Die Reisacherin war zuerst bei einem Patentanwalt tätig und ist nun schon seit 1989 Bedienstete des österreichischen Außenministeriums. Im Jahr 1987 begann man mit dem Bau eines schmucken Eigenheims in Forst bei Reisach. Ehegatte Hermann arbeitete jahrzehntelang als Buschauffeur bei der Post, bis zu seiner Pensionierung vor rund zwei Jahren fuhr er jahrelang die Strecke Spittal/Lienz/Heiligenblut. Zur Familie gehören noch die gemeinsamen Töchter Juliane (geb. 1984) – sie lebt mit ihrer Familie in Brüssel und arbeitet dort an der ständigen Vertretung Österreichs; und Verena (geb. 1998), welche in Wien wohnt und gerade ihr Studium abschließt. Nebenbei jobbt sie im Callcenter des Außenministeriums. Zusammengefasst also eine richtige „Diplomatenfamilie“. Die bisherigen beruflichen Stationen von Bernadette waren Frankfurt (D), Bern (CH), Zagreb (HR), Bratislava (SK), Athen (GR) und seit 1. September 2021 ist sie in der Ukraine. Grundsätzlich ist es im diplomatischen Bereich üblich, alle vier bis fünf Jahre versetzt zu werden, das heißt auch das Land zu wechseln.
Kriegsbeginn
Aufgrund des Kriegsausbruches wurde die österreichische Botschaft Kiew evakuiert und aus Sicherheitsgründen kurzerhand in die westlich gelegene Stadt Uzhgorod verlegt. Diese liegt im Dreiländereck Ungarn/Slowakei/Ukraine und hat rund 117.000 Einwohner. Die Stadt hat westliches „Flair“ und ist vergleichbar mit Klagenfurt. Der österreichische Botschafter, Dr. Arad Benkö, ist die meiste Zeit mit dem Großteil des Personals wieder in Kiew. Bernadette Hohenwarter ist froh, zurzeit in der Westukraine in der Außenstelle Uzhgorod zu arbeiten. Uzhgorod ist ein beschauliches Städtchen mit malerischen Häusern und der längsten Lindenallee Europas, in der die Menschen gerne am Flussufer des Uzh entlangflanieren. Einer der vielen Raketeneinschläge war aber nur wenige hundert Meter von „unserer“ Botschaft entfernt (alle Medien berichteten darüber) und dies macht natürlich sehr nachdenklich.
Unterstützung von Zuhause
Seitdem Hermann in Pension ist, lebt er die meiste Zeit bei seiner Gattin in der Ukraine. Die Strecke von der Ukraine nach Österreich und zurück fährt er meistens mit dem Zug, an der Grenze zur Ukraine wird er dann von seiner Frau abgeholt. „Das Leben in der westlichen Ukraine verläuft eigentlich den Umständen entsprechend ziemlich normal“ wird festgestellt, allerdings gibt es sehr viele Fliegeralarme. In den Nachtstunden ist es stockdunkel, da mit regulären Stromabschaltungen Energie gespart werden muss und es auch immer wieder unplanmäßige Blackouts gibt. Dann gibt es stundenlang keinen Strom, keine Straßenbeleuchtung und keinen Ampelbetrieb, auch vielerorts kein Wasser, keine Heizung und auch kein Internet mehr; das Leben in der Ukraine ist im Moment nicht leicht – auch ist es sehr gefährlich, im Finstern auf vereisten Wegen unterwegs zu sein. Der Unterschied zwischen Arm und Reich in der Ukraine ist gravierend, durchschnittlich verdient ein normaler Arbeitnehmer nur rund 400 Euro pro Monat. Angst haben die beiden Gailtaler grundsätzlich keine, aber eine große Portion „Respekt“, wird festgestellt. Es könnte sich jederzeit etwas an der derzeitigen Situation ändern und der militärische Konflikt eskalieren oder sich auch nach Transkarpatien ausweiten.
Leben in „trügerischer Ruhe und Sicherheit“
Die freien Tage in der Heimat nutzt das Ehepaar, um Besorgungen zu erledigen und Freunde und Verwandte zu sehen. Bernadette hat auch noch ihre 87jährige Mutter in Oberdrauburg, welche sie regelmäßig besucht, wenn sie hier ist. Seitdem die meisten Auslandsösterreicher die Ukraine verlassen haben, stehen derzeit die Betreuung von politischen Delegationsbesuchen und Hilfstransporten im Vordergrund. Als Beamtin möchte sie gerne noch bis zum 65. Lebensjahr weiterarbeiten. „Wenn man beruflich bedingt in so vielen Ländern lebt, schätzt man seine Heimat noch mehr. Unser Gailtal ist in jeder Hinsicht ein Juwel in Österreich. Deswegen genießen wir auch jeden Tag, den wir dort verbringen!“