Eine „Russellbande“ mit exzellentem Stammbaum

Hohenthurn -

Gertrude Wiegele aus Hohenthurn ist auf den Hund gekommen. Sie züchtet Parson Russell Terrier. Mit Leib und Seele widmet sie sich ihrem Hobby.

Hat ein inniges Verhältnis zu jedem ihrer Vierbeiner: Gertrude Wiegele beim Kuscheln mit ihrem Rüden „On my own di sopravento“ (Rufname Toni)

Auf einer Anhöhe in der beschaulichen Ortschaft Hohenthurn, gleich gegenüber der Kirche, befindet sich das Anwesen von Gertrude Wiegele. Wenn man der Familie einen Besuch abstatten will, ist das Klingeln an der Haustüre unnötig. Der Gast wird durch freudiges Hundegebell angemeldet. Aktuell wirbelt ein Sechsergespann mit fünf Hündinnen und einem Rüden durch Haus und Hof. Es sind Parson Russell Terrier. Der Name für die Zuchtstätte fiel auf Charly`s Angels – in Anlehnung an Gertrudes ersten Zuchthund: Wolfspitzrüde Charly vom Gösselsberg.

Kindheitstraum erfüllt

Schon als Kind hegte Wiegele den innigen Wunsch, einen Hund zu besitzen. Gertrude war zwölf Jahre alt, da legte sich Bruder Alois Jarnig einen deutschen Jagdterrier zu. Die Schwester nutzte die Gelegenheit und beschäftige sich ausgiebig mit dem Vierbeiner.
Mit der Heirat zog die gebürtige Labientschacherin nach Hohenthurn. Der Weg zum eigenen Hund war geebnet. Ein Münsterländer Jagdhund zog bei den Wiegeles ein. Im März 1995 startete die Gailtalerin offiziell die Zucht mit Wolfspitzrüden Charly und der Wolfsspitzdame Afra vom Hochleitenwald. Drei Würfe gingen aus dieser Anpaarung hervor.

Das Russell-Virusbricht aus

Gertrudes Tochter Bettina erwarb 2003 als Begleithund fürs Reiten einen Parson Russell Terrier. Justy, ein lustiger, frecher Kerl, brachte viel Freude ins Wiegele Haus. Das Russell-Virus sprang auf Mama Gertrude über. Alsbald fand sich in Niederösterreich mit „Jazz von der Heulisse“ eine passende Hündin für die Zucht. „Ab da ging es mit den Terriern erst richtig los“, sagt Wiegele. Ursprünglich handelt es sich dabei um eine Jagdhunderasse, die vielseitig einsetzbar ist. Ob als ausdauernder Partner im Breitensport, Agility und Flyball oder als engagierter Therapie- oder Lawinenhund.
Die Zucht ist eine Wissenschaft für sich. Sie folgt nach genauen Regeln und Bestimmungen und bringt mitunter viel bürokratischen Aufwand mit sich. „Als Hobbyzüchterin habe ich nur einen Wurf mit rund fünf bis sieben Welpen pro Jahr. Aber dann geht es turbulent und arbeitsintensiv zu“, gesteht sie. Ihre Schützlinge werden sogar via Babyphon überwacht. Jeder Wurf wird nach einem Motto benannt. „Ich hatte schon Nachwuchs, der nach Schauspielern, amerikanischen Städten, Filmen, Musikgruppen oder Whiskysorten benannt wurde“, schmunzelt Gertrude, die ihre kleinen „Fellknäuel“ im Notfall auch per Hand aufzieht. Gereiht wird der Name fortlaufend von A bis Z. Jeder Welpe muss fünf verschiedene Gentests durchlaufen. Auch eine Audiometrie (Hörtest) gehört dazu. „Dafür bin ich schon mal mit elf Welpen nach Wien und wieder zurück gefahren. So lernen sie auch das Autofahren“, sagt die 54-jährige.

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Der passende Hund für Frauerl und Herrl

Ab der neunten Lebenswoche kann ein Welpe, der in Österreich im Schnitt zwischen 1200 und 1600 Euro kostet, „adoptiert“ werden. Jeder kleine Racker wird gechipt und beim Zuchtverband registriert. Dass ihre kleinen Lieblinge den besten Platz bekommen, ist Wiegele ein großes Anliegen. „Hund und Herrl, bzw. Frauerl müssen zusammenpassen. Parson Terrier sind agil und bewegungsfreudig. Sie harmonieren ideal mit aktiven, sportlichen Menschen“, erklärt die Züchterin und fügt hinzu: „Mittlerweile habe ich ein gutes Gespür, wem ich einen Welpen anvertrauen kann.“ Ihre Hunde sind in ganz Österreich und Deutschland verstreut.

Sozialisation hat Priorität

Die Gesundheit und der Charakter der Hunde hat oberste Priorität, aber auch die Schönheit kommt nicht zu kurz. Wiegele: „So wurden zwei Hunde aus unserer Zucht bereits „Österreichische Jugendchampions“. Ebenso zählt, dass ihre Lieblinge bestens sozialisiert sind: „Meine Terrier sind an Menschen, Tiere und Geräusche aus dem Alltag gewöhnt: Kirchenglocken, Traktoren, Sirenen, Autos etc.“ Was das tägliche Leben an Geräuschkulisse nicht abdeckt, gibt es für die Welpen als Hörprobe per CD. Auch der Besuch in der Hundeschule in Hermagor ist fixer Bestandteil im Erziehungsprogramm.

Gewöhnen musste sich Gertrude als Hundemama, dass sich ihr Tagesablauf ganz den dem Rhythmus und Bedürfnissen der Hunde richtet. Um sechs Uhr morgens sieht man sie schon mit der ersten Partie Gassi gehen.
Doch auch die Landwirtschaft führt die Bäuerin mit viel Leidenschaft und Engagement. Am Wiegele-Hof tummeln sich 25 Milchkühe, rund ebenso viel Jungrinder, Hühner, Ziegen, Pferde, Meerschweinchen und Katzen. Gatte Johann ist die gute Seele in der Landwirtschaft. Tochter Bettina und Sohn Matthias, der die Parson Hündinnen Heidi und Jana jagdlich führt, gehen den Eltern bei Bedarf zur Hand. Die Zucht liegt aber ganz in der Hand der Frau Mama. Ein ganz klein wenig Wehmut schwingt bei Gertrude mit, wenn ein Welpe das Wiegele-Haus verlässt: „Aber es ist wie bei den Kindern. Die werden auch groß, werden flügge und man muss sie loslassen.“