Unternehmensinsolvenzen: Kärnten verzeichnet den größten Zuwachs in Österreich. Parallel dazu sind auch die Passiva* gestiegen.

Unternehmens- und Privatkonkursentwicklung in Österreich

Kärnten/Österreich -

Laut aktueller KSV1870 Insolvenzhochrechnung sind in den ersten drei Quartalen 2023 in Kärnten 240 Unternehmen von einer Insolvenz betroffen. Gegenüber dem Jahr 2022 sind das um knapp 40 Prozent mehr – und etwa 15 Insolvenzfälle mehr als im „Normaljahr“ 2019.

Unternehmensinsolvenzen: Kärnten

Die Zahl der Insolvenzverfahren, die mangels Vermögens nicht eröffnet werden konnten, ist mit 134 sehr hoch. Gleichzeitig sind die Verbindlichkeiten* um mehr als 40 Prozent auf 52 Mio. Euro gestiegen. Die bis dato größte Firmenpleite betrifft die GHL VertriebsGmbH, Treibach-Althofen, mit Passiva von 4,14 Mio. Euro.

Knapp 40 Prozent mehr Fälle als im Vergleichszeitraum des Vorjahres

In den ersten drei Quartalen 2023 wurden 106 Insolvenzverfahren über Kärntner Unternehmen eröffnet. Zusätzlich führten 134 weitere Insolvenzanträge mangels Vermögens der Schuldner nicht zu eröffneten Verfahren. In Summe sind 240 Unternehmen mit Verbindlichkeiten von 52 Millionen Euro insolvent. Das sind um knapp 40 Prozent mehr Fälle als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Im Vergleich zum Jahr 2019, dem letzten ‘Normaljahr‘ vor der Corona-Krise, stehen heuer 15 Firmenpleiten mehr zu Buche. Das bedeutet ein Plus von fast sieben Prozent, womit wir uns hier im Moment über dem Vorkrisenniveau befinden. „Anhand der aktuellen Zahlen von einer Insolvenzwelle zu sprechen, wäre falsch. Bei dem Anstieg handelt es sich um die vom KSV1870 seit längerem prognostizierte Nivellierung, die uns wohl auch in nächster Zeit begleiten wird“, erklärt Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standort Klagenfurt.

Bundesländer-Vergleich: Kärnten verzeichnet den größten Zuwachs

Im österreichweiten Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um fast zehn Prozent gestiegen. Mit Ausnahme von Tirol und Oberösterreich verzeichnen alle Bundesländer Steigerungen. Kärnten verzeichnet mit 240 insolventen Firmen den größten Zuwachs (+ 39,5 %), gefolgt von der Steiermark (+ 26,2 %) und dem Burgenland (+ 22,8 %).

Insolvenztreiber: Bauwirtschaft, Handel und Tourismus/Gastronomie

Bei den eröffneten Insolvenzen dominieren nach wie vor Betriebe aus dem Bereich der Bauwirtschaft, dem Handel und der Gastronomie das Kärntner Insolvenzgeschehen. Die bislang drei größten Insolvenzfälle des Jahres in Kärnten betreffen die GHL VertriebsGmbH (Konkurs) aus Treibach-Althofen mit Passiva von 4,14 Mio. Euro, die M.M.55 Handels GmbH (Konkurs) aus Klagenfurt mit Passiva von 4,1 Mio. Euro und die RH-Tech plant construction GmbH (Konkurs) aus Poggersdorf mit Passiva von 3,6 Mio. Euro.

Ausblick:

„Es ist davon auszugehen, dass die jüngsten Insolvenzentwicklungen in Richtung Jahresende ihre Fortsetzung finden werden. Demnach ist aus heutiger Sicht zu erwarten, dass die Gesamtzahlen 2023 etwa auf dem Niveau von 2019 zu Fall kommen, das wären rund 325 Fälle“, fasst Barbara Wiesler-Hofer ihre Einschätzung zusammen.

*) Die Passiva für das Jahr 2023 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 14.9.2023. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern

Unternehmensinsolvenzen Q1-3 2023

(Hochrechnung)

Kärnten

2023

2022

Veränderung

Eröffnete Insolvenzen

106

75

+

41,3 %

Nichteröffnete Insolvenzverfahren

(mangels kostendeckenden Vermögens)

134

97

+

38,1 %

Gesamtinsolvenzen

240

172

+

            39,5%

Geschätzte Passiva* in EUR

52 Mio.

  37 Mio.

            40,5 %

 

 

Gesamtinsolvenzen im Bundesländervergleich Q1-3, 2023

Bundesland

Fälle 2023

Fälle 2022

+ / –

Passiva 2023
in Mio.
EUR

Passiva 2022
in Mio.
EUR

+ / –

Wien

1.372

1.270

8,0%

541

582

-7,0%

Niederösterreich

753

700

7,6%

475

265

79,2%

Burgenland

156

127

22,8%

28

84

-66,7%

Oberösterreich

393

398

-1,3%

259

127

103,9%

Salzburg

211

199

6,0%

83

63

31,7%

Vorarlberg

80

72

11,1%

44

56

-21,4%

Tirol

229

241

-5,0%

140

57

145,6%

Steiermark

472

374

26,2%

255

236

8,1%

Kärnten

240

172

39,5%

52

37

40,5%

Gesamt

3.906

3.553

9,9%

1.877

1.507

24,6%

*) geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten in EUR

Privatkonkurse: Plus 17 Prozent in Kärnten

Hochrechnung: Trotz steigender Fallzahlen zeigt sich ein Rückgang bei den Passiva und der Einzelverschuldung.

