Andrea lernte Stefan (54) kennen und lieben, war mit ihm gemeinsam Mitglied der Faschingsgilde Hermagor und sie pflegen eine wunderbare Beziehung, aus der die beiden Kinder Matthäo und Samuel entstanden. Die Hochzeit wurde lange Zeit später, 2018 „nachgeholt“. „Happy“ über die erste Schwangerschaft, ein absolutes Wunschkind, war das Glück komplett. Doch Matthäo hatte es eilig, kam zu früh zur Welt. Der 2-monatige Aufenthalt im LKH Villach gestaltete sich sehr emotional. Zwischen Hoffen und Bangen. „Stefan kam jeden Tag, bis wir kurz vor Weihnachten, eigentlich mit einem, der Aussage der Ärzte zufolge ‚gesunden Kind‘ nach Hause durften“ erzählt Andrea. Doch als Mutter spürt man, wenn etwas nicht stimmt.
Da begann unsere Reise ins Ungewisse
Der erste epileptische Anfall auf der Alm kam aus heiterem Himmel. Die folgenden Untersuchungen ergaben einen Gendefekt der sehr selten (nur 7x weltweit) auftritt. „Zu diesem Zeitpunkt war ich wieder schwanger. Es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Gottseidank ein kerngesundes Kind. Ein unbeschreibliches Gefühl überkam mich in diesem Moment, wollte vom KH nicht nach Hause, war wie die anderen Mütter. „Da war die Welt so in Ordnung“. Aber da war ja noch Matthäo, der mich brauchte. Tausende Kilometer im Jahr zu Therapien und medizinischen Untersuchungen, Samuel im Maxicosi mit dabei. Operationen folgten. Matthäo gab den Tagesplan für alle vor. „Letztendlich war aber gerade Samuel die beste Therapie für den großen Bruder“, erzählt die 2-fache Mutter. Hier konnte er zu den medizinischen Notwendigkeiten Alltagssituationen „abschauen“. Ein erfülltes Leben zu führen ist möglich, trotz vieler unerfüllter Wünsche.
Akzeptanz
Es dauert, bis man sich in dieses „andere Leben“, das man sich so nicht vorgestellt hat, hineinfindet. Man muss Dinge und Situationen annehmen, akzeptieren. Hatte ich anfangs das Gefühl, mein Kind vor fremden Blicken schützen zu müssen, so zeige ich ihn heute mit Stolz her. Er ist eigentlich mein Meister. Ich lernte von ihm, dass Situationen nicht immer planbar sind, mit Ruhe an Aufgaben heranzugehen, dass Zeit keine Rolle spielt und das Leben im Hier und Jetzt stattfindet. Stefan arbeitet in der Bank, ich reduziert in der Stadtgemeinde, wofür ich meinem Dienstgeber sehr dankbar bin. In der Privatwirtschaft wäre sowas sicherlich nicht möglich. Haus und Garten zählen zu meinen größten Hobbies und das Verarbeiten der Ernte gibt mir ungemein viel, weil ich es für meine Familie mache. Mein allergrößter Dank richtet sich aber an unsere Eltern und Freunde, die für uns immer da sind und uns unterstützen, vor allem wenn auch wir eine Auszeit brauchen. Ohne sie wäre es viel schwieriger oder gar nicht möglich.
Loslösen
Mittlerweile ist Matthäo 19 Jahre alt, besuchte die Schule und verbringt jetzt Zeit in der Tagesstätte in St. Stefan, wo er sich sehr wohl fühlt. Die Betreuer dort leisten tolle Arbeit und sind stets bemüht Matthäo bestmöglich zu fördern und fordern. Im Sommer genießen wir die Zeit auf der Alm oder am See und zwischendurch gibt es spannende Zugfahrten. Es ist aber auch an der Zeit an die Zukunft zu denken. Wo geht die „Reise“ hin? Welche Möglichkeiten gibt es? Und da fehlt es an Einrichtungen, speziell für beeinträchtigte Menschen, gerade hier in unserem lebenswerten Tal. Wünschenswert neben einem Wickelraum für erwachsene Beeinträchtigte (derzeit passiert das im offenen Kofferraum, wenn wir unterwegs sind) wären mehr barrierefreie Wohneinheiten sowie betreutes Wohnen unbedingt notwendig. „Mir ist bewusst, dass ich nicht die Einzige bin, die ein beeinträchtigtes, erwachsenes Kind zu versorgen hat, aber ich glaube in Vertretung aller betroffenen Eltern zu sprechen. „Man sollte denen zuhören, die mit beeinträchtigten Menschen arbeiten wenn es um diesbezügliche Entscheidungen oder Investitionen geht – leider werden diese Menschen zu wenig gehört. Mein Herzenswunsch“.