Gailtal Journal: Wie läuft`s in der Gemeinde?
Tillian: Ganz allgemein birgt jeder Wechsel in den Machtverhältnissen eine Chance in sich. Das gilt natürlich auch für Hermagor.
Was hat sich tatsächlich geändert?
Nicht nur in meiner Wahrnehmung befinden wir uns in einem Prozess der Entspannung. Der Wille zur Zusammenarbeit ist sichtbar und zeigt sich in gegenseitiger Wertschätzung, offener Gesprächsbereitschaft und konstruktiver Übereinstimmung (zumindest im Stadtrat). Die unselige Geheimnistuerei der vergangenen Jahre in der Weitergabe von Informationen hat sich sowohl zwischen den Fraktionen als auch zwischen Politik und Verwaltung sehr zum Positiven verändert. Ein kleines Beispiel für einen atmosphärischen Umschwung: Die Gratulationen (Geburtstage, Jubiläen etc.) wurden früher streng unter den Mandataren der Koalition Ronacher SPÖ / Ball FPÖ aufgeteilt. Nunmehr werden Vertreter aller Fraktionen mit dieser Aufgabe betraut. Ähnliches erwarte ich mir auch bei der Besetzung der Vorsitzenden der Wahlkommissionen, welche vom Bürgermeister bestellt werden; bis zuletzt wurden diese nämlich ausnahmslos von der SPÖ gestellt.
Im Stadtrat der Stadtgemeinde lautet die Verteilung 3 ÖVP : 3 SPÖ : 1 TILL, Sie sind somit das Zünglein an der Waage. Im Gemeinderat hat die SPÖ mit der FPÖ eine Mehrheit von 15 zu 12 Sitzen. Wie wirkt sich dies auf die Entscheidungsfindung in den Gremien aus?
Formell ist unsere Liste im Stadtrat tatsächlich das Zünglein an der Waage, praktisch liegt es mir fern, dies aus einem Machtgefühl heraus auszunutzen. Das ausgezeichnete Arbeitsklima im Stadtrat lässt uns fast immer eine gute Lösung finden. Im Zweifel stimmen wir immer für die Position, die uns am vernünftigsten erscheint. Im Gemeinderat haben einige Mandatare den Verlust des Bürgermeisters von der SPÖ zur ÖVP und des Stadtrates von der FPÖ zur Liste TILL noch immer nicht zur Kenntnis genommen und versuchen, mit
ihrer gemeinsamen Mehrheit, Macht zu demonstrieren. So scheute man nicht davor zurück, schon bei der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates die Zahl der Mitglieder der Ausschüsse von 7 auf 9 zu erhöhen, was hochgerechnet auf sechs Jahre zu einer Mehrbelastung der Gemeindekasse durch Sitzungsgelder von ca. 60.000,- Euro führen kann. Unverständlich in Zeiten der ohnehin finanziell sehr angespannten Gemeindefinanzen! So ganz nebenbei wurde durch diesen Beschluss die Mehrheit von SPÖ und FPÖ in den Ausschüssen gesichert. Ein Schelm, der Böses denkt! Dass die ÖVP diesem Ansinnen zugestimmt hat, ist uns vollkommen unverständlich, dürfte aber wohl dem friedlichen Auftakt der Gemeindearbeit geschuldet sein.
Gar nicht so wenige SPÖ Granden sind der Meinung, dass ausschließlich Sie für den Verlust des Bürgermeistersessels verantwortlich sind – was sagen Sie dazu?
Wenn man nach wie vor nicht bereit ist, in den eigenen Reihen das eigene Verhalten / Wirken / Auftreten zu hinterfragen ist es selbstverständlich leichter, einen geeigneten Sündenbock / Verräter zu finden. Ich halte das gut aus. Ob die mangelnde Beschäftigung mit den eigenen Defiziten in Hinblick auf die nächsten Wahlen für die SPÖ gut ist, müssen die Verantwortlichen entscheiden. Für mich war ausschlaggebend für die Wahlniederlage ausschließlich das nicht nachvollziehbare Agieren des Bürgermeisters, der uns ohne Bürgerbeteiligung und ohne breite politische Meinungsbildung eine Monsterbrücke ins Burgermoos beschert hat und der in den letzten Wochen vor der Wahl, wieder ohne rechtzeitige Information, sowohl der politischen Gremien als auch der Bevölkerung, eine Industrieanlage an einer ungeeigneten Stelle ansiedeln wollte. Zur nochmaligen Klarstellung halte ich ausdrücklich fest, dass dieser Betrieb in jedem Fall eine sinnvolle und zukunftsweisende Ergänzung zum Sägewerk Hasslacher darstellen würde, aber nicht an diesem Ort!
Wie gestalten Sie Ihre politische Arbeit und wie sehen Sie die Zukunft der Liste TILLIAN?
Im Rahmen meiner Referatszuständigkeit (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Jagd, Orts- und Regionalentwicklung, Ortsbildkommission und Gailtalmuseum Möderndorf) bereitet mir die Erledigung meiner übertragenen Agenden viel Freude. Die vordringlichste Aufgabe einer Bürgerliste sehe ich allerdings darin, den Bürgern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und für ihre kleinen und großen Sorgen Lösungen und Hilfestellungen anzubieten.
Ein leuchtendes Beispiel für aufrichtiges, bürgernahes Agieren ist und bleibt für mich mein ehemaliger SPÖ Parteikollege, Stadtrat und Vizebürgermeister Hans Fritz, der auch abseits von anstehenden Wahlen, durch seine täglich gelebte Bürgernähe, stets im Interesse der Menschen gehandelt hat. Der allgemeine Trend, weg von Parteilisten hin zu bürgernahen Interessensgemeinschaften, ist unaufhaltsam und deshalb sind wir laufend dabei, interessierte Menschen für eine Mitarbeit bei uns zu gewinnen. Unsere Liste besteht aus neugierigen, kritischen und dennoch teamfähigen Individualisten, wird sich sicher auch verjüngen und selbstverständlich werden wir bei der nächsten Gemeinderatswahl wieder kandidieren!