Kötschach-Mauthen / Villach -
Herbert Burgstaller stammt aus Kötschach-Mauthen und ist Pfarrer mit Berufung. Als Vorstandsvorsitzender der Dechantenkonferenz ist er der Sprecher von 23 Dechanten, die Leitungsverantwortung für 336 Pfarren in der Diözese Gurk tragen. Der Kötschacher ist seit neun Jahren als Dechant in der Pfarre Villach-St. Martin. Im Regelfall besucht er einmal pro Woche seine Eltern und wünscht sich mehr Vertrauen in die Kirchenleitung.
Der Obergailtaler hat sehr viele Funktionen in der Katholischen Kirche von Kärnten. Er ist „wirklicher“ Konsistorialrat und Dechant von Villach-Stadt. Vorstandsvorsitzender der Dechantenkonferenz Kärnten, Stadtpfarrer von Villach-St. Martin, Pfarrmoderator von Villach-St. Josef sowie Provisor Heiligengeist bei Villach. Weitere Tätigkeiten sind Visitator Dekanat Greifenburg, Richter Diözesangericht und Mitglied bei der Personalkommission für Priester und Diakone, Mitglied Personalreferat für die Priester und Diakone, Mitglied Personalreferat für Laien.
Gailtal Journal: Herr Dechant, wie schaffen Sie die vielen Funktionen?
Herbert Burgstaller: Die Funktionen, die ich ausübe, fallen in den Bereich des Machbaren. Sie klingen nach mehr, als es an tatsächlicher Arbeit erfordert. Meine Prioritäten liegen im Feiern von Gottesdiensten und in der Seelsorge. Dann kommen erst die anderen Bereiche. Im pfarrlichen Bereich und auf Dekanatsebene bilden wir ein Team von bewährten Mitarbeitern. Ohne sie wären die Aufgaben nicht zu bewältigen.
Als Vorsitzender der Kärntner Dechantenkonferenz setzten Sie sich immer für die Veröffentlichung des Prüfberichtes aus?
Außerordentliche Ereignisse erfordern manchmal außerordentliche Maßnahmen. Nachdem bereits durch den von Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz initiierten Leitbildprozess Transparenz festgeschrieben wurde und Diözesanadministrator Dr. Guggenberger in der Sedisvakanz (Anmerkung: lateinisch – Unbesetztheit des Stuhls) Transparenz als Leitungsstil etablierte, war die Veröffentlichung des Prüfberichts über das bischöfliche Mensalgut nur konsequent und trotz Verbot geboten.
Stichwort Kirchenaustritte – tut es Ihnen weh, wenn immer mehr der Kirche den Rücken kehren?
Die kirchliche Bindung ist massiv im Abnehmen begriffen, Austritte schmerzen. Was einst Volkskirche war, wird durch Vielfalt ersetzt. Das „Glaubensdesign“ bestimmt das Individuum, die Gesellschaft ist ein Plural. Insofern wird Glaube individualisiert und pluralisiert. Das Subjekt wählt und bestimmt aus einer Vielfalt von Möglichkeiten seinen Glauben. Wie wichtig institutionelle Bindung ist, wird am Land mit verbreiteter Vereinsstruktur und Gemeinschaftskultur eher erfahren. Hier fungiert Kirche als Kulturträger und hat Identitätsfunktion.
Man hat oft den Eindruck, die Katholische Kirche passt sich der Zeit nicht an?
Ein Grundwort des II. Vaticanums lautete „Verheutigung“ des Glaubens. Verheutigung bedeutet aber nicht Anpassung. Die Kraft des Glaubens wächst aus der Kultur der Achtsamkeit und des Hörens. Wir Christen orientieren uns an der Botschaft Jesu und im Blick auf Jesus. Wo einst eine souveräne Kirche mit Wahrheitsmonopol war, ist nun der mündige Christ mit seinem Anspruch auf Deutungsfreiheit entdeckt worden. Aus autoritativer Entmündigung wird Ermutigung und Ermächtigung zum selbstbestimmten Leben. Eine Gesellschaft in Vielfalt erfordert vielfältige Antworten.
Stichwort „Islamisierung“ – ein Statement von Ihnen dazu?
Mit der Zuwanderung verändert sich die Zusammensetzung der Gesellschaft. Die Zivilgesellschaft ist gefordert, den bürgerlichen Grundkonsens zu behaupten. Mit der Trennung von Kirche und Staat ist eine Trennungslinie zu bürgerlichen Rechten und Pflichten gezogen. Im Rahmen dieser Rechte ist das Religionsbekenntnis frei. Der Souverän ist der Staat, nicht die Religion, wie immer sie auch heißen mag. Religion hat dem Frieden und dem friedlichen Zusammenleben der Menschen zu dienen. Politische Vernunft hat Regelmechanismen und Konfliktpotentiale kollektiver Identität zu verantworten.
Wie oft kommen Sie noch ins Gailtal und was bedeutet Ihnen „Heimat“?
In der Regel verbringe ich den Großteil meines freien Tages bei meinen Eltern in Kötschach. Es ist ein Stück Heimat, das mir viel bedeutet, auch der Ort und die Umgebung bedeuten mir viel. Vieles habe ich erwandert und ist mir damit vertraut geworden. Kötschach war mein erstes Zuhause und ist zum zweiten geworden. Nunmehr ist Villach mein Zuhause. Sprachlich, kulturell und ideell bin ich in Österreich geschichtlich verortet, verwurzelt und damit beheimatet.
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