Paradoxon KSV1870 Insolvenzstatistik Kärnten 1.Halbjahr 2020

Unternehmensinsolvenzen ein Minus von 33 Prozent

Kärnten -

Insolvenzen weiter auf die lange Bank zu schieben, macht die erwartete Insolvenzwelle nur größer: Die Analyse der Unternehmensinsolvenzen für das erste Halbjahr 2020 gleicht einem Paradoxon. Es ist unumstritten, dass die Corona-Krise und die damit einhergehenden notwendigen Maßnahmen die heimische Wirtschaft stark beeinflusst haben. Die aktuellen KSV1870 Zahlen zu den Firmenpleiten zeigen ein Minus von 33 Prozent gegenüber 2019. Doch diese Zahlen geben die tatsächliche Situation der Unternehmen nicht wieder. Denn dieser Rückgang ist vor allem den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung geschuldet, die es ermöglichen, eigentlich notwendige Insolvenzanträge nach hinten zu schieben.

„Die KSV1870 Auswertung hat ergeben, dass im ersten Halbjahr insgesamt 106 Unternehmen insolvent geworden sind“, berichtet Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Klagenfurt. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein Minus von 33 Prozent. Davon wurden 59 Insolvenzen tatsächlich eröffnet – ein Minus von 27 Prozent zum Halbjahrergebnis 2019. Gleichzeitig sind die betroffenen Verbindlichkeiten mit 36 Millionen Euro um 29 Prozent gesunken.

Kärnten auf Platz vier im Ranking der Rückgänge

Im österreichweiten Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen im 1. Halbjahr 2020 um fast 25 Prozent gesunken. Alle Bundesländer verzeichnen Rückgänge. Kärnten hat im Bundesländervergleich mit 106 insolventen Firmen nach Vorarlberg (-38 %), Salzburg (-36,6 %) und Oberösterreich (- 36,1 %) den viertgrößten Rückgang.

Branchen: Unternehmensbezogene Dienstleistungen, Bauwirtschaft und Gastronomie

Nach wie vor dominieren Kleinbetriebe aus dem Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleistungen, der Bauwirtschaft und der Gastronomie das Kärntner Insolvenzgeschehen.

Von den Pleiten direkt betroffen sind 376 Dienstnehmer. Durch die höhere Zahl der selbstangemeldeten und somit vorbereiteten größeren Insolvenzen, waren auch mehr Dienstnehmer betroffen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (366) – das ist ein Plus von 3 Prozent.

Top 5 der Kärntner Insolvenzen

Die fünf größten Insolvenzfälle in Kärnten sind die Mandler GmbH (Konkurs ) aus Greifenburg mit Passiva von 8,5 Millionen Euro, die Unterzaucher GmbH (Konkurs) aus Millstatt mit Passiva von 3,2 Millionen Euro, Bau Sztriberny GmbH & Co KG (Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung) mit Passiva von 2,7 Millionen Euro, die Golfanlagen Velden – Köstenberg Errichtungs –und Betriebsgesellschaft m.b.H. & Co KG (Konkurs) aus Köstenberg mit Passiva von 1,5 Millionen und Metallbau, Schlosserei Salihovic Damir (Konkurs) aus St. Stefan/Lavanttal mit Passiva von 1,5 Millionen Euro.

Verschiebung der Insolvenzwelle in 2021 mit fatalen Auswirkungen

Durch das aktuelle Vorgehen der Verschleppung von Insolvenzen in Kombination mit der derzeit gültigen Fristverlängerung bei Insolvenzanträgen, ist davon auszugehen, dass die Insolvenzzahlen in 2020 auch im Vergleich zum Vorjahr weit weniger hoch ausfallen werden, als ursprünglich angenommen. „Irgendwann wird die Insolvenzwelle Kärnten definitiv erwischen. Wann das tatsächlich der Fall sein wird, steht aktuell in den Sternen. Eines ist aber bereits heute klar: Je länger in finanzielle Schieflage geratene Unternehmen künstlich am Leben erhalten werden, desto größer wird der gesamte volkswirtschaftliche Schaden sein. Noch haben aber die Entscheidungsträger die Wahl, ob sie weiter versuchen, gegen die Welle anzukämpfen, oder sich ihr zu stellen. Dass die Welle Schaden anrichten wird, lässt sich nicht vermeiden. Doch wie groß dieser ausfallen wird, kann jetzt beeinflusst werden“, so Wiesler-Hofer.

