Wenn die Schule zur Hürde wird: Trend zeigt Zunahme bei Schulverweigerung – Ursachen und Unterstützungsmöglichkeiten

Österreich -

Das Schuljahr steckt in seiner heißen Phase, letzte Prüfungen, Schularbeiten oder gar die Matura stehen an. Doch nicht alle Eltern beschäftigt der Lernstress ihrer Kinder, sondern eher die Tatsache, dass sich ihr Nachwuchs weigert, in die Schule zu gehen. Eine Situation, die nicht nur für die Schüler:innen selbst sehr belastend ist, sondern auch bei deren Eltern enormen Druck erzeugt.

Beratungen verdoppelt: Eltern melden sich häufiger, weil ihr Kind sich weigert, die Schule zu besuchen. Auch bei Jugendlichen selbst ist Schulverweigerung mehr und mehr Thema.

Besorgniserregender Anstieg bei Schulverweigerung: Zahlen und Trends

So ist bei der Zahl der Kinder, die den Unterricht nicht besuchen wollen, über die letzten Jahre eine rasante Zunahme spürbar, wie Beratungsgespräche von elternseite.at, dem Beratungsangebot von Rat auf Draht speziell für Eltern und Bezugspersonen, zeigen. Wurde bereits von 2022 auf 2023 ein Plus von 77,78 Prozent festgestellt, so hat sich die Zahl der Gespräche zum Thema Schulverweigerung mit einem Anstieg von 93,75 Prozent von 2023 auf 2024 auf 93 Beratungen fast verdoppelt. Im ersten Quartal 2025 bewegten sich die Zahlen weiterhin auf konstant hohem Niveau. „Tendenziell sind eher die 14 bis 17-Jährigen die Hauptzielgruppe, wie aus unseren Gesprächen mit betroffenen Eltern hervorgeht. Aber auch Jugendliche, die knapp vor der Matura stehen, finden sich unter den Schulverweigerer:innen. Gerade in letzter Zeit sind auch immer wieder Volksschüler:innen darunter“, weiß Barbara Binder, Psychotherapeutin und Beraterin bei elternseite.at, zu berichten. Auch bei den Jugendlichen selbst ist Schulverweigerung immer stärker Thema: „Wir verzeichnen auch bei der Notrufnummer 147 eine deutliche Steigerung der Gespräche“, sagt Birgit Satke, Leiterin des Beratungsteams von Rat auf Draht.

Mal „keinen Bock“ auf Schule ist normal

„Manchmal haben Kinder einfach keine Lust auf Schule und würden lieber zuhause bleiben. Diese gelegentliche Unlust kennen wir doch von uns selbst und sie ist völlig normal. Eltern sollten dann hellhörig werden, wenn sich das Kind regelmäßig oder länger andauernd weigert, in die Schule zu gehen. Eine Schulverweigerung tritt nicht plötzlich auf, sondern eher schleichend und schrittweise. Die Grenzen sind oft fließend“, sagt Binder. Verliert das Kind die Lust am Lernen, verweigert immer öfter das Aufstehen oder möchte häufig aus der Schule abgeholt werden, so sind dies erste Warnsignale. „Vielleicht fällt ihnen auch auf, dass ihr Kind unregelmäßig das Haus verlässt oder ihnen wurde schon gesagt, dass es oft zu spät kommt oder häufig fehlt“, so Binder.

Vielfältige Ursachen

Die Gründe, weshalb sich Kinder weigern, in die Schule zu gehen, sind sehr unterschiedlich: Schwierigkeiten mit Mitschüler:innen, Trennungsängste oder zu hoher Leistungsdruck können ebenso ursächlich sein wie Unterforderung, Probleme mit Lehrer:innen, Mobbing, familiäre Veränderungen, Versagensängste oder psychische Erkrankungen. „Es können auch Ängste oder psychische Belastungen dahinterstecken, die von den Eltern oft verkannt werden und sie versuchen mit Druck und Zwang die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Wir ergründen in den Gesprächen, gemeinsam mit den Eltern die Ursachen und bieten Lösungen an“, so Binder.

Wie Eltern richtig reagieren können

Generell raten die Expertinnen von elternseite.at dazu, sich in die Situation des Kindes hineinzuversetzen, Verständnis zu zeigen und Unterstützung zum gemeinsamen Lösen des Problems anzubieten. Vorwürfe sind fehl am Platz, denn für die Kinder selbst ist der Leidensdruck oft nicht zu unterschätzen. Auch ein Austausch mit dem Umfeld des Kindes und den Lehrkräften ist sinnvoll. Außerdem sollten Eltern auch ihr eigenes Verhalten kritisch hinterfragen, etwa ob sie einen zu hohen Leistungsdruck machen. Neben Veränderungen im Verhalten des Kindes sollten Eltern auch auf körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Magenprobleme oder Schlafstörungen achten. Sie können mit den Gründen für die Schulverweigerung zusammenhängen. „Am wichtigsten ist, an einem Strang zu ziehen und mit dem Kind zusammenzuarbeiten, um die Schulverweigerung zu lösen. Dafür benötigt es auch den Austausch mit der Schule“, so Binder. Wehrt sich das Kind auf Dauer heftig gegen die Schule oder will gar nicht mehr hingehen, so sollte zusätzlich psychiatrische oder psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch genommen werden, rät die Expertin.