Ein Betrieb der bei Null begann
In Deutschland angekommen, besichtigte die 30-köpfige Jungzüchtergruppe den Betrieb Möck Milch GbR in Weihenzell. Dort erhielten die Jungzüchter einen exklusiven Einblick in die Betriebsabläufe. Ein Highlight war die Verkostung frisch zubereiteter Wagyu Burger aus hofeigenem Fleisch gleich zu Beginn. Mit einer imposanten Herde mit mehr als 1200 Rindern und 800 Embryonentransfers im Jahr ist die Größenordnung im Vergleich zu Österreich enorm. Doch die Herde war anfangs „nur“ 40-köpfig.
Kein leichter Start
„Wir hatten keinen leichten Start nach der Hofübergabe, die Schwiegereltern hatten (durch Generationenkonflikt) nochmals die ganzen Tiere verkauft und so mussten wir bei 0 beginnen. Aber uns war immer klar, dass wir die Landwirtschaft weiterbetreiben möchten“, so die Hofbesitzer.
Lokale Verarbeitung
Die Herde von Armin Nürnberger besteht vorzugsweise aus Holstein-Rindern und unter anderem auch aus Jersey und Wagyu. Bei etwa 80% der Milchkühe werden Embryonen eingesetzt, das ist ein Standbein des Betriebes. Was besonders zum Nachdenken anregte, dass das Schlachtvieh direkt am Betrieb in normaler Umgebung geschossen und zur nahegelegenen Metzgerei transportiert wird, um lange Wege zu vermeiden und die lokale Verarbeitung sicherzustellen.
Die Arbeit ist klar aufgeteilt
Armin Nürnberger kümmert sich um Biogas und Ackerbau, während das Herdenmanagement in den Händen von Manuel Gärntner liegt. Eine eigens entwickelte App unterstützt bei der Verwaltung. „Besonderes Augenmerk wird auf das Wohlergehen der Tiere gelegt, mit ruhiger Atmosphäre im 2x 24er Side-by-Side Melkstand (maximal zwei Melker gleichzeitig) und regelmäßiger Klauenpflege vor Ort“, so der Herdenmanager. Die Möck Milch GbR zeichnet sich durch klare Strukturen, Nachhaltigkeit und ein starkes Engagement für das Wohlergehen der Tiere aus, mit verschiedenen Standbeinen wie Landwirtschaft, Biogas und Photovoltaik. Ende April findet am Hof eine Frühlings-Auktion mit mehr als 40 Tieren statt, welche man auch Online verfolgen kann.
Der Tag klang mit einer Runde Bowling und einem Lasertag-Abenteuer aus, so konnte die Gemeinschaft weiter gestärkt werden.
Tradition zählt!
Nach einem spannenden ersten Tag wurde am Samstag die Brauerei Spalter besucht. Seit 1540 braut sie hochwertiges Bier und hat sich einen Namen für exzellente Qualität gemacht. Der Hopfen stammt von Nebenerwerbsbauern und wird bei der Hopfengenossenschaft gelagert. Das Brauwasser ist von bester Qualität aus einem eigenen Tiefbrunnen. Die Brauzeit beträgt etwa 1-2 Stunden, gefolgt von einer Gärung von 8-10 Tagen. Die Brauerei produziert jährlich 80.000 Hektoliter Bier, darunter untergärige und obergärige Sorten sowie Limonaden und Spezialitäten. Mit einer beeindruckenden Abfüllkapazität von 15.000 Bierflaschen pro Stunde beliefert sie Kunden bis zu 100-150 km Entfernung, sogar bis nach Rom. Die Brauerei Spalter verbindet Tradition mit Fortschritt, und von der Qualität der Biere konnten wir uns bei der anschließenden Verkostung selbst überzeugen.
