Zu Fuß hält die Seele Schritt

Grafendorf -

Johann Goldberger aus Grafendorf ist Kärntner Bergwanderführer und Pilgerbegleiter. Seit 2020 organisiert er auch Alm-Erlebnis-Tage.

Mit Pilgern am Hoch und Heilig Pilgerweg vor der Stiftskirche in Innichen

Der Funke zum Pilgern sprang 2014 bei einem Urlaubsaufenthalt in Italien über. „Bei einem Abstecher in die Stadt Assisi sah ich immer wieder Pilger, welche sich auf dem Franziskusweg befanden. Ab diesem Zeitpunkt ließ mich der Gedanke nicht mehr los, auch einmal selbst aufzubrechen, um zu Fuß auf Pilgerreise zu gehen.“ Zwei Jahre später: Der 50. Geburtstag war für Goldberger Anlass, sein Vorhaben Früchte tragen zu lassen. Gemeinsam mit einem Freund begab er sich für einen Monat auf den Franziskusweg von Florenz über Assisi bis nach Rom und machte sich damit „eines meiner schönsten Geburtstagsgeschenke“, lässt er durchblicken. Von der ganzheitlichen Bewegungskur für Leib und Seele gefesselt, absolvierte der Obergailtaler 2018 den Lehrgang zur Pilgerbegleitung. Der Tradition des Pilgerns folgt der 55-Jährige nicht nur aus religiöser Natur. Es ist der spirituelle Motor der ihn antreibt: „Pilgern bedeutet für mich eine Auszeit zu nehmen und Zeit für mich zu haben. Es verbindet Ruhe und Einfachheit mit Aktivität in der Natur und auf Spuren heiliger Orte.“ Der Grafendorfer hat auf seinen Reisen auch zu sich selbst gefunden und dabei gelernt wie wenig der Mensch zum Leben braucht. „Einen Rucksack, Nahrung, etwas zum Trinken, ein paar Kleider am Leib und zwei, drei Garnituren zum Wechseln.“ In Kärnten war Goldberger zum Seele entrümpeln und Kraft tanken bereits auf dem wunderschönen Marienpilgerweg, welcher von Maria Rojach im Lavanttal bis nach Maria Luggau im Lesachtal führt, und auf dem Hemma-Pilgerweg nach Gurk unterwegs.

Rastpause am Franziskusweg

Herzensprojekt

Ein besonderes Herzensprojekt für ihn ist die Weiterentwicklung des Bergpilgerweges „Hoch und Heilig“. Mit 13.000 Höhenmetern und neun Etappen hat es die hochalpine Pilgerstrecke, welche traumhafte Hochtäler und Jöcher durch Osttirol, Kärnten und Südtirol durchquert, in sich. Per Fahrrad pilgern ist die zeitsparendere Variante. So bereiste Johann nochmals den Franziskusweg von Florenz nach Rom – jedoch diesmal auf zwei Rädern. Heuer nahm er auf dem Drahtesel die Strecke vom Gailtal nach Maria Zell mit Freunden in Angriff.

Profession als Bergwanderführer

Fast zeitgleich entflammte bei Goldberger eine zweite Leidenschaft. „Da ich gerne in der Natur, insbesondere in den Bergen meine Freizeit verbringe, interessierten mich viele damit verbundene Themen wie Wetterkunde, Orientierung, Erste Hilfe, Flora und Fauna.“ Um sich mit diesen Themen intensiver zu beschäftigen, machte er 2017 die Ausbildung zum Kärntner Bergwanderführer. „Es bereitet mir große Freude, andere Menschen durch unsere wunderschöne Natur zu begleiten“, sagt Goldberger, der bei den Naturfreunden Oberes Gailtal als Bergwanderführer tätig ist. Als solcher trägt er Verantwortung für seine „Schäfchen“. Zudem spielen in seiner Funktion Menschenkenntnis und Kommunikationsgeschick eine Schlüsselrolle. Diese Fähigkeiten bringt Johann durch seinen Beruf mit. Seit mehr als 30 Jahren ist der Grafendorfer bei der Raiffeisenbank Kötschach-Mauthen als Kundenberater tätig. „Ich könnte meinen Job nicht so gut machen, wenn ich nicht diesen tollen Ausgleich hätte.”

Einblick in den Almalltag geben

Einem Herzensprojekt hat der Naturverbundene vor einem Jahr Flügel verliehen und in die Tat umgesetzt: dem „Alm-Erlebnis-Tag“ für Groß und Klein. Das Programm wurde bisher auf der Reisacher Jochalm, der Rattendorfer und der Straniger Alm angeboten. Es umfasst Rundwanderungen auf der Alm, Informationen zum Gailtaler Almkäse, Butter darf selbst hergestellt werden, zum Wettmelken wird angetreten, das Heu wird mit der Sense gemäht und man erfährt wie man alpine Gefahren vermeidet. Zum Ausklang gibt es eine herzhafte Jause. Job und private Interessen in Einklang zu bringen ist oft alles andere als „a gmahte Wiesn“. „Ohne meine Familie die hinter mir steht könnte ich all das nicht bewältigen“, erzählt der Vater zweier Kinder im Alter von 22 und 28 Jahren. Seit vielen Jahren teilt seine Frau mit ihm dieses Hobby. Gemeinsam erwandern die beiden in ihrer Freizeit die Gailtaler Bergwelt und begeben sich auf Pilgerpfade.

Goldberger an seinem Arbeitsplatz in der Raiffeisenbank Kötschach-Mauthen