Sussawitsch / Villach -
Ursula Bartolot ist Fahrdienstleiter-Zuglenkerin bei den Österreichischen Bundesbahnen. Dass die Passagiere sicher ans Ziel befördert werden, liegt in ihrer Hand.
Statt Bahnwärterhäuschen und Bahnsteig ein Großraumbüro. Statt dunkler Uniform, Krawatte und rotem Käppi ein rotes Polo-Shirt. Statt grüner Kelle – Computer und Maus. Die Fahrdienstleiter von heute regeln den Zugverkehr per Mausklick. Eine von ihnen ist Ursula Bartolot. Ihr Arbeitsplatz ist die Betriebsführungszentrale (BFZ) in Villach. Zehn Monitore hat die 48-Jährige gleichzeitig im Blick. Für einen Laien sind die farbenreichen Diagramme, Linien, Punkte, Tabellen und komplexen Muster am Computer wie eine fremde Welt. Aus diesem grafischen Wirrwarr erkennt Bartolot: wo und wann fährt gerade ein Zug ein, wo ab. Wo gibt es Verzögerungen, wo sind welche Signale gestellt und wo ist eine Baustelle. Im Bereich Villach Hauptbahnhof werden binnen 24 Stunden mehrere hundert Zugfahrten abgewickelt.
Fehler sind nicht erlaubt
Der gesamte Zugverkehr läuft ferngesteuert und automatisiert. Heikel wird es, wenn die Automatik ausfällt oder eine Störung auftritt. Dann greift Bartolot ein. „In solchen Fällen muss man überlegt und rasch handeln. Bei jedem Klick den ich mache, muss ich mir bewusst sein, was ich tue. Da darf kein Fehler unterlaufen“, sagt sie. Seit eineinhalb Jahren ist sie Fahrdienstleiter-Zuglenkerin und für den Bereich Steiermark-Nord zuständig. Dieser erstreckt sich von Kraubath bis Krieglach und von Wald am Schoberpass bis Peggau-Deutschfeistritz. In dieser Position, eine Stufe über dem Fahrdienstleiter-Stellbereich, bedient die ÖBB-Bedienstete nicht mehr direkt das Stellwerk. Vielmehr programmiert sie den Computer, der auf das Stellwerk zugreift. Sie koordiniert und disponiert somit die Zugfahrten in diesem großen Einzugsbereich und hat ein Auge darauf, dass alles reibungslos ineinander greift. Besonders die Knotenpunkte St. Michael, Bruck an der Mur und Leoben sind knifflig, weiß sie aus Erfahrung. Die 48-Jährige arbeitet im Tag-Nacht-Schichtwechsel zwölf Stunden am Stück. Dass sie in einer Männerdomäne Fuß gefasst hat, stört sie keineswegs. In der BFZ Villach sind von knapp 150 Mitarbeitern im operativen Dienst weniger als 20 Frauen tätig.
Berufliche Weichen neu gestellt
Beruflich auf den Zug aufgesprungen ist die gebürtige Gailtalerin aus Sussawitsch vor 26 Jahren. Ihren früheren Job als LKW-Fahrerin hat sie an den Nagel gehängt. Das Leben stellte die Weichen neu. Bei den Österreichischen Bundesbahnen landete sie eher durch Zufall. „In der Branche gab es damals zu wenige Fahrdienstleiter“, so Bartolot. Nach einjähriger, theoretischer und praktischer Ausbildungszeit in Wien, Bad Vöslau und Kärnten war sie zuerst als Fahrdienstleiterin auf diversen Bahnhöfen im Raum Oberkärnten bis Pörtschach und Thörl-Maglern stationiert. Mit dem Entstehen der Betriebsführungszentrale in Villach 2012, wechselte sie ihren Arbeitsplatz mit fixem Sitz in die Draustadt. Bereut hat sie ihre Berufswahl bis heute nicht. „Jeder Tag ist eine neue Herausforderung. Ich weiß nie, was auf mich zukommt“, sagt die Mutter eines zwölfjährigen Jungen über ihren verantwortungsvollen Job und ergänzt: „Wenn ich eine kritische oder gefährliche Situation gut gemeistert habe, macht mich das stolz“, betont sie.
Zum Ausgleich macht die selbstbewusste Dame gern von ihrem grünen Daumen Gebrauch und „gartelt“ mit Vorliebe oder lässt ab und an wieder mal so richtig Dampf ab – beim Kung-Fu-Training, das sie seit dreieinhalb Jahren regelmäßig betreibt.
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