Thema Suizid: „Das Schweigen muss aufhören“

Kärnten -

Auch wenn die Zahl der Suizide zurückgegangen ist und die Anrufe hinsichtlich Suizidalität in der Corona-Zeit bei der TelefonSeelsorge Kärnten rückläufig sind, ist das leider kein Grund zum Aufatmen. Mit Andauern der Krise wird nämlich eine Trendumkehr befürchtet. Die TelefonSeelsorge, die von der Caritas Kärnten getragen wird, appelliert anlässlich des Weltsuizidpräventionstages am 10. September 2020 zum Reden und zur Enttabuisierung des Themas Suizid.


In Österreich nehmen sich jedes Jahr etwa 1000 Menschen das Leben. Die Zahl der Suizidversuche wird um ein Mehrfaches höher eingeschätzt. Nicht selten spielen psychische Erkrankungen, wie Depressionen, Psychosen, Sucht oder Persönlichkeitsstörungen dabei eine Rolle. „In Kärnten hatten wir in den letzten Jahren etwas über 100 Suizide jährlich. Wir waren damit, gemessen an der Einwohnerzahl, leider immer an der Spitze“, sagt Silvana Fischer, die Leiterin der TelefonSeelsorge Kärnten, anlässlich des Weltsuizidpräventionstages am 10. September 2020.

Die Ruhe vor dem Sturm

Für heuer sieht die Situation bis jetzt besser aus. Die Zahl der Suizide ist während der Corona-Pandemie im ersten Halbjahr 2020 gegenüber 2019 deutlich rückläufig. Es gab auch viel weniger Anrufe hinsichtlich Suizidalität in der TelefonSeelsorge, nämlich 101 mit Stand Ende August 2020, während es im Vorjahr gesamt 295 waren. Dennoch ist Fischer in Sorge. Sie befürchtet, dass sich dieser Trend bald umkehren und die Suizidhäufigkeit wieder stark ansteigen könnte; ja, dass möglicherweise sogar die Werte der Vorjahre überschritten werden. Fischer begründet das so: „In Zeiten der Gefahr sind die Menschen so sehr damit beschäftigt, den Schock der Krise zu bewältigen und die nächsten Schritte zu planen, dass eine eventuelle Suizidalität erst einmal in den Hintergrund tritt.“ Man müsse aber damit rechnen, dass sich das bei einer länger anhaltenden Krise, die oft mit existenziellen Einbußen, dem dauerhaften Verlust des Arbeitsplatzes, gesundheitlichen Einschränkungen und Beziehungsveränderungen einhergeht, umkehrt. Fischer appelliert daher zu besonderer Obacht in der bevorstehenden Zeit, damit die Gefahr der Suizidalität bei Menschen in der Krise nicht übersehen wird, und sagt: „Suizidalität ist behandelbar, aber als erstes muss das Schweigen darüber aufhören!“  Die Leiterin der TelefonSeelsorge bricht eine Lanze fürs Reden und lädt die Betroffenen ein, sich Hilfe zu holen.

Reden oder schreiben hilft

Die TelefonSeelsorge ist unter der kostenfreien Nummer 142 rund um die Uhr Ansprechpartnerin für Hilfesuchende in schwierigen Lebenssituationen und in Krisen. Die 66 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hören zu, beraten und geben wichtige Informationen über Hilfsangebote am Telefon weiter. Sie helfen aber auch via Mail- und Chatberatung, die in der Corona-Zeit ausgebaut wurde: www.onlineberatung-telefonseelsorge.at. Die Verschwiegenheit ist bei allen Anfragen gesichert.

Freiwillige Mitarbeiter*innen willkommen

Fischer als Leiterin der TelefonSeelsorge dankt allen freiwilligen Mitarbeiter*innen für ihren großartigen Einsatz. Das Team will wachsen. Engagierte, einfühlsame Menschen, die an einer Mitarbeit interessiert sind, erwartet ein kostenfreier, rund ein halbes Jahr dauernder berufsbegleitender Ausbildungskurs. Er ist für Anfang 2021 geplant.

  • Interessierte melden sich bitte vormittags bei der TelefonSeelsorge Kärnten unter der Telefonnummer 0463/55 5 60 DW 23 oder DW 33 oder schreiben eine E-Mail an: telefon@caritas-kaernten.at.