AK Vollversammlung fordert: Ende der Gewalt an Frauen und Stärkung des Gewaltschutzes

Kärnten -

In Österreich ist fast jede dritte Frau von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen, mehr als jede Vierte Frau hat sexuelle Belästigung im Job erfahren. Erschreckende Zahlen untermauern den massiven Anstieg bei Gewalt an Frauen. Die Vollversammlung der AK Kärnten fordert per Resolution an Bund und Land: Ein starkes Gewaltschutzsystem, das insbesondere auch Frauen mit Migrationshintergrund schützt, finanzielle Absicherung für den Ausbau von Frauen- und Gewaltschutzeinrichtungen oder z. B. mehr kostenlose Therapiermöglichkeiten.


„Das Gewalt- und Aggressionspotential wurde durch die Pandemie und die gegenwärtige Teuerungsproblematik verstärkt. Alle Formen von Gewalt schränken das Leben der Frauen ein und bringen gravierende Folgen mit sich“, untermauert AK-Präsident Günther Goach Inhalte der Resolution, die am 1. Juni 2023 in der AK-Vollversammlung von allen Fraktionen verabschiedet wurde.

Gewalt an Frauen

Gewalt an Frauen – sei es psychisch, körperlich oder sexuelle – ist in Österreich allgegenwertig. Zunehmend sind es auch Gewaltformen, die auf wirtschaftlicher (Geldentzug) und sozialer Ebene (kein Zugang zu Informationen, Bloßstellen) erfolgen. Gewalt macht krank und hinterlässt oft über Jahre oder über ein ganzes Leben Spuren. Jedoch sind Therapiemöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen unzureichend. Ökonomische Abhängigkeiten, fehlendes Wissen über das Sozial- und Rechtssystem und/oder wenig Vertrauen in Polizei, Justiz und Behörden lassen viele Frauen schwer aus der Gewaltspirale entkommen.

Das bedeutet auch, dass die Gefahr, Opfer eines Frauenmordes zu werden, groß ist. „Gewaltabbau braucht die ökonomische Gleichstellung und ein Aufbrechen von Machtgefällen. Das Bewusstsein gegen Partnergewalt und Männergewalt in der Gesellschaft muss geschärft werden!“, fordert Goach.

Alle Formen von Gewalt schränken das Leben der Frauen ein und bringen gravierende Folgen mit sich“, untermauert AK-Präsident Günther Goach. (c) AK/Jost & Bayer

Traurige Studienergebnisse 

Aktuelle Ergebnisse der Prävalenzstudie „Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen in Österreich”, durchgeführt von Statistik Austria, bilden traurige Realitäten ab. In Österreich ist jede dritte Frau (rund 35 %) von körperlicher und/oder sexueller Gewalt in Beziehungen (erlebt ab dem Alter von 15 Jahren) betroffen. Mehr als jede vierte Frau (26 %) zwischen 18 und 74 Jahren, die erwerbstätig ist oder war, hat sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren. Mehr als jede fünfte Frau (rund 22 %) ist von Stalking betroffen.

Frauenmorde in Österreich

Frauenmorde in Österreich haben sich von 2014 bis 2018 verdoppelt. Im Jahr 2022 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik 29 Frauen – häufig von ihren (Ex-)Partnern oder Familienmitgliedern – ermordet. 2021 wurden 13.690 Betretungs- und Annäherungsverbote (Kärnten 814) ausgesprochen. Im gleichen Jahr wurden 22.039 Opfer familiärer Gewalt von den Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen aufgenommen. Österreichweit wurden insgesamt 3.018 Personen (1.498 Frauen und 1.520 Kinder) in den Frauenhäusern betreut. 81,3 % der Betroffenen waren weiblich, 90,4 % der Gefährder waren Männer.

Erschreckende Zahlen in Kärnten

In Kärnten wurden im Jahr 2022 129 Frauen und 96 Kinder in den Frauenhäusern in Klagenfurt, Villach, Lavanttal und in Oberkärnten aufgenommen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft verzeichnete 2020-2021 einen starken Anstieg an Anfragen: 4.962 Anfragen und damit fast 1.000 Anfragen mehr als in der Periode 2018-2019. Am häufigsten (1.975) betrafen die Anfragen Geschlechterdiskriminierung im Job, ein Drittel davon zu sexueller Belästigung. „Dies spiegelt sich auch in unserer Beratung wider“, so Goach und betont: „Anzügliche Worte, Gesten oder Nachrichten im Job sind leider keine Seltenheit mehr. Immer öfter bekommen wir Anfragen von Betriebsrätinnen und Betriebsräten, die uns einladen, zum Thema Belästigungen am Arbeitsplatz zu referieren und zu sensibilisieren.“

Die AK Kärnten fordert von der Bundes- und Landesregierung:

  • Gewalt muss früh erkannt und ernst genommen werden. Dafür braucht es eine gute Datenlage, um Gewalt(-strukturen) und Risikofaktoren in Beziehungen schnell zu erkennen. Es braucht auch mehr qualitative und quantitative Forschung zu den Gewaltursachen, insbesondere der Bedeutung von ökonomischer Abhängigkeit von Frauen.
  • Ein starkes Gewaltschutzsystem, das insbesondere auch Frauen mit Migrationshintergrund schützt. Entsprechend braucht es eine finanzielle Absicherung für den Ausbau von Frauen- und Gewaltschutzeinrichtungen.
  • Notwendig sind Schulungen der Justiz und der Exekutive in Bezug auf nachhaltigen Opferschutz, verstärkten Maßnahmenvollzug und Unterbringung.
  • Um das Männlichkeitsbild nachhaltig positiv zu verändern und die männliche Gewalt präventiv zu bekämpfen, müssen Männerberatungsstellen gewährleistet und finanziell abgesichert werden.
  • Kostenlose Therapieformen, um die Gewalterfahrungen verarbeiten zu können, fehlen. Die aktuellen Wartezeiten auf Psychotherapie auf Krankenschein beträgt 6 bis 8 Monate. Für Frauen mit Kindern braucht es Familienerholungswochen mit Therapiemöglichkeit.