Laut aktueller KSV1870 Insolvenzhochrechnung wurden in den ersten neun Monaten 2023 in Kärnten 517 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet – das entspricht einem Plus von fast 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Gegensatz dazu sind die vorläufigen Passiva* um fast 23 Prozent auf 44 Mio. Euro gesunken. Das bedeutet, dass Privatpersonen in Kärnten bislang mit durchschnittlichen Schulden in der Höhe von 85.000 Euro Konkurs angemeldet haben – im Vorjahr waren es noch 129.000 Euro.

Hohe Kosten bei Lebensmitteln, Miete und Strom

Die hohen Kosten bei Lebensmitteln, Miete und Strom stellen für zahlreiche private Haushalte ein reelles Problem dar. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen kommt somit der Anstieg bei den eröffneten Schuldenregulierungsverfahren auf 517 Fälle (+ 16,9 % gegenüber 2022) wenig überraschend. „Gleichzeitig ist das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 mit 522 Fällen noch nicht zur Gänze erreicht“, analysiert Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Standortleiterin KSV1870 Klagenfurt.

Bundesländer-Vergleich: Kärnten auf Platz drei im Ranking der Steigerungen

Im österreichischen Durchschnitt sind die eröffneten Privatkonkurse gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um rund 6,5 % auf 6.616 Fälle gestiegen. Auf Bundesländer-Ebene sind die Unterschiede allerdings durchaus gegeben. Während die Steiermark und Niederösterreich einen Rückgang bei den Privatkonkursen verzeichnen, gibt es in den restlichen Bundesländern Zuwächse. Einem Minus von 8,1 Prozent bei der Anzahl der Fälle in der Steiermark steht ein Plus von 41 Prozent in Vorarlberg gegenüber. Kärnten belegt im Bundesländervergleich mit 517 Fällen und einem Plus von 17 Prozent die drittgrößte Steigerung.

Männer und Selbständige

Laut KSV1870 Analyse gingen in Kärnten 62 Prozent aller Privatkonkurse in den ersten sechs Monaten 2023 auf das Konto von Männern, in 38 Prozent der Fälle sind Frauen betroffen. Im Bereich der ehemaligen Selbständigen (26 %) machen Männer 70 Prozent der Betroffenen aus.

Ausblick: Weiterer Anstieg steht bevor

Aus heutiger Sicht ist damit zu rechnen, dass sich an den hohen Kosten nicht allzu schnell spürbar etwas ändern wird. Die wirtschaftliche Situation vieler Menschen in Kärnten wird somit auch in nächster Zeit angespannt bleiben. Insofern geht der KSV1870 davon aus, dass die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im Jahresverlauf weiter steigen wird. „Aufgrund der aktuellen Situation ist es somit durchaus vorstellbar, dass am Ende des laufenden Jahres wieder das Vorkrisenniveau erreicht wird. Im Jahr 2019 waren das in Kärnten rund 700 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren“, resümiert Wiesler-Hofer.

*) Die Passiva für das Jahr 2023 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 14.9.2023. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.

Privatkonkurse Q1-3, 2023

(Hochrechnung)

Kärnten

2023

2022

Veränderung

Eröffnete Schuldenregulierungsverfahren

517

442

+

16,9 %

Geschätzte Passiva* in EUR

44 Mio.

57 Mio.

22,8 %

 

Eröffnete Privatkonkurse nach Bundesländern Q1-3, 2023

Bundesland

Fälle

2023

Fälle 2022

+ / –    

Passiva 2023
in Mio. EUR

Passiva 2022
in Mio. EUR

+ / –    

Wien

2.137

2.032

5,2%

206

191

7,9%

Niederösterreich

956

971

-1,5%

111

110

0,9%

Burgenland

125

98

27,6%

30

16

87,5%

Oberösterreich

985

864

14,0%

98

78

25,6%

Salzburg

296

264

12,1%

39

29

34,5%

Vorarlberg

351

249

41,0%

29

19

52,6%

Tirol

491

467

5,1%

48

46

4,3%

Steiermark

758

825

-8,1%

85

142

-40,1%

Kärnten

517

442

17,0%

44

57

-22,8%

Gesamt

6.616

6.212

6,5%

690

688

0,3%

 

*) geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten in EUR