhebung wissen, tragen 67 Prozent bereits einen Helm. Bei den verbleibenden 33 Prozent könnten wir die Überlebenschancen im Fall eines Unfalls durch die Einführung einer Helmpflicht spürbar verbessern. Denn ohne Helm trägt man ein siebenmal so hohes Risiko für Schädel-/Hirnverletzungen als mit Helm.“
E-Bike-Unfälle im Bundesländervergleich: Anzahl der Getöteten im Jahr 2024
Bundesland | Getötete |
---|---|
Burgenland | 0 |
Kärnten | 4 |
Niederösterreich | 0 |
Oberösterreich | 5 |
Salzburg | 3 |
Steiermark | 2 |
Tirol | 3 |
Vorarlberg | 2 |
Wien | 1 |
Gesamt | 20 |
Quelle: Statistik Austria