Rechnungshof-Kritik an Land Kärnten: "Über­nehmt keine Eisen­bahnstrecken mehr"

Gailtalbahn im Kreuzfeuer der Kritik

Gailtal/ Kärnten -

Zwischen Hermagor und Kötschach-Mauthen wurde der Eisenbahnbetrieb der ÖBB mit Dezember 2016 eingestellt. Der Landesrechnungshof hat nun die Übernahme der Strecke durch das Land und die Nachnutzung unter die Lupe genommen. Eines vorweg: Es hagelt Kritik.

Im Jahr 2016 vereinbarte das Land Kärnten mit ÖBB und Bund das sogenannte “Kärntenpaket”. Dieses sah unter anderem vor, dass die ÖBB die Eisenbahnstrecken von Hermagor bis Kötschach-Mauthen und von Weizelsdorf bis Rosenbach dauerhaft einstellt und das Land Kärnten diese Strecken übernimmt. “Die Übernahme erfolgte dabei jedoch ohne Bewertung des Erhaltungszustands und der Kosten, die das Land in der Folge zu tragen hatte”, so der Landesrechnungshof. Erst Ende 2017 habe man drei Kostenbewertungen, um die Kosten abzuschätzen: eine durch das Land und zwei weitere durch externe Gutachter. Alle drei seien unvollständig und die ausgewiesenen Kosten teilweise zu niedrig und nicht plausibel gewesen, kritisiert der Rechnungshof.

ÖBB zahlte erst nach Zusatzvereinbarung

Insbesondere die vorgesehene Nachnutzung als Anschlussbahn sei bei allen Kostenbewertungen unberücksichtigt geblieben. Das Land hatte somit auch im Jänner 2018 keinen Überblick über die aus der Übernahme der Eisenbahnstrecken resultierenden Kosten. Weiters war im Jahr 2016 die Höhe des Kostenbeitrags der ÖBB im Kärntenpaket nicht festgelegt. Erst 2018 zahlte die ÖBB aufgrund einer Zusatzvereinbarung 6,6 Millionen Euro. Der Landesrechnungshof empfiehlt dem Land in seinem neuesten Bericht daher nun, künftig keine Eisenbahnstrecken ohne fundierte Bewertung des Erhaltungszustands und der daraus folgenden Kosten mehr zu übernehmen.

Interessenten für beide Linien

“Bei Bewertungen von zu übernehmenden Infrastrukturanlagen sollte das Land darauf achten, alle kostenrelevanten Umstände vollständig und aussagekräftig zu erfassen”, so Landesrechnungshof-Direktor Günter Bauer. Bereits 2016 habe es habe es Interessenten für die Nachnutzung der Karawankenbahn und der Gailtalbahn gegeben. Beide planten neben einer touristischen Nutzung mit Draisinen auch einen Bahnbetrieb. Weitere Nachnutzungsszenarien wurden vom Land nicht überprüft. Im Jahr 2018 schloss das Land mit beiden Interessenten Nutzungsvereinbarungen ab.

Kein regelmäßiger Fahrbetrieb bisher

(c) Landesrechnungshof Kärnten

Im Oktober 2020 wurde der Nutzungsvertrag der Karawankenbahn auf die Strecke Feistritz im Rosental bis Rosenbach ausgeweitet. Die Instandhaltungskosten für den hinzukommenden Abschnitt hatte das Land zu tragen. Bei beiden Eisenbahnteilstrecken gab es bisher keinen regelmäßigen Fahrbetrieb und auch keine oder eine nur geringfügige touristische Nutzung.

Gailtalbahn-Strecke Kötschach-Mauthen bis Rattendorf/Jenig

Der Verein Gailtalbahn nutzte die Strecke Kötschach-Mauthen bis Rattendorf/Jenig seit Juli 2020 mit Fahrraddraisinen. Die für eine Kostendeckung erforderliche Anzahl von 5.000 Draisinenfahrten je Saison wurde jedoch bislang deutlich unterschritten. Das Land sollte daher das Projekt Fahrraddraisinen evaluieren.
Neben Draisinenfahrten erfolgten im November und Dezember 2022 zwei Versuchsfahrten mit Güterzügen für Holztransporte. Der LRH verwies darauf, dass die Nutzung mit vollbeladenen Güterzügen weitaus höhere Erhaltungskosten als eine Befahrung mit Fahrraddraisinen verursachte und empfahl, die dafür erforderliche Zustimmung des Landes aus Haftungsgründen äußerst restriktiv zu handhaben.

(c) Landesrechnungshof Kärnten

Hohe Erhaltungsausgaben des Landes vermeidbar

Für die beiden Bahnstrecken gab das Land bis Dezember 2022 insgesamt 1,1 Mio. Euro für bauliche Erhaltungsmaßnahmen und Vegetationspflege sowie für Gutachten und Versicherungen aus.
Der LRH kritisierte, dass das Land für die Gailtalbahn entgegen der Nutzungsvereinbarung
Ausgaben von 467.000 Euro für die Erhaltung getätigt hatte. Größere anstehende
Erhaltungsinvestitionen, wie beispielsweise die Behebung von Korrosionsschäden an mehreren Brücken der Karawankenbahn, nahm das Land bisher nicht in Angriff. Damit bestand jedenfalls ein Investitionsrückstau von mehreren Millionen Euro. Bei einer Auflassung gemäß Eisenbahngesetz ließen sich diese Erhaltungsinvestitionen größtenteils vermeiden.

“Keinen Eisenbahnbetrieb durchführen”

Der Landesrechnungshof empfiehlt nun, an der Entscheidung festzuhalten, dass das Land selbst keinen Eisenbahnbetrieb durchführen oder für einen Nutzer finanzieren sollte. “Eisenbahnstrecken sollten zukünftig nur nach sorgfältiger Überprüfung sämtlicher daraus resultierenden Kosten und weiteren Konsequenzen, wie beispielsweise Haftungen, übernommen werden”, sagt Direktor Bauer abschließend.