Tressdorf -
Ab 1. September weht „frischer Wind“ in der Pfarrgemeinde Treßdorf. Veronika Ambrosch (47), Theologin (Religionslehrerin), vierfache Mutter und neuerdings auch Pfarrerin mit einer eigenen Pfarrgemeinde, wurde einstimmig von der gemeinsamen Gemeindevertretung der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Tressdorf und A.B. Rattendorf zu ihrer Pfarrerin gewählt. Erfahrung hat die sympathische Wahl-Gailtalerin bereits genug sammeln dürfen, unterstützte sie doch ihren Mann Reinhard, der seit dem 1.9.2010 als Pfarrer in Hermagor und Watschig tätig ist.
Gailtal Journal: Frau Ambrosch, Sie sind die neue Pfarrerin der Ev. Pfarrgemeinde A.B. Treßdorf und der Tochtergemeinde Rattendorf. Für alle, die Sie nicht kennen: Wie ist Ihr bisheriger beruflicher Werdegang?
Ambrosch: Mein Name ist Veronika Ambrosch, ich bin gebürtige Südafrikanerin, habe evangelische Theologie und Musik in Köln, Wien, Heidelberg und Bonn studiert. Ich war im Laufe meines Berufslebens bereits in vier verschiedenen Pfarrgemeinden (davon drei im Rheinland/Deutschland) als Pfarrerin und Seelsorgerin, sowie als Religionslehrerin an der NMS Hermagor tätig.
Alle 35 Mitglieder der beiden Gemeindevertretungen stimmten für Sie – was sagen Sie zu einem solchen überragenden Ergebnis?
Ich war – und bin immer noch – absolut überwältigt! Ich möchte mich an dieser Stelle bei euch, „meine“ liebe GemeindevertreterInnen, aufs Herzlichste für euer Vertrauen bedanken! Ich hoffe, ich werde euch nicht enttäuschen! Gemeinsam dürfen wir nun also am Reich Gottes schon hier und jetzt bauen!
Welche sind Ihre ersten Pläne und Visionen, die Sie für Ihre Pfarrgemeinden, die sich vom Lesachtal bis nach Rattendorf erstrecken, umsetzen möchten?
In meinem Vikariat (praktische Ausbildung von drei Jahren nach dem Theologiestudium) von 1999-2002 in einer Pfarrgemeinde am Land im Westerwald habe ich von meinem damaligen Mentor gelernt: „Veronika, wenn du neu in eine Pfarrgemeinde kommst, schau dir erst einmal liebevoll und wohlwollend ein Jahr (sprich ein Kirchenjahr mit all seinen festen Abläufen und Riten) an, führe fort, was eh schon gut läuft in der Pfarrgemeinde, und setze dann in deinem zweiten Amtsjahr eigene Schwerpunkte, gehe diese aktiv, konstruktiv, aber realistisch an.“ Ich bin gespannt!
Hat man als Pfarrerin auch mit Vorurteilen zu kämpfen?
Nein, ganz im Gegenteil! Bislang hatte ich nahezu immer das große Plus, dass ich eine Frau bin, dass ich bei all den ökumenischen Veranstaltungen immer besonders charmant von meinen männlichen Amtskollegen unserer röm.-kath. Schwesterkirche behandelt wurde.
Problematik Kirchenaustritte – für die Jugend scheint die Kirche nicht mehr attraktiv zu sein. Wie können Sie sich vorstellen, diesem Negativtrend entgegenzuwirken? Wie möchten Sie neue Kirchengänger gewinnen?
Die Kirche hat ja leider schon lange ihre „Komm-Struktur“ verloren. Früher gingen selbst die Jüngeren und ganz Jungen wie selbstverständlich sonntags zur Kirche, fühlten sich ihr gerade auch deshalb verbunden und somit auch verpflichtet, in diesem „Verein“ zu bleiben, trotz des Kirchenbeitrages und vielleicht früher Gottesdienstzeiten. Mittlerweile muss Kirche zu den Menschen kommen. Ich habe in meinen vergangenen knapp 20 Dienstjahren immer wieder und an den verschiedensten Orten die Erfahrung machen dürfen, dass meist, wenn ich einen Hausbesuch bei einem Gemeindemitglied mache, der „Gegenbesuch“ am darauffolgenden Sonntag (oder etwas später) erfolgt! Heißt: Wenn wir als Kirche die Menschen dort aufsuchen, wo sie daheim sind, wo sie ihren Alltag zu bewältigen haben, wenn wir als Kirche die ihr anvertrauten „Schäfchen“ dort abholen, wo sie stehen, kann das der erste Schritt sein zu einem Sich-Wieder-Neu-Identifizieren mit seiner Kirche! Ich werde natürlich nicht annährend alle besuchen können, das wäre absolut unrealistisch, aber ein großer Wunsch von mir ist schon, Seelsorge in Form von Haus-, Kranken- und Geburtstagsbesuchen zu machen. Dafür muss – trotz der Amtsgeschäfte! – a bissale Zeit übrig sein!
Thema „Mischehe“ – wie stehen Sie zur Ökumene bzw. Zusammenarbeit mit anderen Religionen?
Ich spreche bei einer Familie mit römisch-katholischen und evangelischen (oder auch freikirchlichen) Familiengliedern lieber von einer „konfessionsverbindenden“ Familie! Wir sind Christen, glauben an den gleichen dreieinigen Gott und werden nur gemeinsam unterwegs im Glauben sein können. Ich halte also große Stücke auf ein gutes ökumenisches Miteinander und freue mich auch darauf ganz besonders!
Auch der Dialog zu den anderen Weltreligionen muss und sollte gepflegt und gehegt werden; ich sehe allerdings gerade da bei uns am Land (noch) nicht allzu dringlichen Handlungsbedarf, lasse mich aber auch in dieser Hinsicht gern eines Besseren belehren!
Veronika Ambrosch privat – wie lässt sich der Alltag zwischen Religionslehrerin, Mutter von vier Kindern zwischen 4-einhalb und 19 Jahren) und Ehefrau und neuerdings Leiterin einer großen Pfarrgemeinde vereinbaren?
Nur gemeinsam und im Vertrauen auf Gott können wir als Pfarrgemeinde Vieles und auch Neues auf den Weg bringen und somit am Reich Gottes schon jetzt bauen. Nur miteinander und im Glauben an das Wirken unseres Gottes können wir als doppelte Pfarrfamilie unseren Alltag mit all seinen Höhen und Tiefen bewältigen.
Mein biblischer Leitvers dabei ist: „Welche der Geist Gottes treibt, sie sind Gottes Kinder.“ (Römer 8,14).
Danke für euer Interesse sagt euch eure Frau Pfarrer. Und: „Bis wir uns wiedersehen, halte Gott euch fest in seiner Hand!“ (Irischer Reisesegen).
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