„Der Klimawandel hat uns die heurige Ernte im wahrsten Sinne des Wortes verhagelt. Die Hagelschäden sind mit 10 Millionen Euro fast doppelt so hoch wie im Vorjahr. Statistisch gesehen hatte fast jeder zweite Bauer einen Hagelschaden zu verzeichnen“, zieht LK-Präsident Siegfried Huber Bilanz über die Ernte des Jahres 2023. Zu den schlechten Erträgen – zu denen neben den Unwettern im Sommer auch das sehr nasse und kalte Frühjahr beigetragen hat – ist die Ernte 2023 geprägt von hohen Kosten für Saatgut, Düngemittel, Energie und gleichzeitig stark gesunkenen Preisen auf den Agrarmärkten. So ist der Preis für Getreide im Vergleich zum Vorjahr um rund 40% zurückgegangen. „Wenn eine schlechte Ernte auf hohe Produktionskosten und gleichzeitig niedrige Erzeugerpreise trifft, ist das wenig überraschende Ergebnis, dass Kärntens Ackerbauern im Jahr 2023 ein starkes Minus einfahren werden“, fasst Huber die Lage zusammen und betont, dass diese Situation derzeit fast alle Zweige der Kärntner Landwirtschaft betrifft.
Inflationsanpassung und Steuerentlastung gefordert
Kärntens Bauernvertreter sehen angesichts der tristen Lage die Bundesregierung in der Pflicht, den bäuerlichen Betrieben unter die Arme zu greifen: „Während andere Berufsgruppen heuer mit guten Lohnabschlüssen rechnen können, wird das Einkommen der meisten Bauern sinken. Die Bäuerinnen und Bauern brauchen aber ein entsprechendes Einkommen, um mit ihren Familien ein Auskommen zu finden und dringend notwendige Investitionen finanzieren zu können“, stellt LK-Präsident Huber im Namen aller in der LK Vollversammlung vertretenen Fraktionen klar. Konkret fordert die LK eine Inflationsanpassung bei den Ausgleichszahlungen, Entlastungen bei Steuern und Abgaben und die Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel in der Gastronomie.
Spätere Ernte, geringere Erträge und massive Ausfälle
DI Erich Roscher, Leiter des Referats Pflanzliche Produktion in der LK Kärnten, fasst die wichtigsten Auswirkungen der diesjährigen Wetterkapriolen zusammen: schwierige Anbau- und Wachstumsbedingungen, eine verspätete Heuernte im Grünland, eine verregnete Getreideernte und eine um 3 bis 4 Wochen spätere Ernte bei Mais und Soja.
Die Getreideernte dürfte heuer um etwa 6% geringer ausfallen als im langjährigen Mittel, die Maisernte sogar um 12%. Die Sojabohnenernte liegt im Durchschnitt der letzten Jahre.
In puncto Gemüse fiel die Ernte heuer mit 1200 Tonnen um etwa 10% schlechter aus als im Vorjahr, Hauptursachen dafür waren vor allem Staunässe sowie die häufigen Hagelschläge. Enttäuschend verlief die Ernte heuer bei Ölkürbissen, so konnten im Schnitt nur 450kg Kürbiskerne pro Hektar geerntet werden anstatt wie üblich zwischen 700 und 1000 kg.
Geradezu desaströs verlief die heurige Obsternte. Im Streuobstbau gibt es einen 80%igen Ernteausfall, im Intensivobstbau beträgt dieser auch noch etwa 30%. Hauptursachen dafür waren der Frost und das kalte Blühwetter im April und Mai. Vor allem Marille, Kirsche und Zwetschke waren davon betroffen.
Im Weinbau verursachte der Hagel regional große Ausfälle. Dort, wo die Rebstöcke verschont geblieben sind, ist aber angesichts des spätsommerlichen Wetters im September und der ersten Oktoberhälfte mit einem qualitativ guten Jahrgang zu rechnen.
Dramatischer Preisverfall bei Getreide
Geringere Erntemengen, schlechtere Qualitäten und Turbulenzen auf den internationalen Märkten prägen die diesjährige Getreideerntebilanz. DI Rudolf Grünanger, Gremialobmann des Agrarhandels in der Wirtschaftskammer Kärnten: „Die Getreideernte 2023 fiel in Kärnten buchstäblich ins Wasser“, resümiert Grünanger. Im Gegensatz zum restlichen Österreich liegen die mengenmäßigen Erträge unter dem langjährigen Durchschnitt. Dazu kommt, dass witterungsbedingt auch bei den Qualitäten erhebliche Einbußen zu verzeichnen sind. Dementsprechend sank auch der Anteil des Brotgetreides. Was die Situation für die Bäuerinnen und Bauern noch erschwert, ist die Tatsache, dass es auf den internationalen Märkten extreme Preisstürze bei Getreide gab, die natürlich auch in Österreich niederschlugen. Und das bei stark gestiegenen Betriebsmittel- und auch Trocknungskosten. So mussten heuer – laut Zahlen der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Klagenfurt-St. Veit-Rosental – 90% des Getreides aufgrund der nassen Witterung nachgetrocknet werden, während dies im Vorjahr nur bei etwa 5% der Fall war. Grünangers Empfehlung für die Landwirte: „Neben der Hagelversicherung mildert die Vielfalt der Kulturen am bäuerlichen Betrieb das Risiko. Die Preisvolatilität kann aktiv im Rahmen von Vertragsanbau, Lagerhaltung, unterschiedlichen Abschlusszeitpunkten oder Börsenabsicherung eingegrenzt werden.“
Ablehnung der EU-Stilllegungsverpflichtung von 1.800 Hektar Acker
Mit Blick auf die kommende Anbausaison geht der LK-Präsident scharf ins Gericht mit einer Vorgabe der EU, dass ab nächstem Jahr europaweit 4% der Ackerflächen stillgelegt werden müssen. In Kärnten würde dies rund 1.800 Hektar betreffen – eine Fläche im Ausmaß von rund 2.500 Fußballfeldern. „Während die EU ständig neue Freihandelsabkommen abschließt und immer mehr Lebensmittel aus Übersee importiert werden, müssen die heimischen Bauern ihre Flächen stilllegen. Das ist angesichts von Krieg und Klimawandel völlig unverständlich“, kritisiert Huber und verlangt, dass die EU ihre Stilllegungsstrategie überarbeitet und zumindest die Produktion von Eiweißpflanzen wie Soja oder Ackerbohnen zulässt, da Europa diese Früchte großteils importieren muss. „Daheim zu produzieren ist besser als Krisen zu importieren“ fasst Huber die Linie der LK Kärnten zusammen.