Von Stefanie Hochenwarter
Wir treffen Herwig Schwarz, einen der Flugpioniere des Gailtals, zum Interview. Der 68-jährige Familienvater gehört zu den Ersten, die mit einem Drachenflieger vom Stöfflerberg gestartet sind.
Wie alles begann
Im Jahr 1973 wurde der motorlose Flugsport in Österreich das erste Mal namhaft. Damals war Tirol der Vorreiter in dieser Disziplin. Ein Jahr später war die Faszination für das Fliegen auch im Gailtal angekommen. Sechs Einheimische machten sich auf nach Tirol, um dort die Künste des Fliegens zu erlernen. Die Wahl des Fluggerätes fiel damals nicht auf den Paragleiter, sondern auf den Drachenflieger. Von den sechs Fluginteressierten griff aber nach dem Kurs keiner mehr einen Drachen an. Etwas später entschieden sich wieder sechs Gailtaler für einen Flugkurs. Der wurde in Klagenfurt angeboten und dauerte ca. eine Woche. Nach Beendigung des Kurses blieben nur noch zwei übrig, die schlussendlich auch die Prüfung zum Flugschein ablegten, Heinz Stampfl und Herwig Schwarz. Diese waren auch Mitglieder des Drachenfliegerklubs Kärnten.
Die ersten Fluggeräte
1974, so erzählt Herwig Schwarz, waren die Gleiter aus einfachsten Materialen verbaut. Einen Rettungsschirm suchte man bei den ersten Drachen vergebens. Ein Holzbrett diente als Sitzgelegenheit. Dieses war mit Gurten am Oberschenkel fixiert. Durch die Verlagerung des Gewichtes konnte der Drachen gesteuert werden. Die Gleitzahl des ersten Fluggerätes entsprach 1:3. Das bedeutet, dass bei einem Meter Höhenverlust drei Meter horizontale Strecke zurückgelegt werden. Der nächste Drachen konnte schon mehr Sicherheit bieten. In diesem war ein Liegegurt wie auch ein Rettungsschirm verbaut. Dabei ist der Pilot in einer Liegeposition am Oberkörper und den Knien unter dem Drachen befestigt. Auch die Gleitzahl erhöhte sich bei dem neuen Drachenflieger auf 1:13.
Die ersten Flüge
Die ersten Flugversuche absolvierte Herwig Schwarz auf einem kleinen Übungshügel, doch bald wollte er höher hinaus. Der Stöfflerberg bot damals, wie auch heute, den perfekten Startplatz. Der Pensionist erinnert sich an seinen ersten Flug: Vor allem, als es nach dem Start über 500m hinunter ging, spürte er die Angst. Diese legte sich aber recht schnell und was übrig blieb war die reine Faszination für das Fliegen. Die hielt so lange an, dass er über die Jahre mehr als 1500 Starts vom Stöfflerberg absolvierte.
Warum Drachenfliegen?
Früher war im Flugsport der Drachenflieger vorrangig. Dies änderte sich jedoch mit der Zeit. Heute findet man mehr Paragleiter als Drachenflieger in der Luft. Das hat vor allem auch etwas mit dem Gewicht zu tun. Die ersten Drachen wogen ca. 30 kg, waren sechs Meter lang und erreichten bis zu 100 km/h. Demgegenüber kommt der Paragleiter nur auf eine Geschwindigkeit von 45 km/h.
Ihre Erlebnisse beim Drachenfliegen
Trotz des Gewichtes von 30 kg und der Länge von sechs Metern ließen sich Herwig Schwarz und Heinz Stampfl nicht davon abhalten, einmal vom Hochwipfel zu starten. Nach einem anspruchsvollen Aufstieg wartete auf sie ein schwerer Start mit einem kurzen Anlauf von fünf Metern. Dieser gelang ihnen ohne Probleme und sie landeten, unter Verwendung des Drachenfliegers mit Sitzbrett und ohne Rettungsschirm, sicher in Kirchbach. Ein weiteres unvergessliches Erlebnis erwartete sie in Aviano (Italien). Aufgrund der Lage und des Aufwindes ist es dort kein Problem über sechs Stunden in der Luft zu bleiben.
Das Ende des Drachenfliegens
Bei einem seiner Flüge vom Stöfflerberg sah Schwarz kurz vor der Landung seine Frau Ulrike mit dem Kinderwagen und seiner Tochter darin spazieren gehen. Dies war der Moment, an dem er mit dem Drachenfliegen abschloss. Nach neun Jahren des Fliegens verabschiedete er sich vom Flugsport und griff nie wieder einen Drachen an. Auch heute würde er nicht mehr zurückkehren. Doch die Erinnerung an die schöne Zeit des Fliegens bleibt und wird durch die Paragleiter, welche heute bei uns zu sehen sind, noch aufrechterhalten. Wie sich das Fliegen über die Jahre hinweg verändert hat, könnt Ihr in der nächsten Ausgabe lesen.