Unternehmensinsolvenzen I. Halbjahr 2020

Kärnten

2020

2019

Veränderung

Eröffnete Insolvenzen

59

81

27,1 %

Nichteröffnete Insolvenzverfahren

(mangels kostendeckenden Vermögens)

47

77

38,9 %

Gesamtinsolvenzen

106

158

32,9 %

Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR

36 Mio.

  51 Mio.

 – 

      29,4 %

Betroffene Dienstnehmer

376

366

+

2,7 %

Die geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten dürfen nicht mit den tatsächlichen Verlusten aus Insolvenzen gleichgesetzt werden. Zu berücksichtigen sind Quotenzahlungen im Rahmen von Sanierungsplänen, Ausschüttungen aus Verwertungen von Konkursmassen sowie Sonderrechte aufgrund von Aus- und Absonderungsrechten.

 

Insolvenzen im Bundesländervergleich, 1. Halbjahr 2020

(Eröffnete und nicht eröffnete Insolvenzen)

Bundesland

Fälle 2020

Fälle 2019

Veränderung

Passiva 2020
in Mio.
EUR

Passiva 2019
in Mio.
EUR

Wien

661

843

-21,6

893

183

Niederösterreich

336

448

-25,0

106

140

Burgenland

84

102

-17,6

42

25

Oberösterreich

195

305

-36,1

231

109

Salzburg

135

213

-36,6

30

53

Vorarlberg

44

71

-38,0

32

30

Tirol

102

144

-29,2

48

40

Steiermark

265

277

-4,3

187

233

Kärnten

106

158

-32,9

36

51

Gesamt

1.928

2.561

-24,7

1.605

864

 

Insolvenzstatistik für Unternehmen sowie Private

Die Insolvenzstatistik liefert Informationen über alle Insolvenzverfahren Österreichs (eröffnete Insolvenzen sowie mangels Masse abgewiesene Konkursanträge) nach Höhe der Forderungen, aufgeteilt nach Bundesländern, nach Branchen und nach Rechtsformen. Grundlage der Analyse sind einerseits die übermittelten Daten der zuständigen Landesgerichte sowie Bezirksgerichte und andererseits Informationen aus der KSV1870 Wirtschaftsdatenbank. Der KSV1870 erstellt diese Auswertungen regelmäßig zum ersten Quartal, zum ersten Halbjahr, für das erste bis dritte Halbjahr sowie für das Gesamtjahr. Zusätzlich gibt ein ausführlicher Insolvenzkommentar einen Überblick über die aktuelle wirtschaftliche Situation Österreichs. Der Vergleich der Insolvenzdaten bildet den aktuellen Stand der Konjunktur ab.

Privatkonkurse: Minus 28 Prozent in Kärnten

  • KSV1870 Insolvenzstatistik Kärnten, 1. Halbjahr 2020: Pandemie wird Spätfolgen haben

Im ersten Halbjahr 2020 sind in Kärnten die Insolvenzen auf 263 Fälle gesunken, das bedeutet ein Minus von 28 Prozent. Ein Blick auf die Statistik zeigt: Gleichzeitig sind die Schulden um 38 Prozent gesunken und betragen im Schnitt 136.882 Euro pro Fall.