Leidenschaft schafft
Der Familienbetrieb Gamperl, geführt von Josef Senior und Josef Junior, befindet sich derzeit in der vierten Generation. Von bescheidenen Anfängen mit nur 10 Kühen hat sich der Betrieb stetig weiterentwickelt. Heute beherbergt er 200 Milchkühe, von denen 180 gemolken werden. Der Betrieb erstreckt sich über 100 Hektar, wovon 50 im Eigenbesitz sind und der Rest gepachtet ist. Fast alle Futtermittel werden selbst angebaut, zusätzlich werden 10 Hektar Mais zugekauft. Im Jahr 2019 wurde eine Biogasanlage installiert, die zu 80% mit Gülle befüllt ist. Die Kühe sind in zwei Gruppen aufgeteilt: die Altmelkergruppe mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 28 Litern und die Frischmelkergruppe mit durchschnittlich 34 Litern. Die Kühe sind Rinder der Rasse Fleckvieh mit einem Erstkalbealter von 27 Monaten. Die Melkarbeit wird durch das Melkkarussell erleichtert. Die Wahl des Melkkarussells wurde aufgrund seines kleinen Radius, der Kompaktheit und der einfachen Handhabung sowie der Langlebigkeit getroffen.
Die Biogasanlage bietet nicht nur eine effektive Entsorgung von Gülle, sondern auch eine wertvolle Düngewirkung, die den Bedarf an Mineraldünger reduziert. Bei Familie Gamperl erlebten die Jungzüchter eine Mischung aus Tradition, Innovation und Liebe zum Tier, die einfach beeindruckend war.
Rinderschau der Superlative
Nach einem langen und interessanten Tag stand am Abend die Rindernightshow in der Schwabenhalle in Wertingen am Programm. Alle zwei Jahre treffen sich die Jungzüchter in dieser Halle zu ihrer bayerischen Landesschau mit den Rassen Braunvieh, Holstein und Fleckvieh. Mittlerweile zählt sie zur größten Tierschau Bayerns und ist vor allem für ihre Aftershowparty bekannt. Vor der Abendveranstaltung findet ein Wettbewerb für die jüngsten Mitglieder mit ihren Kalbinnen und Kälbern statt.
Gespannt schauten die Jungzüchter den Vorführern und Ihren Kühen zu und verfolgten die Entscheidungen von Richter Eike Spangenberg. Als die Gesamt-Champions der einzelnen Rassen verkündet wurden, war die Schwabenhalle bis zum letzten Platz voll.
Qualität und Leidenschaft für die Fleischproduktion
Der Betrieb der Familie Delle, geführt von Bernhard Delle, einem Metzger und Landwirt, beeindruckt durch seine klare Vision: Fleisch muss nicht nur gut sein, sondern auch eine Geschichte erzählen. Angefangen mit einem Stall und 35 Hektar Land, konzentrierte sich der Betrieb zunächst auf die Fleischproduktion, entwickelte sich jedoch schnell zu einer Aberdeen Angus-Zucht. Heute bewirtschaftet der Betrieb 700 Hektar Land, auf dem 160 Weidetiere gehalten werden. Besonderes Augenmerk wird auf die Qualität des Fleisches gelegt, insbesondere auf die Marmorierung. Seit 18 Jahren setzt die Familie Delle statt Zuchtbullen auf die Verwendung von Embryonen oder künstlicher Besamung in ihrer Angus-Zucht. Diese moderne Reproduktionstechnologie ermöglicht ihnen eine gezielte Auswahl genetisch hochwertiger Tiere zur Maximierung der Zuchtziele.
Reduzierung von Stress steht im Fokus
Eine sorgfältige Selektion nach Charakter und die Reduzierung von Stress stehen im Fokus. Die Bewirtschaftung umfasst auch Ackerbau für Winterfutter und Mais als Puffer. Die Familie Delle engagiert sich stark in der Kundenkommunikation und Vermarktung. Mit Barbecue-Partys, Dry-Aged-Verkostungen und Direktvermarktung auf Wochenmärkten wollen sie das Bewusstsein für hochwertiges Fleisch stärken. Herr Delle ist nicht nur in seiner Heimat aktiv, sondern auch international, insbesondere in Rumänien. Dort hat er einen Verband mit über 1600 Mitgliedern und über 121.000 Verbandstieren gegründet. Trotz seiner internationalen Aktivitäten schätzt er die heimische Parklandschaft und die Zusammenarbeit mit der Natur. Die Qualität des Fleisches konnte direkt im hauseigenen Restaurant getestet werden und überzeugte durch Geschmack und Zartheit.
Abwechslungsreicher Ausflug
Mit vollem Magen, müde aber glücklich wurde die Heimreise angetreten. Alles in allem war es ein gelungener, intensiver aber auch abwechslungsreicher Ausflug, der die Landwirtschaft mit all ihren Facetten in anderen Dimensionen präsentierte.
Text: Julia Klammer & Melanie Pirker