Der ehemalige Springer und ÖSV-Schülertrainer im Dienste der FIS ist bei jedem Weltcup-Schispringen dabei und quasi der Hüter des Adlerhorstes. Seine Aufgabe ist es, das Material der Adler zu prüfen. Er hat alle Anzüge, Ski und Bindungen gesehen und ihm entgeht kein Trick, denn selbst die Passform jeder Unterwäsche kennt er. Als Hilfe ist auch immer sein „Porosimeter“ dabei. Mit diesem Gerät misst er die Luftdurchlässigkeit der Anzüge.
Gailtal Journal: Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?
Gratzer: „Ich habe mich bei der FIS 1991 beworben und wurde aufgenommen. Dabei war der ehemalige Skisprungtrainer und noch heute Vorsitzender des Sprungkomitees Paul Ganzenhuber mein Fürsprecher. Ich kannte Paul von Stams sehr gut, weil ich zuvor 13 Jahre als ÖSV-Schülertrainer tätig war“.
Was hat sich über all diese Jahre an Regeln geändert?
„Als ich angefangen habe gab es praktisch keine Regeln oder Limits. Alles was Flügel hatte, flog. Es gab Schlupflöcher im System oder Eigenheiten mancher Regeln, die dazu führten, dass Springer sogar hungerten, um weiter zu fliegen. Dass ist nun Geschichte und alles geregelt, was der Springer trägt. Jetzt darf um die Taille kein Anzug flattern, da ist die Toleranz bei null. Bei Arm und Bein sind drei Zentimeter Spielraum erlaubt“.
Wie läuft so eine Kontrolle ab?
„Beim Anlauf misst ein Kontrollor und der andere passt auf, dass sich der Athlet danach nicht mehr an den Anzug fast. Nach der Messung darf der Sportler nur noch seine Reißverschlüsse am Ärmel kontrollieren. Zehn bis zwölf Stichproben gibt es bei Quali oder Training nach dem Sprung. Beim Finale müssen die Top 10 verpflichtend und ohne Aufforderung zur Kontrolle erscheinen“.
Waren Sie sehr streng?
„Keinesfalls. Grundsätzlich war ich mit den Athleten immer auf Augenhöhe. Sie haben die Entscheidungen respektiert und es gab bis dato keine Einsprüche oder Proteste. Immerhin habe ich in all den Jahren über 1.000 Athleten kontrolliert“.
Haben Athleten auch getrickst oder gab es nach Disqualifikationen oft Ärger?
„Wo kontrolliert werden muss, wird zumeist auch getrickst. Einmal hat ein Springer die Toleranzgrenze beim Anzug um 300 Prozent überschritten. Auch „Goldi“ musste ich einmal disqualifizieren. Auf dem Weg zur Abwaage musste er pinklen, danach war er leider zu leicht. Wenn oft ein harsches Wort des Disqualifizierten fiel, folgte ein wenig später immer die Entschuldigung“.
Ein langer Wegbegleiter war ja auch Renndirektor Walter Hofer?
„Ja, wir waren 25 Jahre zusammen und ich habe dabei mitgeholfen, Skispringen zu dem Sport zu machen, der er heute ist“.
Was werden Sie nun in der Pension machen?
„Vorerst einmal nur genießen und den Skisprungsport mit Abstand anschauen. Viel Zeit bleibt natürlich nun für meine Hobbys wie Radfahren und im Sommer der Badestrand“.