Im I. Halbjahr 2020 wurden im südlichsten Bundesland Österreichs  insgesamt 263 Insolvenzverfahren über Privatpersonen eröffnet. Das bedeutet einen Rückgang um 28 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019. Die Hauptgründe dafür: Neben den im Krisenmodus agierenden Gerichten fehlte es insbesondere während des „Shutdowns“ an persönlicher Beratung, die bei der Schuldenregulierung von Verbrauchern  eine bedeutende Rolle spielt. „Daher ist der Rückgang der eröffneten Privatkonkurse nahezu zur Gänze einem Ausnahmezustand geschuldet“, berichtet Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standortes Klagenfurt.

Parallel dazu sind die Verbindlichkeiten um 38 Prozent von 58 Millionen Euro auf 36 Millionen Euro, ebenfalls deutlich gesunken. Somit beliefen sich die durchschnittlichen Schulden im Betrachtungszeitraum bei 136.882 Euro (2019: 158.038 Euro).

Kärnten beim Rückgang an 7. Stelle

Die eröffneten Privatkonkurse sind österreichweit um 33 Prozent auf 3.351 gesunken. Alle Bundesländer verzeichnen Rückgänge. Burgenland ist mit einem Minus von 55 Prozent Spitzenreiter. Kärnten liegt in diesem Ranking an 7. Stelle.

Privatschulden sind kein kurzfristiges Phänomen

Vergleicht man die bisherigen Zahlen mit jenen des Vorjahres (Eröffnungen Gesamtjahr: rund 700), fehlen, rein mathematisch betrachtet, beziehungsweise bis Jahresende hochgerechnet, rund 437 Privatinsolvenzeröffnungen. „Da Privatschulden nicht von heute auf morgen entstehen und es sehr unwahrscheinlich ist, dass tatsächlich so viele Personen weniger in finanzielle Schieflage gekommen sind, rechne ich damit, dass die Anträge im zweiten Halbjahr nachgeholt werden“, so Wiesler-Hofer. Ob die zuständigen Behörden und Beratungsstellen diese Mammutaufgabe bewältigen können, wird sich jedoch weisen müssen. Wenn dem so ist, dann ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Privatkonkurse für das Gesamtjahr 2020 auf demselben Niveau wie 2019 einpendeln wird.

Pandemie wird Spätfolgen haben

Insbesondere während des Corona-bedingten Ausnahmezustandes hat es unter anderem aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit recht unbürokratische Stundungen gegeben. Diese Erleichterung für private Schuldner kann und wird jedoch langfristig für Probleme sorgen – spätestens dann, wenn die Zahlungen fällig gestellt werden. „Leider vergessen viele, dass Stundungen nicht einen Erlass bedeuten, sondern die Zahlungen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen müssen. Erschwerend kommt dann jedoch hinzu, dass es meist im Laufe der Zeit noch schwerer wird, Schulden zu begleichen. Sich rechtzeitig in ein Schuldenregulierungsverfahren zu begeben, kann den Teufelskreis somit frühzeitig beenden und eine Chance auf einen Neubeginn bedeuten“, erklärt Wiesler-Hofer.

Privatkonkurse 1. Halbjahr 2020

Kärnten

2020

2019

Veränderung

Eröffnete Schuldenregulierungsverfahren

262

367

28,3 %

Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR

36 Mio.

58 Mio.

37,9 %

 

 

 

Eröffnete Privatkonkurse im Bundesländervergleich, 1. Halbjahr 2020

Bundesland

Fälle 2020

Fälle 2019

Veränderung

Passiva 2020
in Mio.
EUR

Passiva 2019
in Mio.
EUR

Wien

1.155

1.804

-36,0%

134

221

Niederösterreich

543

706

-23,1%

88

101

Burgenland

51

114

-55,3%

6

24

Oberösterreich

459

690

-33,5%

65

94

Salzburg

181

240

-24,6%

27

36

Vorarlberg

144

231

-37,7%

11

28

Tirol

186

324

-42,6%

19

60

Steiermark

369

518

-28,8%

54

95

Kärnten

263

367

-28,3%

36

58

Gesamt

3.351

4.994

-32,9%

440

717