Und das, obwohl gegenüber dem Vorjahr jeder zweite Betrieb von steigenden Umsätzen spricht. Gleichzeitig habe aber auch jedes fünfte Unternehmen massive Probleme, vereinbarte Aufträge ordnungsgemäß abzuwickeln. Die Gründe sind bekannt: Lieferengpässe, akuter Personalmangel, steigende Preise, Rohstoffknappheit, aber zuletzt auch stark gestiegene Auftragszahlen.
Zahlungsmoral: Welle der Verschlechterung im Anmarsch
Noch kann zwar von einer halbwegs vernünftigen Zahlungsmoral gesprochen werden, doch die Krisenherde haben dennoch erste Auswirkungen auf das Zahlungsverhalten zur Folge. „Quer über alle Branchen hinweg werden bereits 18 Prozent aller Forderungen zu spät bezahlt. Das ist rund jede sechste Rechnung“, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH.
Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 13 Prozent, die verspätet beglichen wurden. Während bei den Firmenkunden 78 Prozent (2021: 84 %) der Forderungen pünktlich beglichen werden, sind es bei den Privaten 88 Prozent (90 %). Sie sind es auch, bei denen das Minus gegenüber dem Vorjahr mit zwei Prozentpunkten am geringsten ausfällt. „Österreichs Private sind in punkto Zahlungsmoral die Vorbilder schlechthin, an denen sich sowohl Firmen als auch die Öffentliche Hand orientieren sollten“, so Koch.
Dennoch verschlechtert sich die Zahlungsmoral bei allen Kundengruppen: Auf Bundesebene werden nur mehr 83 Prozent (88 %) der Forderungen pünktlich beglichen, auf Landesebene 79 Prozent (83 %) und bei den Gemeinden 84 Prozent (88 %).
Privatpersonen zahlen am schnellsten
Umgelegt auf die tatsächliche Zahlungsdauer ergibt sich folgendes Bild: Während die Firmenkunden aktuell im Schnitt 25 Tage (2021: 24 Tage) benötigen, offene Rechnungen zu bezahlen, brauchen die Privaten 13 Tage (+/- 0 Tage). Ein Blick in die Bundesländer zeigt, dass Vorarlbergs Betriebe (22 Tage) am schnellsten bezahlen, gefolgt vom Burgenland (23 Tage) sowie der Steiermark und Tirol (je 25 Tage). Im Gegensatz dazu besteht in Kärnten (31 Tage) der größte Aufholbedarf. Bei den Privaten sind die flotten Zahler vor allem in Oberösterreich und dem Burgenland (je 12 Tage) zu Hause. Aber auch hier sind es die Kärntner (18 Tage), die sich mit der Bezahlung am längsten Zeit lassen.
Kein Verlass mehr auf die Länder?
Wie der Austrian Business Check des KSV1870 bestätigt, benötigt der Bund aktuell durchschnittlich 34 Tage, um offene Forderungen zu bezahlen – und damit um einen Tag länger als im Vorjahr. Länder benötigen demnach um fünf Tage länger als im vergangenen Jahr und bezahlen laut KSV1870 nun ebenfalls erst nach 34 Tagen. Damit liegen sowohl Bund als auch Länder über dem gesetzlichen Zahlungsziel von 30 Tagen. Wie schon in der Vergangenheit sind die Gemeinden mit einer Zahlungsdauer von 25 Tagen die „Musterschüler“ der Öffentlichen Hand. „Es zeigt sich einmal mehr, dass ein längeres Zahlungsziel kontraproduktiv ist, und die Firmen dadurch länger auf ihr Geld warten müssen“, so Koch.
Motive: Ineffizienz, Vergesslichkeit und Macht
Als Hauptgrund für verspätete Zahlungen seitens der Firmen werden weiterhin eine ineffiziente Verwaltung (52 %) und ein momentaner Liquiditätsengpass (40%) als häufigste Ursachen angeführt. Während im Bereich der Privaten die Vergesslichkeit (52 %) am öftesten zu verspäteten Zahlungen führt, ist es bei der Öffentlichen Hand, nach Einschätzung der Befragten, das Ausnützen einer gewissen Machtposition (47 %). Aber auch die Faktoren Bürokratie, komplizierte Prozesse und der Personalmangel werden hier besonders häufig erwähnt und kommen zusammen auf 48 Prozent.
2023: Die große Verschlechterung?
Wie die aktuellen Ergebnisse zeigen, hat sich die heimische Zahlungsmoral in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt. Lediglich ein Drittel der Unternehmen ist davon nicht betroffen. Während rund die Hälfte der Betriebe bis zu 5 % der Rechnungen nachlaufen muss, ist das für knapp 20 Prozent deutlich öfter der Fall. Am häufigsten geht es dabei um Forderungsverluste von bis zu 50.000 Euro.
Was die Zahlungsmoral 2023 angeht, so sind die Aussichten massiv von den aktuellen Herausforderungen und Ängsten geprägt: 49 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung – ein Plus von 29 Prozent zum Vorjahr. „Was wir heuer in Bezug auf die Zahlungsmoral sehen, sind nur Vorboten. Im nächsten Jahr rechnet jedes zweite Unternehmen mit vermehrten Zahlungsschwierigkeiten seiner Kunden und Geschäftspartner. Eine derart negative Einschätzung hat es bei unseren Umfragen noch nie gegeben“, so Koch.
Zur Umfrage: Im Rahmen der aktuellen Austrian-Business-Check-Umfrage hat der KSV1870 im August 2022 in Zusammenarbeit mit Marketagent rund 1.500 Unternehmen zu aktuellen Wirtschaftsthemen und der heimischen Zahlungsmoral befragt.