Von Georg Krutzler
Die meisten Pilger gehen den Jakobsweg infolge einer Lebenskrise oder aus religiösen Gründen. Es ist eine Herausforderung für Körper und Geist. Man startet und weiß nicht, ob man es auch schafft. Das Motiv des Gitschtalers lag aber ganz woanders.
Leben ist jetzt
„Ich wollte mit dieser Wanderung einen Lebensabschnitt – das Berufsleben – beenden und nichts mehr vom Berufsalltag bis zum Start der Wanderung „Jakobsweg“ wissen“, so Mösslacher. Die detaillierte Planung für dieses „wahnsinnige Vorhaben“ begann zu Weihnachten und am 23. April ging es von seinem Wohnhaus mit einem vollgepackten großen Rucksack mit Inhalten wie Schlafsack, Regenschutz, Schuhwerk etc. los. „Sehr wichtig ist auch ein Regenschutz für den Rucksack, ein Wörterbuch und vor allem ein Pilgerausweis“, so der gelernte Brückenbauer. Die Route führte von Südösterreich, Innsbruck, Rankweil, Genf, Le-Puy-en-Velay, Saint-Pied-de-Pont über Saint-Jean-Pied-de-Port , Santiago bis nach Finisterre, genannt das Ende der Welt.
Bei Tag viel Wasser, am Abend ein Bierchen
Von Tiefschnee am Arlberg, 25 Regentage oder bis zu 28 Grad Hitze hat das „Rentnermandl“ alles erlebt. Los ging es täglich zwischen 7 und 9 Uhr und im Schnitt um die 24 Kilometer zurückgelegt sowie bis zu 5 Liter Wasser getrunken. Stets gefreut hat er sich dann aber am jeweiligen Etappenziel auf ein Krügerl Bier und gutes Essen. Mösslacher: „Übernachtet habe ich meist in Pilgerherbergen, Hotels, einmal sogar in einem Kloster, in einer Straßenmeisterei und bei einem alten Freund in Toblach. Leider war nicht immer auf Anhieb eine Unterkunft zu finden.“
Gailtal Journal: Viele geben auf, dachten Sie auch daran?
Mösslacher: „Sehr wichtig ist der geistige Wille und nicht unbedingt die körperliche Fitness. Aufgegeben hab ich nie, aber wegen großer Schmerzen (Gicht) bei der 9. Etappe wo ich in Innsbruck war, musste ich meine Wanderung für einige Tage unterbrechen. Noch schlimmer war es dann bei der 55. Etappe in Frankreich, nahe Grenoble. Nach sieben Stunden Gehzeit in der Ziel-Stadt „La-Cote-Saint-Andre“ angekommen, plagten mich nach einem kurzen Nickerchen starke Schmerzen im Knie. Ich konnte kaum noch aufstehen und über die Stiege ins Erdgeschoß gehen. Die Nacht mit wenig Schlaf war auch sehr schmerzhaft und so traf ich nach gutem Zureden des Quartiergebers die Entscheidung, die Pilgerfahrt zu unterbrechen. Der Wirt hat mich dann noch zum Busbahnhof geführt und ich fuhr nach Hause. Die Folge war dann eine Knie-OP und längere REHA. Ich gab aber nicht auf und fuhr am 8. Mai mit der Bahn über Zürich nach Grenoble und dann mit Bus nach La Cote St. Andre zum Hotel, wo ich meinen Pilgerweg abgebrochen hatte. Dann ging es von dort mit der 56. Etappe (diesmal ohne Unterbrechung) weiter und ich erreichte am 4. August um 16:25 Uhr „waschelnass“ bei KM 0,000 des Jakobsweges auf dem Cabo Finisterre mein Ziel. Hier bekam ich vor der öffentl. Herberge auch die Urkunde für den erfolgreich absolvierten Pilgerweg. Danach ging es mit dem Flugzeug über Mallorca und Salzburg wieder nach Hause.“
Die Eindrücke dieser Pilgerreise?
„Eine Pilgerreise geschieht ohne jeden Luxus und man kann meditativ abschalten. Es wurde mir bewusst, dass der Mensch nicht so viel zum Leben braucht, wie manche oft meinen. Zum anderen die oft totale Ruhe, in einer Welt, die von Lärm und Immissionen aller Art verseucht ist. Unwahrscheinlich herzlich auch die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft in allen drei Ländern. Ebenso die wechselnden und unterschiedlichsten Landschaften. Sehr beeindruckt war ich aber beim Ziel meiner Reise vom Fischmarkt in der Mercado de Abastos. Alleine deshalb würde ich sofort wieder nach Santiago fliegen“.
Gab es auch besondere Ereignisse?
„In St. Christoph/Arlberg auf 1.794 Meter liegt nach der Übernachtung (in der Straßenmeisterei) in der Früh zusätzlich noch 20 Zentimeter Neuschnee und der Pfad war nicht mehr zu finden und zu sehen. Enttäuscht war ich auch von einigen Unterkünften, vor allem in der „noblen“ Schweiz und einmal auch in Frankreich. Dafür waren aber die Preise wie in einem noblen 5-Sternehotel.“
In vier Ordnern alles dokumentiert
Diese Wanderung hat Mösslacher in vier dicken Ordnern und mit viel Bildmaterial ausführlichst dokumentiert. Auf die Frage, ob es eine weitere Pilgerreise geben wird, antwortet Mösslacher mit „Ja“. „Der Rucksack ist gepackt und wartet nur noch auf einen Termin“.