Sommerferien als Stresstest: Warum die Betreuungslücken viele Eltern an ihre Grenzen bringen

Österreich -

Neun Wochen Sommerferien – aber keine neun Wochen Urlaub: Was für Kinder eine unbeschwerte Zeit voller Freizeit bedeutet, wird für viele Eltern jedes Jahr aufs Neue zur organisatorischen und finanziellen Herausforderung. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und Familien mit Kindern mit Behinderung. „Mehr als ein Viertel der Eltern weiß nicht, wie sie eine durchgehende Betreuung im Sommer sicherstellen sollen“, warnt Christa Hörmann, geschäftsführende Bundesfrauenvorsitzende des ÖGB. Die Folgen reichen von massiven Planungsproblemen über Stress im Familienalltag bis hin zu gesundheitlichen Belastungen – viele geraten im Sommer schlichtweg an ihre Grenzen.

Suche nach leistbarer Ferienbetreuung bringt viele Eltern ans Limit: ÖGB-Frauen fordern Sommerbetreuungsgipfel und flächendeckende, leistbare Kinderbetreuungsangebote

Betreuungslücke im Sommer: Große Last für viele Familien

Ein zentrales Problem ist die mangelnde Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Betreuungsangeboten. Die Öffnungszeiten von Kindergärten und Horten variieren stark zwischen den Bundesländern. Während in Wien viele Einrichtungen nur rund zwei Wochen im Sommer geschlossen sind, müssen Eltern in Vorarlberg mit bis zu 65 Schließtagen rechnen – ein enormer Unterschied, der Familien im Westen deutlich stärker belastet. Auch die Kosten sind ein Hindernis: Feriencamps kosten laut AK-Schulkostenstudie im Schnitt 415 Euro pro Woche und Kind. Für viele Haushalte ist das finanziell kaum tragbar – die allgemeine Teuerung verschärft die Situation zusätzlich. Die Folge: Eltern müssen in Eigenregie Lösungen finden. Laut Arbeiterkammer planen 81 Prozent der Familien die Sommerferien bereits im Juni komplett durch, doch vier von zehn haben dabei große Schwierigkeiten. In rund sechs Ferienwochen übernehmen Eltern oder ihr privates Umfeld – etwa Großeltern oder Freunde – die Betreuung. Das geht häufig auf Kosten von Erholung, Einkommen oder sogar der eigenen Gesundheit. Besonders belastend ist das für Alleinerziehende, die keine Betreuungsmöglichkeiten im Familienkreis haben.

ÖGB-Frauen fordern Sommerbetreuungsgipfel

Angesichts dieser dramatischen Lage fordern die ÖGB-Frauen einen „Sommerbetreuungsgipfel“, bei dem endlich konkrete Lösungen erarbeitet werden. Für Christa Hörmann ist klar: „Es braucht bundesweit einheitliche Mindeststandards bei Öffnungszeiten und Schließtagen sowie kostenlose ganztägige Ferienangebote. Außerdem müssen spezielle Programme für Kinder mit Behinderung flächendeckend zur Verfügung stehen.“ Der jährliche Betreuungskampf dürfe nicht länger auf dem Rücken der Familien ausgetragen werden – hier sei die Politik gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Ein gemeinsamer Gipfel aller relevanten Akteur:innen könnte der Anfang sein, um tragfähige Lösungen zu entwickeln.

Kinderbetreuung als öffentliche Aufgabe und Schlüssel zur Gleichstellung

Kinderbetreuung darf aus Sicht des ÖGB keine Privatsache mehr sein. Sie ist ein zentrales Element der öffentlichen Infrastruktur – und damit eine gesellschaftliche Aufgabe. „Wenn wir echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen wollen, müssen wir endlich auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen“, so Hörmann. Als zusätzliche Maßnahme zur Entlastung der Eltern regt sie die Einführung einer sechsten Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer:innen an. Beispiele wie die Summer City Camps in Wien oder die ganztägige Sommerschule im Burgenland zeigen, dass funktionierende Betreuungskonzepte sehr wohl möglich sind – vorausgesetzt, es gibt den politischen Willen dazu.