Aufnehmen, verarbeiten und umsetzen

Hermagor / Bozen -

Universitätsprofessor DI Dr. Oswin Maurer (62) stammt aus Möderndorf bei Hermagor und ist Dekan für Wirtschaftswissenschaften an der Freien Universität Bozen. Der Gailtaler war viele Jahre im Ausland unterwegs und es waren spannende Jahre. Seine Frau Kerstin Maurer-Rogy stammt auch aus Hermagor, hat ebenfalls studiert und es gibt drei Kinder. Aktuell arbeitet er am Themenschwerpunkt „Nahrungsmittelkonsum“.

Der gebürtige Gailtaler ist federführend an der unibz in Bozen tätig

Gailtal Journal: Sie sind Dekan (Vorsteher) der Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der UNI in Bozen (Südtirol)?

Oswin Maurer: Seit 2015 bin ich wieder Dekan, nachdem ich schon in den „Aufbaujahren“ 2005 bis 2009 hier tätig war. Ich hatte die Möglichkeit sie international aufzustellen, sowohl strategisch als auch personell und vom Studienangebot her. Im Mittelpunkt stehen Studierende, Professoren, administrative Mitarbeiter und Stakeholder. Wir unterscheiden uns von anderen wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten und es gibt intensiven Kontakt auf allen Ebenen und mit allen Beteiligten. Die freie Universität Bozen ist dreisprachig: englisch, deutsch und italienisch. Dies stellt hohe Anforderungen an Studierende und Professoren, die alle aus einem internationalen Umfeld kommen.

Wie viele Personen gehören zu Ihrem Tätigkeitsbereich?

Insgesamt gibt es etwa 1200 Studierende, ein Viertel der Gesamtzahl an der unibz.Unser größtes Programm hat je Jahrgang 150 Studierende, wir wollen nicht nur „lernen“ ermöglichen, sondern unsere Philosophie ist „studieren“. Mit über 120 Professoren, davon über 50 permanent und 70 Gastprofessoren, beträgt die Verhältniszahl 1:10, diese wird sonst nur an internationalen Top Universitäten erreicht. Die Freie Universität Bozen nimmt auch keine Studiengebühren, zu entrichten ist nur der in Italien vom Staat vorgeschriebene Studienbeitrag. Die Funktion eines Dekans ist heute vergleichbar mit der Leitung eines mittleren Unternehmens, welches auch im Ausland aktiv ist.

Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?

Sie liegen in mehreren Bereichen: den Hauptanteil nimmt Forschung ein, gefolgt von administrativen Aufgaben als Dekan, von Lehre und Pflege der Außenkontakte (lokal, national und international). Ursprünglich war meine Forschung im Bereich „Agribusiness“ angesiedelt, es geht um die gesamte Wertschöpfungskette von Acker/Feld bis zum Teller. Ein Ansatz, der ja derzeit in Österreich sehr populär ist. Quasi ein Nebenprodukt meiner Arbeit war, dass ich über Broschüren und Bücher für Landwirte die Direktvermarktung ab 1983 bereits auf breiter Ebene angestoßen habe. Trotz des Verbots durch das damalige österreichische Marktordnungsgesetz.

Aktuelles Thema: Nahrungsmittelkonsum?

Wir versuchen herauszufinden, welche Faktoren zur Lebensmittelverschwendung führen. Ein interessanter Bereich ist hier der Tourismus, mit Buffets in Hotels und Restaurants. Es geht darum, die Verhaltensweisen von Menschen vor Ort, z. B. an Frühstücksbuffets zu beeinflussen, die Effekte zu analysieren und aus diesen Experimenten konkrete Maßnahmen für Hotels und Restaurants zu entwickeln, welche Lebensmittelverschwendung reduzieren. Die Kundenzufriedenheit soll darunter aber nicht leiden und Ziel ist es, dies durch einfache Maßnahmen zu erreichen.

Sie waren auch jahrelang im Ausland unterwegs?

Die Lehrjahre waren sehr wichtig für mich, nach zwei Jahren Wien zuerst Deutschland, dann mit 36 Jahren eine erste Professur in Kopenhagen und mit
38 ein Lehrstuhl an der University of New England in Australien. Nicht einfach, aber immer spannend und herausfordernd. Neues aufnehmen, verarbeiten und danach entsprechend umsetzen. Vor allem Australien war für mich wichtig, ein komplett anderes System, andere Strukturen und Herangehensweisen, eine andere Kultur. Erfahrungen, die mir im internationalen, multikulturellen Umfeld in Bozen sehr genützt haben.

Wie oft kommen Sie noch in Ihre Heimat?

Vor Corona mehrmals im Jahr, seit Corona kaum noch, da Reisen nicht möglich sind. Arbeiten werde ich voraussichtlich noch bis zu meinem 70. Lebensjahr, da Professoren in Italien dazu verpflichtet sind. Ob ich irgendwann wieder ins Gailtal zurückkehre, hängt von einigen Faktoren ab. Abgeneigt bin ich aber sicherlich nicht. Ich lade alle Maturanten im Gailtal ein, sich meine Fakultät und ihr Studienangebot anzuschauen. Dreisprachig und international auf Top-Niveau, mit den höchsten Beschäftigungsquoten für Absolventen. Da wir eine offene Fakultät sind, kann mich auch jeder Leser per E-mail gerne kontaktieren: omaurer@unibz.it