“Der Lenker eines Fahrzeuges darf sich einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann.” Der Paragraph 9 der StVO ist eigentlich eindeutig. “Die Unfallstatistik zeigt leider, dass diese eindeutige Regelung zu häufig missachtet wird”, weist VCÖ-Sprecher Christian Gratzer auf eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria hin.
Im Schnitt wurde in Kärnten fast jede Woche eine Fußgängerin oder ein Fußgänger auf einem Schutzweg von einem Fahrzeug angefahren, macht der VCÖ aufmerksam. 49 Menschen wurden dabei verletzt, dreizehn davon schwer. Ein Schutzwegunfall endete sogar tödlich. Insgesamt war in Kärnten jeder fünfte Fußgängerunfall auf einem Schutzweg, so die VCÖ-Analyse.
Fehlertolerantes Verkehrssystem
“Wo Menschen unterwegs sind passieren Fehler. Deshalb muss ein Verkehrssystem so gestaltet werden, dass ein Fehler nicht die Gesundheit oder gar das Leben eines anderen Verkehrsteilnehmers gefährdet”, betont VCÖ-Sprecher Gratzer. Nötig ist deshalb ein fehlertolerantes Verkehrssystem.
Gerade für die wachsende Anzahl älterer Menschen ist es wichtig, dass es mehr Möglichkeiten gibt, eine Straße sicher überqueren zu können. Denn Umwege sind für ältere Menschen, beispielsweise mit Rollator, besonders beschwerlich. Es braucht daher mehr Schutzwege und diese sind sicher zu gestalten, stellt der VCÖ fest.
So ist das Umfeld von Schutzwegen so zu gestalten, dass Autofahrende eine gute Sicht auf Personen haben, die die Straßen überqueren möchten. Hier ist wichtig, dass auf Bundesebene das bestehende Halte- und Parkverbot vor Schutzwegen von derzeit fünf auf mindestens zehn Meter erweitert wird, stellt der VCÖ fest. Aufgrund des SUV-Booms, der zunehmenden Anzahl von Pick-Ups und Lieferwägen parken immer häufiger hohe Fahrzeuge vor Schutzwegen und verstellen damit die Sicht auf Fußgängerinnen und Fußgänger, die die Absicht haben, die Straße zu überqueren.
Wichtige Maßnahmen
Wichtig sind auch Maßnahmen, die die Aufmerksamkeit der Lenkenden erhöhen, wie das etwa in Begegnungszonen der Fall ist. Ablenkende Werbeschilder im Umkreis von Schutzwegen sind zu entfernen und es sind verstärkte Maßnahmen gegen Handy am Steuer nötig. Wer mit dem Handy am Ohr telefoniert, reagiert etwa eine halbe Sekunde verspätet. “Vor allem für ältere Menschen ist es wichtig, dass es erst gar nicht zu einem Unfall kommt.
Denn Seniorinnen und Senioren haben ein vielfach höheres Risiko bei einem Fußgängerunfall tödlich verletzt zu werden als Jüngere”, erklärt VCÖ-Sprecher Gratzer. Für Österreich zeigte eine VCÖ-Analyse, dass in der Gruppe der 20- bis 49-Jährigen einer von 100 Fußgängerunfällen tödlich endet. In der Gruppe der über 74-Jährigen fordern hingegen vier von 100 Fußgängerunfällen ein Todesopfer.
Weitere Faktoren
Ein weiterer Faktor, der bei Fußgängerunfällen über Leben und Tod entscheidet, ist die Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Ein Pkw, der bei Tempo 30 einen Anhalteweg von elf Metern hat, hat bei Tempo 50 mit fast 24 Metern einen doppelt so langen Anhalteweg und nach elf Metern noch ein Tempo von 49 km/h.
Wird ein Fußgänger mit diesem Tempo niedergefahren entspricht das einem Fall von fast zehn Meter Höhe, verdeutlicht der VCÖ. Deshalb sind in den Gemeinden und Städten Verkehrsberuhigung und Tempo 30 statt 50 wichtige Sicherheitsmaßnahmen.
Im Bundesländer-Vergleich weist Kärnten mit 48 Schutzwegunfällen nach dem Burgenland die zweitniedrigste Anzahl auf, informiert der VCÖ. Erschreckend die österreichweite Opferbilanz: 1.225 Menschen wurden bei Schutzwegunfällen verletzt und zwölf getötet.