Zwei Tage sind seit Veröffentlichung der neuen Gastro-Regelungen vergangen – und der Unmut in der Branche wird immer größer. Stefan Sternad, Obmann der WK-Fachgruppe Gastronomie, fasst die Stimmung zusammen: „Wir können es immer noch nicht fassen. Die Maßnahmen sind einfach nur absurd. Dementsprechend gereizt ist die Stimmung in den Betrieben.“ Würde man es nicht besser wissen, würde man das Ganze als schlechten Scherz oder Schildbürgerstreich abtun, „aber offenbar meint die Politik das ernst“.
Warum die neue Regelung völlig unpraktikabel ist:
- Überzogene Maßnahmen: Die Gäste dürfen nur im Freien sitzen, müssen aber trotzdem über einen negativen Covid-19-Test verfügen (FFP2-Maske und Zwei-Meter-Abstand gelten ohnehin). Damit wird deutlich über das Ziel hinausgeschossen: Studien belegen, dass die Ansteckungsgefahr im Freien wesentlich geringer ist als in geschlossenen Räumen.
- Benachteiligung: Weder in Handel, Gewerbe (ausgenommen körpernahe Dienstleister) oder irgendeiner anderen Branche wird von Kunden ein negatives Testergebnis verlangt – obwohl man sich hier meist in geschlossenen Räumen trifft. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Gastronomie hier dermaßen benachteiligt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird. Wer wird unter diesen Bedingungen beispielsweise auf einen schnellen Kaffee beim Innenstadtbummel gehen?
- Rentabilität: Für einen Großteil der Kärntner Gastronomiebetriebe wird sich das Aufsperren unter diesen Bedingungen kaum rentieren. Sie verfügen entweder über keinen oder einen zu kleinen Gastgarten.
- Witterung: Das Wetter ist ein enormer Unsicherheitsfaktor. Im besten Fall sind in den kommenden Wochen die Nachmittagsstunden für einen Aufenthalt im Gastgarten geeignet – sofern der jeweilige Gastgarten über direkte Sonneneinstrahlung verfügt. Bei Schlechtwetter werden die Plätze wohl leer bleiben: Kaum jemand wird bei Wind, Regen oder kühleren Temperaturen im Freien sitzen wollen.
- Mitarbeiter: Sollen Dienstnehmer künftig nur bei Sonnenschein beschäftigt und bezahlt werden? An regnerischen Tagen oder bei einem Wetterumschwung, wie es im Frühling nicht unüblich ist, werden die Gastgärten leer sein – und es wird keine Arbeit für die Gastronomie-Mitarbeiter geben. So viel Flexibilität kann weder von Betrieben noch von ihren Beschäftigten erwartet werden.
- Chaos: Es wird offenbar weiterhin die Regelung gelten, dass im 50-Meter-Umkreis keine Speisen und Getränke konsumiert werden dürfen. Gleichzeitig öffnen die Gastgärten. Betriebe stehen außerdem vor der Frage, ob sie künftig weiterhin Take-away anbieten oder auf den Gastgarten setzen wollen. Beides wird zu Spitzenzeiten personaltechnisch kaum bewältigbar sein.
Das Fazit des Fachgruppenobmanns: „Kärntens Gastronomie ist von diesen halbgaren Entscheidungen enttäuscht. Wir haben uns einen klaren Zeitplan erwartet. Bekommen haben wir unlösbare Aufgaben, die unsere Betriebe in eine noch schwierigere Situation bringen.“ Das sehen tausende Unternehmerinnen und Unternehmer ebenso. Das sagen Stimmen aus der Wirtschaft:
- „Ich habe mir von der Politik eine klare Ansage erwartet. Jetzt haben wir eine Regelung, die völlig praxisfern ist und unseren Betrieben überhaupt nichts bringt. Was sollen wir unseren Mitarbeitern sagen, die schon seit Monaten zuhause sind und verzweifeln?“
Karin Wallner, Wallnerwirt, Arnoldstein
- „FFP2-Maske, zwei Meter Abstand und negatives Testergebnis: Wenn wir die Gastgärten unter diesen Bedingungen öffnen, werden die wenigen Gäste dort vereinsamen.“
Nikolaus Riegler, Hirter Bier
- „Für die Gastronomie ist diese Regelung ein betriebswirtschaftlicher Supergau. Wir sind künftig abhängig von Wind und Wetter, es gibt überhaupt keine Planbarkeit. Ich erwarte mir von der Politik logische, nachvollziehbare und einheitliche Regelungen. Diese Gastgarten-Regelung ist aber das genaue Gegenteil davon. Man kann die Gastronomie nicht ein- und ausschalten wie einen Lichtschalter, wir brauchen klare und sinnvolle Rahmenbedingungen.“
Franz Huditz, Villa Lido, Klagenfurt