Gailtals flotte Bäuerin:

Tausche Kehrbesen gegen Melkgeschirr!

Gailtal -

Ein flotter Kurzhaarschnitt in einem kräftigen Herbstton, so präsentiert sich die moderne Bäuerin von heute. Von wegen Kopftuch! Lydia Muster (38) tauschte vor gut einem Jahr ihr gelerntes Handwerk gegen die Arbeit in der konventionellen Landwirtschaft – nicht zuletzt wegen dem attraktiven Bauern Josef Striedner aus Micheldorf.

Lydia Muster und Josef Striedner (vlg. Zuschlag) bei ihrer täglichen Arbeit im Stall. Sie könnten sich beide beruflich keine schönere Herausforderung vorstellen

Dass die Zeiten immer schwieriger werden, zeigt uns leider die aktuelle Situation. Wohnung und Job zu kündigen und in den zweiten, unbekannten Lebensabschnitt zu schlittern, bedarf großen Mutes. Aber mit dem richtigen Partner an ihrer Seite, nahm die quirlige Mutter zweier Jugendlicher die Herausforderung an und wechselte ins nächste Abenteuer. Bauer Josef hingegen kennt schwierige Zeiten nur zu gut. Als er 25 Jahre alt war, verstarb seine liebe Mama Margit nach kurzer und schwerer Krankheit. Noch heute sind sein Vater Josef sowie seine Geschwister und Neffen für den damaligen Jungbauern eine große Stütze. Denn damals lag es alleine an ihm, ob ein Weiterführen der 50 Stück Vieh gelingen würde. Er hat es geschafft: 2021 feiert er mit seiner Vollerwerbstätigkeit sein 20-jähriges Jubiläum.

Rauchfangkehrer bringen nicht nur Glück

Es ist kein Aberglaube, im Falle der beiden Naturfreunde ist daraus wahre Liebe geworden. Schon beim Kehren dachte sich die flotte Meidl-Angestellte damals: „Das is aber a fescher Kerl“. Lang hat es dann nicht gedauert und aus der fernen Bekanntschaft wurde ein inniges Pärchen. Drei Jahre sind die beiden nun im Stall sowie auch privat vereint; sieben Tage die Woche, feiertags, Weihnachten – rund um die Uhr.

Neustart

Bauer Josef (44), gelernter Tischler, schwärmt im Interview über seine Freundin, so habe sie doch einen bemerkenswerten Zugang zu den Tieren, insbesondere den Kälbern entwickelt – war sie doch auch bei fast jeder Geburt mit dabei. Auch das frühe Aufstehen morgens um halb sechs, das Füttern, der Melkstand und das Ausmisten machen der Neo-Bäuerin wenig Mühe. „Ich hätte mir in jungen Jahren nie ein Leben an der Seite eines Landwirten vorstellen können“, erzählt sie heute stolz.

Das Großziehen der Kalbalan liegt der flotten Lydia besonders am Herzen

Stallarbeit

Derzeit kümmern sich die beiden um gesamt 70 Stück Vieh, davon 35 Milchkühe, deren Milch jeden zweiten Tag zur Kärntner Milch gebracht wird. Heuer haben bereits 25 Kälber das Licht der Welt erblickt. Ihre Namen kennt die Bäuerin natürlich alle auswendig. „Es war uns bewusst, dass die Arbeit nicht weniger wird, aber wir sind diesen Schritt zielstrebig eingegangen.“ Lydia könnte sich sogar ein Aufstocken der Stückzahl vorstellen, sie ist voll ins landwirtschaftliche Leben integriert und motiviert zudem.
Respekt vor einer jungen, mutigen Frau, die Zeit für eine Veränderung zu erkennen und auch den wichtigen Schritt zu gehen. „Einer der schönsten Aufgaben in meinem Leben neben meinen Kindern, das hätte ich mir früher nicht erträumt“, schließt Lydia Muster mit einem Glänzen in den Augen ab.