Kirchbach -
In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es in Kirchbach eine Hosenfabrik mit dem Namen „Rosner Pantalones“. Rund zehn Jahre lang wurden hier Modeartikel hergestellt und zeitweise waren über einhundert Mitarbeiter beschäftigt. Das ganze Tal lebte durch diesen Arbeitgeber „auf“. Das Areal am westlichen Ortsrand dient heute als zukünftige Produktionsstätte für einen italienischen Keksfabrikanten.
Das Wort „Pantalones“ kommt aus dem spanischen und bedeutet Hosen. Es war Rudolf Rosner aus Deutschland, genauer gesagt aus Ingolstadt, der im Jänner 1967 die Einzelfirma gründete, die heute noch existiert, aber mit anderen Eigentümern. Rosner wurde am 1. Mai 1929 in Ingolstadt geboren und machte eine Lehre bei der Bekleidungsfirma Lorenz und schloss diese 1944 ab. Danach arbeitete er als kaufmännischer Angestellter bei Bäumler, wo ihm Karl Schleicher als Lehrling zugeteilt wurde. Diese „verhängnisvolle“ Begegnung sollte sich im späteren Leben von Rudolf Rosner noch sehr negativ auswirken, doch dazu etwas später. 1951 machte sich Rosner als Handelsvertreter in der Modebranche selbständig und gründete 1961 das Handelsunternehmen „Der Hosenspezialist“. Die Umsätze im deutschen und europäischen Fachhandel stiegen ab 1971 laut Recherchen „kometenhaft“ und durch Fachmessen wurde das Unternehmen noch bekannter. Ab 1969 gab es neben einer Herrenhosen-Kollektion auch die ersten Damenhosen, der Renner.
Standort Kirchbach
Jemand, der sich noch gut an die gemeinsame Zeit in Kirchbach erinnern kann, ist seine ehemalige Lebensgefährtin Annemarie Schluder (63) aus Waidegg, genannt „Ridy“. „Gegründet wurde die Niederlassung im Gailtal, weil es ein damaliger EFTA Raum war“, erinnert sie sich zurück (Anm. Europäische Freihandelsassoziation, Österreich war Mitglied bis zum EU-Beitritt 1995). Hauptabsatzmarkt war nach wie vor Deutschland und so ging der Großteil der produzierten Waren nach Ingolstadt. Schluder arbeitete ab 1973 bei der Firma und war für den Fabriksverkauf verantwortlich. Es gab Filialen in ganz Kärnten und sie war zuständig für die Einarbeitung des Personals und hatte die Gesamtverantwortung. „Im Nachhinein war es leider ein Fehler hier ein Werk zu errichten“, sagt Schluder, welche nach wie vor oft und gerne ihre „Großfamilie“ im Gailtal besucht und immer wieder Leuten aus der „Rosner Zeit“ begegnet. Sie waren einfach zu weit weg vom „Schuss“, es gab noch die Zollabfertigung, den vielen Schnee im Winter, dadurch natürlich Lieferverzögerungen und in der Folge auch Retourwaren. Allein die Busse, welche täglich die vielen Beschäftigten zum Arbeitsplatz brachten, kosteten viel Geld. Es fehlte an qualifiziertem Personal wie Textilingenieuren, kaufmännischem Spitzenpersonal usw. Sehr zufrieden war man aber immer mit den Näherinnen und Nähern.
Exposé
Dem Gailtal Journal liegt ein über 30 Seiten umfassendes Dossier von Rudolf Rosner aus dem Jahr 1996 vor, das seinen ehemaligen Geschäftspartner Schleicher schwer belastet. So ist nicht nur von „Knebelungsverträgen“ die Rede, sondern auch von Strafanzeigen, Betrug sowie Verletzung der Persönlichkeits- und Namensrechte. Schleicher war Hauptkommanditist der Firma Mega-Petrol, einem bayerischen Ölbohrunternehmen, dessen Zusammenbruch 1983 einen Wirtschaftsskandal verursachte und die Justiz ein Jahrzehnt beschäftigte. Auch Rudolf Rosner hatte investiert und verlor viel Geld. Karl Schleicher übernahm das Unternehmen Rosner 1972 und verlegte 1975 das „Headquarter“ nach Ingolstadt. Im Jahr 2003 wurde laut Homepage der Firma Rosner das deutsche Topmodel Heidi Klum verpflichtet und seit 2013 gibt es einen neuen Eigentümer, nämlich die Firma Weber & Ott AG – eines der ältesten Bekleidungsunternehmen in Deutschland.
Jähes Ende
Ende 1980 kam das vorzeitige Aus, nachdem eine Kärntner Großbank die Kredite gekündigt hatte. „Wir haben alles Menschenmögliche unternommen und trotz Zusagen wie beispielsweise Mindestabnahmen von C&A ging es leider nicht mehr weiter“, denkt Ridy Schluder zurück. Es gab sogar mögliche Investoren in München. Bei Verhandlungen erlitt Rudolf Rosner einen Herzinfarkt. Danach konzentrierte sich Rosner mit seiner Lebenspartnerin auf den Vertrieb von Stoffgürteln, damals der große „Renner“. Mitte der 90er Jahre machten sich die Chinesen überall in Europa breit und begann der Verdrängungswettbewerb wieder von Neuem. „Die Modebranche ist hoch kompliziert“, meint Schluder, die heute einen Internetshop mit Namen „RIS Accessoires“ betreibt. Sie geht regelmäßig auf Ausstellungen und betreut bzw. organisiert auch Events. Rudolf Rosner starb Anfang 2012 mit knapp 83 Jahren an einer bakteriellen Lungenentzündung, nach Problemen mit einem Krankenhauskeim. Schluder bewohnt heute das gemeinsame Haus in München und fühlt sich dort wohl.
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