Die Aussichten des Kärntner Handels sind trübe. Besonders betroffen ist allerdings der Lebensmitteleinzelhandel, der mit Lieferschwierigkeiten und extremen Kostensteigerungen bei Strom, Personal und Mieten kämpft.

„Lebensmittelhandel steht am Scheideweg”

Kärnten -

Der Hilferuf ist eindringlich: Ohne rasche Unterstützung würden viele Handelsbetriebe schließen müssen, warnte heute der stv. Gremialobmann des Kärntner Lebensmittelhandels und ADEG-Obmann Anton Kovšca. Die etwa 400 ADEG-Händler in Österreich würden bei einer durchschnittlichen Verkaufsfläche zwischen 400 und 500 Quadratmetern rund 150.000 Kilowattstunden Strom jährlich benötigen. Die Hälfte davon falle wegen der Kühl- und Gefrieranlagen unabhängig davon an, ob das Geschäft geschlossen sei oder offen.

Richten einen eindringlichen Hilferuf an die Politik: v.l. Raimund Haberl (WKK-Obmann Sparte Handel), Anton Kovšca (stv. WKK-Obmann Landesgremiums Lebensmittelhandel) und Wolfgang Ziniel (KMU Forschung Austria)

Die Kosten seien von fünf bis zwölf Cent/kWh auf derzeit ca. 50 Cent gestiegen, das sei nicht zu stemmen. Dazu kämen noch erhöhte Personalkosten. Kovšca: „Viele Kaufleute werden selbst die Reißleine ziehen und nicht auf die Insolvenz warten, sondern reagieren, Mitarbeiter kündigen, Betriebe schließen. Da kann sich die Konsequenzen jeder ausmalen, vor allem für den ländlichen Raum.“  

Grundversorgung der regionalen Bevölkerung in Gefahr

Denn damit werde eine Lawine losgetreten, befürchtet Kovšca. Die Schwächung des Lebensmittelhandels würde nicht nur die Grundversorgung der regionalen Bevölkerung gefährden, sondern über fehlende Arbeitsplätze und beschleunigte Abwanderung die gesamte Infrastruktur im ländliche Raum. Spartenobmann Raimund Haberl sieht den Handel in Gefahr: „Wir stehen am Scheideweg. Die Politik muss aufwachen und uns Gehör schenken.“

Inflation wird durch hohe Rohstoff- und Energiepreise angeheizt

Denn viel rosiger stehen auch die anderen Handelsbereiche nicht da, analysierte Wolfgang Ziniel von der KMU-Forschung Austria: „Die Spirale der ungünstigen Entwicklungen dreht sich.“ Die hohen Rohstoff- und Energiepreise würden die Inflation anheizen, die erhöhten Einkaufspreise könnten nur schwer an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben werden. Gleichzeitig seien die Kostensteigerungen für den Handel bei Energie, Personal und Mieten enorm. Dazu komme noch die nach wie vor nicht ausgestandene Corona-Pandemie.

Forderungen des Handels

Sie macht auch Spartenobmann Haberl weiterhin Sorgen: „Ob die möglicherweise fehlende Weihnachtsbeleuchtung oder die neuerlich drohende Maskenpflicht: Das ist der Shopping-Laune und dem Einkaufsbummel ausgerechnet in der für den Handel wichtigsten Zeit des Jahres nicht zuträglich.“ Konkret fordert der Handel zunehmend lautstark eine Entkoppelung von Strom- und Gaspreis, ein moderates Ergebnis der morgen beginnenden Kollektivvertragsverhandlungen im Handel und eine eventuelle Wiedereinführung der Maskenpflicht ausschließlich im internationalen Einklang – wo sie allerdings nirgends diskutiert werde, so Haberl: „Sonst sehen wir die Menschen wieder in der Gastronomie und beim Einkaufen in Italien!“

Dort sei übrigens der Sprit sogar auf der Autobahn billiger als in Österreich, lässt Haberl auch Kritik an der österreichischen Krisenbewältigung anklingen: „Andere Länder finden offenbar schon Mittel und Wege, um entlastend einzugreifen.“