Hermagor -
Herbert Kristler (52) arbeitet als Führungskraft bei der Firma Goldeck Textil. So ganz „nebenbei“ machte er vor kurzem den Doktor der Philosophie und kann seine Erkenntnisse vom Studium voll in das Unternehmen einbringen. Verheiratet ist der Hermagorer mit Barbara (52), sie arbeitet beim Psychologisch-Psychotherapeutischen Dienst der AVS und die beiden Töchter Chiara (22) sowie Irene (19) studieren.
Gailtal Journal: Über welches Thema haben Sie Ihre Dissertation (Doktorarbeit) geschrieben?
Herbert Kristler: Der Titel meiner Doktorarbeit lautet: „Innovation durch partizipatives Projektmanagement“ und untersucht die Dynamik von Partizipation (Einbeziehung der Mitarbeiter) bei der Entwicklung und Marktdurchdringung von Innovationen. In der heutigen Welt sind Innovationen ohne Partizipation nicht mehr verwirklichbar. Partizipation ist aber nur durch Führung möglich und ein Unternehmen, welches dies nicht kann, wird auf Dauer im Wettbewerb nicht bestehen.
Was bedeutet für Sie das abgeschlossene Doktoratsstudium?
Die Lernerfahrungen des Forschungsprozesses sind für mich als Person und als Führungskraft enorm wertvoll und veränderten mein „Mindset“. Ich konnte meine Management- und Führungskompetenzen erweitern und werde dadurch in den Organisationen, in denen ich tätig bin, besser wirksam sein.
Sie sind auch schon Diplom-Kaufmann und somit „Wirtschaftswissenschaftler“?
Die Betriebswirtschaftslehre sieht den Menschen vielfach nur als „Produktionsmittel“, sprich Maschine. Menschen haben zum Glück auch Gefühle, Emotionen, Bedürfnisse, unterschiedliche Kompetenzen und können mit manchen Kollegen besser und mit anderen eben schlechter. Ich sehe die Organisationsentwicklung als gruppendynamische Herausforderung und deshalb habe ich mein Doktorat im Fachbereich der Philosophie gemacht.
Viele kennen Sie noch sprichwörtlich als „Schuhverkäufer“ und Vertretung für die Masai-Barfuss-Technologie?
Ist doch schon eine Zeitlang her und als „Schuhverkäufer“ gründete ich damals mein Unternehmen als Generalimporteur für Italien der Masai-Barfuss-Technologie (MBT). Bis zum Jahr 2012 konnten ich und mein Team das Business erheblich entwickeln und generierten in Italien schlussendlich ein Drittel des gesamten Weltumsatzes dieser Schuhmarke. Als der bekannte ehemalige Skiläufer Klaus Heidegger ausstieg, ging das Eigentum in ausländische Hände über und ich verkaufte mein italienisches Unternehmen. Bis 2018 war ich dann als Geschäftsführer der HELLA Italien (Sonnenschutz von Gebäuden) tätig.
Sie arbeiten heute für die Firma Goldeck Textil GmbH. in Seeboden?
Ich leite und verantworte den Bereich der Produkte „Schlafen“ (Bettwaren GOLDECK Austria und Wasserbetten BluTimes) von der Produktentwicklung über die Produktion, das Marketing und den Vertrieb. So konnte ich bereits in der Praxis die Methodik der Interventionsforschung anwenden und es werden Lösungen erzielt, die den Mitarbeitern und den Unternehmen einen Nutzen stiften.
Was sagte Ihre Familie zu Ihren „Ambitionen“?
Meine Frau kannte die Herausforderungen schon durch mein erstes Studium der Betriebswirtschaftslehre, welche ich parallel zu meinem Beruf durchführte. Das Interesse nach Weiterbildung beruht jedoch auf Gegenseitigkeit, denn bei meiner Frau steht der Abschluss ihrer Ausbildung zur Psychotherapeutin (systemische Familientherapie) an. Unsere Ähnlichkeit betreffend der „professionellen“ Neugierde entschärft dieses familiäre Konfliktpotential. Ich bin ihr dafür sehr dankbar und gehe auch von einer positiven Vorbildwirkung für unsere Töchter aus.
Sie wohnen nach wie vor in Hermagor?
Durch meine beruflichen Aufgaben war ich mit unterschiedlichsten Kulturen in Kontakt und konnte zahlreiche, sehr schöne Länder und Städte intensiv kennenlernen. Dabei wurde mir immer bewusster, wie wertvoll mir meine Heimat, das Gailtal ist. Mit Heimat meine ich neben der Landschaft, dem Klima insbesondere die Menschen. Meine Freundschaften und die funktionierenden Systeme wie das Gesundheitswesen, die Administration und Justiz (Rechtssicherheit).
Abschließend noch ein „Tipp“ eines erfolgreichen Managers?
Mein „Tipp“: neugierig, wissbegierig und mental offen bleiben bringt uns weiter. Wie einen Kletterer, der durch das Höhersteigen von nur einem Zentimeter in einer schwierigen Wand einen neuen Griff sieht oder erreicht, der vorher scheinbar nicht da war!
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